l‘l/IHHI i I 121 834 HTHS DAS SPRECHWORT ALS DEDAKT!SCHES WERKZEUG [N SEBASTIAN BRANTS NARRENSCHKFF Thesis {‘09 “H3 Degree 0‘ M. A. MLCHEGAN STATE UNIVERSITY Guenter G. Pfister 1965 ““5‘5 LIBRA R Y Michigan State Universny ROOM USE ONLY ‘ fl f‘" ‘1 -' V U ’u' ‘fa DAS SPR CHWOAT ALS DID-KTISCHES WERKZEUG IN SEBASTIAN By Guenter G. Pfister A THESIS Submitted to Eichigan State University in partial fulfillment of the requirements for the degree of MASTER OF ARTS Department of German and Russian 1965 I MALT EinleitunSOOOOOOOOO.00....0.0.0.0....OOOOOOOOOOOOOOOOOOOO l Kapitel l N Yi‘JeiShej-tOOOOO.OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO000...... Kapitel 2 - Volksethik...................................lu Kapitel 3 - Erziehung....................................19 Kapitel 4 - Menschenkenntnis.............................25 Kapitel 5 - Xetamorphose.................................36 Kapitel 6 - Ketapher.....................................39 SChlLlSSbeInerliungeno0..O....OOOOOOOOOOOOO.IOOOOOOOOOOOOOOOLL‘Y Teil 2 - Dokumentierung der Sprichworte. Izapitel l Allgelneines VOllcsgutOOOOIOCOOOOOOOCOOOOOOOOOOL+6 Kapitel 2 - Sprichworte vor der Zeit Sebastian Brants. 56 H Kapitel 3 - Sprichworter, die Sebastian Brant als eigent- liChe (011181.16 habenOOOOOOOOOOOOOOOOO00.0.0000061 EINLEITUNG Es ist in der Forschungswelt eine bekannte Tatsache, dass sich das 15. Jahrhundert und spater besonders das l6. Jahrhundert mit dem Sprichwort sehr befasst haben. Mit Sebastian Brant und seinem Narrenschiff beginnt der reiohe Segen des Sprich- wortes und wird von Hans Sachs und Johann Fiazhart, um nur einige zu nennen, fortgefghrt. Um die historische Stellung des Sprichwortes sind schon bedeutende Studien gemacht worden, und man hat auch die Entwicklung und Qualifizierung desselben grandlich vorgenommen. In meiner Arbeit soll es sich nioht um derartige Einstufungen handeln, sondern ich mgchte die grund- legende Frage: " Warum hat der Autor das Sprichwort in seinen Text aufgenommen?" von allen Seiten einmal grandlich beleuch- ten. Ferner werde ich versuehen, die Bedeutung als didaktisches Werkzeug 1m Sprichwort zu unterstreichen und die damit verbun- dene Feinfghligkeit und warme hervorzubringen, die einem Autor zu eigen sein muss, um derartige Hilfsmittel, wie das Sprich- wort, literarisch in seinen Werken zu verwenden. ? 2 - WEISHEIT H Um gute Ratschlage zu erteilen, muss man nun einmal ein weiser II Mann sein, denn die Ratschlage eines Narren sind billig und leider noch in unserer heutigen Zeit zu leicht und oft sehr I! I! ungefragt von allen moglichen Quellen frei erhaltlich. Wie ll Sebastian Brant in seinem Narrenschiff weise Ratschlage durch das Sprichwort erteilt, werden wir nun im folgenden Kapitel beleuchten. It N n Unnutze Bucher sind das Thema der Unterhaltung. Bucher n konnen keinen Menschen etwas lehren, wenn er sie nicht liest, I! I! sondern sie nur zur Schau in seinen Bucherschrank stellt. Bucher sind auch werlos far denjenigen; der sie in Latein hat, diese Sprache jedoch nicht versteht, was far die Masse im 16. Jahr- hundert zutraf. Eine dritte Mgglichkeit bietet uns die nahe liegende Erseheinung des Sberarbeitetseins. Ich bin der Auf- fassung, dass Brant hier ein zweischneidiges Schwert verwendet und auch far den gelehrten Teil des deutschen Volkes den un- nfitzen Energieaufwand der lateinisehen Sprache unterstreichen will. (92) n Wer vil studiert wart ein fantast"1 1,22. In dem Kapitel der Kindererziehung bezieht sich Brant vom spezifischen auf eine allgemeine Beobachtung (125) u On straffung N seltten yemens lert" 6,23. Dieses Sprichwort fordert eine Be- l Zarncke, Friedrich; Sebastian Brants Narrenschiff;Hildesheim;1961. l.22.( Von hier beziehe ich mich auf die Jeweilige Episode und die Verszahl.Die Zahl in Klam- mern bezieht sich auf meine Dokumentierung im zweiten Teil dieser Arbeit.) - 3 - strafung der Kinder und ist den Erwachsenen duroh Erfahrungen sehr gelgufig, aber auch die Erwaohsenen werden duroh Sehaden klug. Um diese mensohliohen Beobachtungen zu unterstreichen, hat sich Sebastian Brant eines sehr alten lateinischen Sprich- wortes bedient, welohes seine Ggltigkeit bis in den heutigen Tag getragen hat; Man 3011 eine Arbeit anfangen und sie auch beenden. Brant berichtet uns von einem Jager, dem es nioht gelingt, im selben Moment zwei Hasen mit einem einzigen Hund zu fangen. Im glei— chen Atemzuge sowie im gleiohen Sinne: (an) H No zwen herren hat eyn kneoht Der mag jn nyemer dienen reoht" 18,3. Dieser Gedanke dehnt sioh auch in den Bereich der Religion; in- dem man nur einen Gott dienen soll und auoh nur richtig dienen kann. Also eine weitere Variation: (1h) " Wer schiessen vsz vil armbrust will Der trifft kum ettwan wol das 211" 18,11. Auoh dieses Spriohwort fallt unter das Kapitel.vom dienst zweyer herren" und verfehlt nicht seine Wirkung an Weisheit. Brant warnt hier vor zu vielen thern, die die Freiheit des Menschen, besonders in seinem Handeln, bis auf ein Manipulieren reduzieren kgnneni (95) " Wer vff sich selbst vil gmpter nymbt Der mag nit tan das yedem zymbt" 18,13. - u - Die Gefahr des Redens wird dem Menschen deutlich vor Augen gefghrt im folgenden Spriohwort: (57) " Mit schwigen man veranttwurt vil Schaden entpfohl, wer schwgtzen wil" 19,25. Brant ist sich immer einer Belehrung bewusst. wenn er seine Sprichwgrter anbringt. Da er sich der effektiven Gewalt des Spriohwortes bewusst ist und von dem Umlauf derartiger Redens- arten Gewissheit hat, gebraucht er sie. Dass durch Reden so manche Fehde begonnen hat, war selbst den einfaohsten Leuten ein Begriff. Der einfache und arme Mensch konnte auch nur mit Geduld auf eine Lgsung seiner Probleme hoffen, wie immer sie auch aus- gesehen haben mggen: (3M) " Gedult ist besser jn armat Dann aller welt glflck, richtum, get" 23,25. Im gleichen Sinne ist Zeit, Geduld; Ruhe und aberlegung das gesuchte Mittel der Menschen: (103)" All ding die hant jr zyt vnd zyl Vnd gant Jr strosz noch, wie gott wil" 25.21. Die Welt der Traume und wansche war und ist auch in unse- rer Zeit noch ein Problem far sich. Brant trgstet den Menschen seiner Zeit mit Gottvertrauen, welches jedem einzelnen zukom- men lasst. was ihm zusteht: (llu)" Gott gibt vnsz alles das er will Er weist was recht ist; was 28 vil" 26,71. s5- Far den Ungeduldigen besteht grosse Gefahr. denn (69) "Der zor- nige weyszt nit was er dflt" 35:14 und (108) “Gedult senfft wi- derwertikeyt" 35.23. Auf der anderen Seite warnt Brant die Leute, die sich mit Gewalt irgendein Glgck erhalten wollen. Wenn Gewalt der Schirmer eines Glaokes ist, muss man immer da- mit rechnen; dass es wiederum die Gewalt ist, die nach dem Glack trachtet und wiederum Gewalt ablgst: (38) " Den gwalt man nit langzyt behalt Den man mgsz schyrmen mitt gewalt" 37,15. Das Gleiche gilt auch far den, der gefgrchtet sein will. (106)n Der masz vil vgrchten, der do wil Das 3n ouch sgllen vgrchten vil" 37,19. Um den nutzlosen Sinn der Gewalt zu betonen. lgsst Brant eine sehr alte Lebensweisheit wieder in den Umlauf kommen. Brant hat aber auch die guten Seiten der Gewalt erkannt und ihre Qualitaten unterstrichen: (110)" Wer gerechtikeyt halt jn der hant Des gwalt mag haben gat bestant" 37,25. Hier spricht Brant von kranken Leuten. die sich nicht be- lehren lassen wollen. Das Kranke bezieht sich hier nicht nur fl auf das Korperliche. sondern kann in jeder Beziehung ausgelegt werden: H (101)" Wer eym artzt 3n der kranckheyt lugt I! Vnd in der bicht eyn priester drugt Vnd vnwor seyt sym aduocat *6" Wann er will nemen by 3m ratt Der hatt jm selbs alleyn gelogen Vnd mit sym schaden sich betrogen" 38,25. Diese Faustregel des Lebens hat noch heute ihre Ggltigkeit und war dem Menschen zur Zeit Sebastian Brants sicher auch ein Be- griff, der so manchem Menschen wieder in das Gedgchtnis ge- bracht werden musste. Dies Ursache einer Krankheit findet eine geradezu aber- glaubige Note in diesem weisen Ausspruch: (8h) " Kranckheyt vsz sanden dick entspringt" 38,55. Was hier mit Sanden gemeint ist, ist wohl eine Reihe von unge- sunden Gepflogenheiten der Menschheit wie das Sbermassige Trin- ken und Essen, um nur einige zu nennen, die von Brant scharf kritisiert werden. H Eine weitere Gedankenbrucke und auch zugleich Warnung bil- det dieser Gedanke: (85) " Was sich gelibt das gesglt sich ouch" 38,64. Denn eine ausgelassene Gesellschaft, obwohl sie far den be- treffenden Augenblick geeignet scheint, ist mit Vorsicht zu behandeln, da sich nach ausgelassener Schwelgerei oft nichts Gemeinsames mehr an den Teilnehmern finden lasst. Sollten die Teilnehmer jedoch alle vom gleichen Schlage sein, muss sich der Einzelne in acht nehmen. H Vor ubertriebener Vorsichtigkeit wird hier gewarnt: n o (20) " Wer nut dann trowen dut all tag _ 7 - Do sorg man nit, das er vast schlag" 39,5. Selbstsicherheit muss sich der Mensch aneignen, obwohl es ei- ne schwere Aufgabe zu sein scheint. Brant als kritischer Beobachter seiner Gesellschaft ist mit den Gepflogenheiten seiner Mitmenschen sehr vertraut und stellt fest: (99) " Eyn armer bhalt wol heymlicheyt Eyns riohen sach wart weyt gespreyt" 39,25. Die menschliche Qualitgt, die sich im Sprichwort schon vor lan- ger Zeit manifestiert hatte, wird von Brant auf seine Gesell- schaft angewandt. In unserer heutigen Zeit hat sich dieser Ausspruch in seiner n n Wahrheit nur noch verstarkt, indem man die Kategorie n POpular" ll hinzufugen muss. Ich denke im besonderen an Schauspieler und Politiker, die sich kaum eines privaten Lebens mehr erfreuen u konnen. So spiegelt sich der Charakter der Menschen in den folgen- H H den Sprichwortern wider, der sich nicht geandert hat und trotz aller kulturellen Entwicklung eben diese u menschliche " Sei- II te beibehalt. Brant unterstreicht diese Tatsache immer wieder, n n indem er von sehr alten eingeburgerten Sprichwortern Gebrauoh macht. ll Nun sprechen wir von den individuellen Qualitaten des Men- schen. It Zu oft fallen hassliche Bemerkungen, die nicht gerade von einem -8- besseren Charakter des Sprechers Zeugnis geben. (74) " Eyn blynd den andern schlyltet blyndt Wie wol sie beid gefallen synt" 40,13. ll Zur Selbstsicherheit gehort auch der Hut zu Entscheidun- gen, die oft nicht den Ratsohlggen anderer Dienste erweisen: (87) " Wer recht 28 tan den willen hett Der acht nit, was eyn yeder redt" 41,13. Eine gute Arbeit brauoht ihre Zeit, und mit Flgchtigkeit ist einem guten Stack nicht gedient: (93) n Keyn gfit werck yl erlyden mag" 48,40. Die Folgen einer abereilten Arbeit sind auch hier noch einmal unterstrichen: (72) " Keyn arbeit dett nie ggt zgr yl" 48,49. Als weiser Mann konnte Sebastian Brant seinen Mitmenschen auch guten Rat aber die Wollust erteilen: (66) n Wer sich mit wollust vberlad, Der koufft kleyn fregd, mit schmertz vn schad" 50.27. Hier haben wir den Vergleich - die kleinen Freuden mit den even- tuellen Schmerzen und Schaden. Natarlich sind hier kgrperliche Schmerzen gemeint und materieller Sohaden - Beispiele, die allen Volksschichten ein Begriff waren. Glgck und Gewalt sind verggnglioh. Um seine These genfigend zu unterbauen, bringt Brant das Beispiel von Caesar und dem ll H romischen Reich. Naturlich hat ein lebendes Beispiel die beson- -9- H dere Kraft, dem Sprichwort selbst einige Autoritat und Glaub- H wurdigkeitzu'verschaffen: I! (81) " Glugk vnd gwalt, wert nit lange jor" 56,54. Gute Werke 3011 der Mensch tun, jedoch soll er sich selbst H nicht vergessen oder gar sich selbst fur andere aufOpfern: (26) " Wer fgrdern will eyns andern karr Vnd hyndern sich, der ist eyn narr” 58,23. Brant will seine Mitmenschen darauf aufmerksam machen, dass sich jeder selbst sein tggliches Brot redlich verdienen sollte. Auf der anderen Seite ist dieses Sprichwort eine Auf- M klarung der Leichtglaubigen: (7) - e o " ... battlen das dut nyeman we 0 o On dem, der es zu nott musz triben" 63,81. ll Menschenkenntnis auf hochster Ebene spricht aus diesem Sprichwort, das unter dem Thema n Von bosen wibern" gebraucht wurde: H H (19) " Durch dry ding wurt die erd erschutt Das vierd das mag sie tragen nit Eyn knecht der worden ist eyn her, n Eyn narr der sich hat gfullet ser, e Eyn nydesch bosz vnd gifftig wib II Wer die vermahlet synem lib. I! Das vierd all fruntschafft gantz verderbt Eyn dienst magt die jr frowen erbt" 64,55. Die Steigerung bis zur Erbschaft der Dienstmagd oder, in an- - 10 _ deren Worten das Reiohwerden fiber Nacht ist durch die Gewalt eines Erdbebens bildlich dargestellt. Bevor ein solcher Fall eintritt, wird eher die Erde untergehen, und aus diesem Grunde schon soll sich der Mensch keinen falschen Hoffnungen hingeben. Die allgemeine Lebenserfahrung hat den Mensohen (39) " dye bgsz gwonheyten wgrent lang" 66,105 schon gelehrt, aber Brant ll spricht auch uber augenscheinliohe Dinge, um bei seinen Mit- I! menschen wieder die phlegmatische Ader zu erschuttern. Der Mensch muss sich nun einmal vor seinen Mitmenschen in acht nehmen, und aus diesem Grunde ist es sehr ratsam, dass er weiss, mit wem er es zu tun hat. Da der Mensch sich gern mit Leuten befreundet, mit denen er Gemeinsames hat, ist er auch II ausserlich schon in etwa erkenntlich: " Eyn wiser gern byn wisen stat Eyn narr mit narren gern vmb gat" 68,17. I! Fur die schlechten Zeiten soll der Mensch vorsorgen, und Brant warnt den Mensohen, der sich nicht rechtzeitig auf den Notfall vorbereitet. Zu diesem Zweck bezieht er sich auf die H H Geschaftigkeit im Sommer, die reichen Vorrat fur den Winter bringen wird: (145) u Wer nit jm summer gabeln kan 0 Der musz Jm wynter mangel han" 69,35. Eine weitere Variation dieses Gedankens: (146) " Wer nit jm summer machet hew Der loufft Jm wynter mit geschrey o Vnd hat zu samen gbunden seyl e Ruffend, das man jm hew geb feyl" 70,23. _ 11 _ Sebastian Brant ist auch auf dem Gebiete Glucksspiel be- wandert und kann mit guten Ratschlggen aufwarten: (90) " Wer spielt alleyn duroh grossen gwynn Dem gat es seltten noch sym synn" 77,83. Der wohl sioherste Rat far einen Glacksspieler ist: (89) " Der hatt gfit fryd, wer spyelet nit" 77,85. n Durch die Spielsucht ist schon so manches Ungluck in die Welt gebracht worden, und aus diesem Grunde sind die weisen Ratsohlage in Form eines Sprichwortes eine gute Lehrmethode, um derartige Unglflcke zu verhaten. Brant kritisiert die Stande der Gesellschaft und stellt fest, (36) n Wo yetz gelt ist, do ist hochmgt" 82,43 , was sehr zu bemangeln ist. Brant ruft seinen Leuten zu, nicht mehr zu scheinen, als sie in Wirklichkeit sind. Brant mahnt die Menschen an den Tod, der keine Stande o- der Reichtum anerkennt: (112)" Das glfick deilt vnglich gat, vnd rich Aber der dot maoht es alls glich" 85,81. Bescheidenheit ist die Lgsung vieler Probleme, und Zufrieden- heit spart viel Xrger. Die Unzufriedenheit als Ursache von kgr- perlichen Schaden dgrfte auch hier im Sprichwort schon einen medizinischen Wert gefunden haben: (52) u Syn eygen glyder kocht der nydt" 89,21. Far den ngner hat Brant keine Hoffnung im folgenden Sprichwort festgehalten: (148)" Wer nit kan by der worheit ston _ 12 _ Der mgsz den wgg der torheyt gon" 104,17. Brant spricht hier von einem gesunden Menschenverstand und ermahnt den Menschen, nicht zu viel vom Guten zu nehmen. Das allzu gute Essen bietet sich als Beispiel, aber das Sprich- wort reicht wohl fiber diese Grenzen hinaus: (116)" Wer hunig fyndt vnd wafen scharff Der gsz nit me dann er bedarf Vnd hat vor fallung sich der sasz Das ers nit wider spawen mgsz" 106,21. Nach all diesen weisen Beobachtungen kann Sebastian Brant es nicht unterlassen, aller irdischen Freude einen pessi- mistischen Ton zu geben. Selbst im Idealfall ist die Welt des Menschen auch noch mit Leid verbunden: (79) " All tread der welt nymbt trurig end" 107,93. Eine derartige Weltanschauung wird dem Menschen immer vor Au- gen halten, wo sein Platz in dieser Welt ist, und wird ihn im Idealfall vor fiberheblichkeiten bewahren. Vom Unglgckr dem Gegenpol der Freude, behauptet das Sprichwort: (128)" 0b vnglfiok ettwan joch ist kleyn So kumbt es seltten doch alleyn" 109,5. Wiederum scheint das tagliche Leben der Lehrer dieser Weisheit zu sein. Brant hat dieses wohl erkannt und gibt den guten Rat, sich vor dem ersten Unglgck zu haten oder sich in keine Ge- fahren zu begeben, um etwaige Folgen, die sehr leicht den n . n A u Charakter eines Unglucks annehmen konnen, zu verhuten. Im Grossen und Ganzen hat die Lebensweisheit der Menschen a 13 _ ihren Ausdruck im Sprichwort gefunden. Sebastian Brant ge- braucht eben diese Tatsache, um seine Aufgabe, die Lehren und Helfen heisst, zu erleichtern. Er belehrt den Menschen mit einem Stoff, ngmlich dem Sprichwort oder auch Volksgut genannt, fl der ihm sehr gelaufig ist und ohne Zweifel gut verstanden wird und daher auch seine Wirkung nicht verfehlt. - 14 _ VOLKSETHIK Im Sprichwort spiegelt sich eine besondere Note des Volkes wider. Grundlegende Gedanken fiber Sitten finden ihren Ausdruck. Um derartige Sitten im Volke zu erhalten und auch zu fgrdern, ist das Sprichwort das beste Mittel. Sebastian Brant macht von dieser so alten Tatsache regen Gebrauch, um seine Gedan- ken und Sberzeugungen hinsiohtlioh zu unterstreiohen. Die Stellung des Mannes und der Frau innerhalb der Gesell- schaft steht hier zur Debatte. Der Mann oder Vater fghrt als Oberhaupt die Familie an und erfreut sich dieser bevorzugten Stellung unangetastet. Zum Beispiel kann es der Mann einfach nicht zulassen, dass ihn seine Frau aus einem Wirtshaus holt. Brant bringt diesen Punkt sehr schgn zum Ausdruck, indem er diese Tat mit einem drgokenden Schuh vergleicht: (46) u Wer 1ydet das jn druok syn schgch Vnd jnn syn frow jm wynhusz sfich Der gh8rt wol jnn das narrenbgch" 78,19. Die Ehe innerhalb der sozialen Gemeinschaft hat eine wich- tige Funktion. Als Backgrat der Gesellschaft steht sie unter dem Augenmerk des Kritikers. Der Ehebruch ist eine allgemeine Begebenheit, und Brant hat folgende Bemerkungen fur den Mann, der einem Ehebruch tat- los zusieht: (25) n Wer durch die fynger sehen kan Vnd loszt syn frow eym andern man , 15 - Do lacht die katz die musz sassz an" 33,a. Es ist in diesem Fall interessant, dass Brant die Frau als Initiator hinstellt und vom Mann als schuldigen Charakter nicht spricht. Das weibliche Geschlecht ist im deutschen Volk sowie auch in manchen anderen Vglkern als das gesprachige Geschlecht dar- gestellt. Dieser Tatsache soll sich der Mann immer bewusst sein: (109)" Der ist eyn narr, der heymlicheyt Synr frowen, oder yemans seyt" 51,7. Um seine Neinung noch einmal zu bekraftigen, zieht Brant die Heilige Schrift zu Rate: (27) H ... frowen sint als die gschrifft seyt 3882 hfiteryn der heimlicheyt" 51,7. Die Frau gehgrt ins Haus, und ihre Aufgabe ist es, die Kinder zu erziehen und ihren Mann gut zu versorgen. Aus die- sem Grunde schliesst Brant: (78) " Wer zucht syn frow eym andern vor Der ist ein narr, gouch, esel thor" 78,24. Wer seine Frau liebt, der fuhrt sie nicht zur Schau und be- schwgrt mutwillig Komplikationen herauf. Diese Einstellung erscheint unserer heutigen Auffassung etwas versohroben, aber man muss zugeben, dass es eine sichere, absolut selbst- sichere Einstellung ist. n u Vor bosen Frauen soll man sich huten ist ein weiterer Rat- - 16 _ schlag: e e ‘ ... bgsz frowen ggnt bosz radt" 64,13. (63) u Brant hat nicht nur sohlechtes uber die Frau auszusagen, son- dern beschreibt auch die Aufgaben, die deren guten Charakter voraussetzen: (28) " Eyn ggt frow, senfft des mannes zorn" 64,9. Hier sind die Vorstellungen eines Mannes sehr gut im Sprich- wort zum Ausdruck gekommen. Ein Loblied wird geradezu angestimmt fiber eine zurgckgezo- gene Frau, die so ihren Pflichten am besten nachgehen kann: (77) " Eyn demEtig frow ist eren wert" 92,71. Brant ruft seine Mitmenschen auf, nicht nur an sich selbst zu denken, sondern fur das allgemeine Wohlergehen zu arbeiten. Das Gemeinschaftsgefuhl kommt hier im Volksmund als wunschens- werter Charakterzug zum Ausdruck: (139)" Was gemein ist, das ist eigen ouch" 10,28. Zugleich sind auch die Armen ein Teil der Gesellschaft, der versorgt werden muss: (120)n Wer syn or, vor dem armen stopfft Den hgrt got nit, so er ouch klpft" 17,33. Brant erhglt dem Einzelnen innerhalb der Gesellschaft sei- ne Individualitgt und warnt jeden, erst den Dreck vor der ei- genen Tar zu kehren, bevor er sich um den Naohsten kgmmert: o (121)" Eyn yeder lug vor syner schantz Ee er sorg, wie eyn ander dantz" 58,13. a 17 - Der ideale Menschentyp wird in diesem Sprichwort skizziert: (124)" Wer noch g8t sytt, ere tugent kan Den haltt ioh ffir eyn edel man" 76,57. Man bereichert sich einfach nicht auf Kosten eines armen Manne s : (4) " Wer eynem armen unrecht d8t Vnd do mit huffen will sin gfit Der fyndt eyn richern, dem er gibt Syn ggt, so er jnn armgt blibt" 83,110. Ein noch grgsseres Vergehen ist es aber, sich auf Kosten der Gemeinde zu bereichern. Der Wohlstand der Gemeinde war das a11- gemeine Bestreben des Einzelnen und sollte es auch bleiben: (55) " Wer rich will syn, mit schad der gemeyn Der ist eyn narr, doch nit alleyn" 93,33. Wenn jeder Einzelne far das Wohl der Gemeinschaft arbeitet, blght der Wohlstand der Gemeinde, und eine logische Folgerung ist, dass es dem Einzelnen auch gut gehen muss: (105)" Eynhellikeit jn der gemeyn fowachsen die bald all ding macht" 99,136. In Rechtsangelegenheiten ermahnt Brant den Einzelnen vor Vorurteilen und erwartet, dass die Kehrseite eines Problems immer angehgrt wird oder besser zu Worte kommt: (127)" Den andern teil hgrt man nit me" 101,18. Ein weiterer Aufruf in dieser Richtung ist: (62) I Worheyt ert man durch alle land" 104,48. I —18- Es wird wohl genggend Gelegenheit gegeben haben, diesen Auf- ruf zu dementieren. Brant erinnert seinen Mitmenschen immer wiederin seiner eigenen Stimme, dem Volksmund, an die Pflichten und Ideale, die der Mensch sich doch selbst gesetzt hat. Um der Gemeinde und innerhalb der Gemeinde, der Familie einen starken Backhalt und auoh reiohe Tradition zu geben. brauchte die Gesellschaft Sitten und der Einselne ein starkes Bewusstsein seiner Iden- titgt. Brant,s Auffassung vom Wohlstand fur die Gemeinde lag in der individuellen Qualitgt des Einzelnen. Der Einzelne muss an sich den Masstab der Gemeinde legen und sich so nicht nur oharakterlich vom persgnlichen Standpunkt bessern sondern auch der Gemeinde anpassen. Eine solche gesunde Gemeinschaft kann dann eine politische Macht darstellen, die sich eines nationalen Stolzes bewusst ist. Eine solche Gemeinde hatte sich unter einem Oberhaupt, dem Kaiser Max in diesem Falle, zu einer grossen Nation vereinigen kgnnen. Diese Motive 1a- gen Sebastian Brant sehr am Herzen und fanden immer wieder n n besondere und naturliche Betonung in den alten Sprichwortern, die diese Gedanken indirekt in die neuere Zeit getragen hatten. L 19 - EBZIEHUNG Von der Gemeinde begeben wir uns nun auf eine individuelle E- bene der Erziehung. Brant liegt die Erziehung sehr am Herzen, und so begibt er sich in alle nur mgglichen Lebensstufen und erinnert das Volk im Sprichwort an die Kittel und wiederum guten Erfahrungen, die der Mensch nicht vergessen sollte. fiaterielle Dinge und Besitz sind nicht die Antwort fur den suchenden Menschen im Leben, so stellt Sebastian Brant fest: (64) n Wer wys ist, der ist me dann rich" 3,28. Weisheit sollte sich der Mensch erwerben und keinen welt- lichen Gutern naohjagen: (56) " Wer samlet das zergenglich ist Der grabt sin sel jn kott vnd mist" 3,33. Die Worte " kott " und " mist " bedurfen keiner weiteren Er- klgrung und sind von Natur sehr anschaulich fur jeden Menschen zu verstehen. Die Erziehung der Jugend ist im Sprichwort durch Brant nicht in Vergessenheit geraten. Eine Mutter hofft, ihren Kin- dern die ngtige Erziehung mitzugeben, damit sie spater im Le- ben ihren Mann stehen kgnnen. Da es aber eine schwierige Aufga- be ist, haben sich viele weise Faustregeln gebildet. Zum Bei- ll spiel soll man fruh mit der Erziehung der Kinder beginnen: H (83) u Wer synen kynden ubersicht Irn mfitwil, vnd sie stroffet nicht -20.. o Dem selb zu letzst vil leydes geschicht" 5.35. n n Auch soll man nicht vor der Zuchtigung zuruckschrecken: " H (88) Die rut der zucht vertribt on smertz It Die narrheit vsz des kindes hertz" 6,21. Die Vorlauten erhalten im folgenden Sprichwort ihren Verweis: (133)u Wer anttwurt, ee man froget jn Der zeigt sich selbs eyn narren syn" 19,8. Das Lugen ist eine andere schlechte Eigenschaft, die der Mensch bekgmpfen sollte. Der Volksmund droht dem ngner mit einem freundlosen Leben: <49) , Man kann sich am Gut anderer Leute bereichern, wenn man I! I! gefundene Sachen nicht wieder zuruck gibt. Es ware darum N H ' Wer vil lugt, der ist nyemans frund" 19,70. besser, nichts zu finden als gefundenes Gut zu behalten: (24) " Vil wgger ist gantz fynden nut Dann fundt den man nit wider gitt" 20,31. Brant beschreibt einen missmutigen Wenschen, der nichts als knurren kann und kein freundliohes Wort aber seine Lip- pen bringt. Was Brant und der Volksmund von solch einem Men- schen halten, ist in diesem Sprichwort erfasst: " ... zornt wont Jnn eyns narre gemat" 35,28. Zur Vorsichtigkeit sollen sich die Menschen erziehen, die n sich zu sehr auf ihr eigenes Gluck verlassen: H (40) ' Vnd wer verloszt sich vff syn gluok Der vellt offt Jn eym ougenblyck" 37.33. 9 21 - Einer Krankheit kann man vorbeugen, indem man sie durch rechtzeitiges Erkennen von Anfang an wirkungsvoll bekampft: (118)" Wer will der kranckheyt bald entgan Der soll dem anfang widerstan" 38,9. Wenn sich der Mensch seine persgnliche Freiheit erhalten will, soll er sich nicht beschenken lassen, denn dann wird sein Handeln durch Rucksichtnahme auf andere beschrgnkt: (107)u Wer gaben nymbt, der ist nit fry" 46,83. Brant warnt den weisen Mann vor seinen geschwgtzigen Mit- menschen: (123)" Wer heymlioh ding nit schwigen kan, Wer dat mit btrogenheit vmb gan Vnd spannt syn lefftzen wie eyn tor Do hat eyn yeder wis, sich vor" 51,9. Im folgenden wird der Mensch daran erinnert, dass ihn sein Vergnugen meist auch etwas kosten wird. Zu oft denkt der Mensch nur an sich und seinen Nutzen, den er aus einer Gelegen- heit ziehen kann und uberlgsst das Bezahlen nach Mgglichkeit anderen: (80) " Wer von eyner sach will haben gwynn Billich setzt er jnn synen synn Das er ouch kosten leg dar an" 59,5. Eine weitere Belehrung, gegen den Ichmenschen gerichtet, sind die folgenden Worte: n e (140)" Der ist nit wurdig grosser schenck F 22 - Wer an die kleynen nit gedenck" 59,28. Wer bgse Taten den guten vorzieht, kann nichts Gutes er- warten: (135)" Wer gibt das bgsz vmb gates vsz Dem kumbt bgs , nyeme vsz sym husz" 68,13. Brant ermahnt seine Kitmenschen zu gutem Zusammenleben. Was der Einzelne fur untragbar halt, soll er seinem Mitmen- sehen auch nicht zumuten. Diese Lehre ist vom persgnlichen tandpunkt am besten zu verstehen: (96) " Der ist eyn narr der andern dut Das er von keym mag han fur gut" 69,1. Wiederum liegt hier ein sehr altes Sprichwort, welches in la- teinischen Werken seine Quelle hat, zu Grunde. Brant nimmt diese Weisheit wahr und gebraucht sie in veranderter Form: (59) " Wer andere stossen wil jnn sack Der wart ouch selbs des backenschlack" 69,7. Hit seinem Wachbarn sollte man sich verstehen. denn Men- schen, die auf sehr engem Baum zusammenleben, mussen lernen, H Rucksicht aufeinander zu nehmen: O I! (50) " Wer halt syn noohbuwr nit zu frund e o ... Der ghort wol Jnn das narrenbuch" 78,18. Brant verfehlt keine Probleme, und so schneidet er auch das II Problem der unzulanglichen Tatkraft des Menschen an. Was man I! anfangt, muss man beenden ist sein Wahlspruch: e (132)" Vil wager wer, nit vohen an _ 23 _ Dann noch dem anfang doch abstan"84,l9 u.15,29. Der Mensch muss von Zeit zu Zeit immer daran erinnert wer- den, dass sein Leben nicht bestgndiger Dauer ist. Viele schei- nen dieses zu vergessen und ertrinken geradezu in Lebensfreude: (91) " Wir wissen, vnd ist vns wol kunt Das vns gesetzet ist die stundt Vnd wissen nit wo, wenn, vnd wie" 85,5. Der Tod macht keine Unterschiede: (60) " Er (der Tod) acht keyn pomp, gewalt, vnd gSt Dem babst, er wie dem buren dgt" 85,43. Der Mensch scheint sich nicht gegndert zu haben, denn noch heutzutage darf man nicht alles glauben, was erzahlt wird. Brant erinnert seine Mitmensohen daran und hoffte wohl auf ei- ne Besscrung in dieser Richtung: (111)n Eyn zeichen der liechtfertikeyt Ist glouben was eyn yeder seit" 100,35. Vorsicht ist der folgende Gedanke, und Brant scheint den leiohtsinnigen Menschen besonders zu ermahnen: (131)" Dar vmb den anfang man abwend Kan weisszt nit, wo der vszgang lend" 109,9. In geschaftlichen Angelegenheiten ist besondere Vorsicht ange- bracht: (149)" Der ist eyn narr, vnd grosser dor Wer eym werckma de lon gibt vor" 111,1. n Wie aus den Sprichwortern zu erkennen ist, liegt die Erzie- .. 24'- hung der Person im Vordergrund. Brant kannte den Menschen ge- nau und trifft den Einzelnen in seinem eigenen Element, dem n Sprichwort, welches eine reiche Tradition aufzeigen lasst. ll Es liegt nahe, dass Brant den Wenschen mit guten Ratschlagen M zur Seite stehen wollte; die Ratschlage selbst jedoch kommen fl aus dem Volke und sind so dem Volke auch verstandlich. Die u logische Folgerung liegt auf der Hand, und die Glaubwurdigkeit H II dieser Sprichworter war so gross, dass sie in manchen Fallen sogar den Charakter des Aberglaubens annahm. -_25 .- MENSCHENKENNTNIS I! Wie schon einmal erwahnt, spiegelt sich eine exakte Menschen- H H kenntnis im Sprichwort wider. Samtliche Charakterzuge des II II N Menschen werden hier von Sebastian Brant uberpruft. Natur- " II lich beschaftigt sich Brant mehr mit den schlechten Qualitaten des Menschen, bringt aber so die guten Seiten unmittelbar in u den Vordergrund um das Bild des Kontrastes zu verscharfen. n In diesem Kapitel habe ich die Sprichworter gesammelt, die eine genauere Menschenkenntnis reflektieren und Brant so als einen Menschen erkennen lassen, der sich in allen Gesellschafts- I! schichten zu Hause fuhlte. Bescheidenheit war und ist noch heute eine Zierde, die dem Menschen so oft fehlt: u (51) " Dann wer sich fur ein narren acht Der ist bald 28 eym wisen gmacht" 0,41. Zu viel Erfolg und besonders das Neue, das dem restlichen II Menschen noch Unbekannte, kann grosses Argernis oder auch Neid hervorrufen: H (30) " Wer vil ngw fund macht durch die land Der gibt vil grgernysz vnd schand" 3,35. Der kleine Hinweis, den sich Jeder Mensch zu Herzen nehmen soll- te, ist, am Benehmen erkennt man den Charakter des Menschen: (33) " Man sicht gar bald jn gberden an n Was er sag vnd sy fur ein man" 7,31. n Hinsichtlich der Sitten hat Brant einen ahnlichen Vergleich - 26 - gezogen: (32) " Vsz sytten man gar bald verstat Was einer jn sym hertzen hat" 9,19. Geld und Freundschaft soll der Mensch immer auseinander halten, denn die Abhgngigkeit vom Gelde ist jeder Freundschaft ein grosser Feind. (35) " Wo gelt gbrist do jst erntschafft vsz" 10,16. Der Egoismus ist ein weiterer Feind der Freundschaft, vor dem sich der Mensch huten sollte. Denkt man nur an sich selbst, kann man die allgemeinen Rechte nicht in Anspruch nehmen, son- dern verzichtet auf sie: (21) ' Der eigen nutz vertribt all recht" 10,19. Sebastian Brant ist sich der Vorsicht im Leben bewusst und ermahnt den Mensohen seiner Zeit vorsichtig zu sein: (141)" Wer nit vor gart, ee dann er rytt Vnd sych versicht vorhyn by zyt Des spott man, falt er an eyn sytt" 11,35. Dieses Thema " Vorsicht " lag Brant besonders am Herzen, da n er die Deutschen auf die damaligen Verhaltnisse aufmerksam u n machen und zur gleichen Zeit eine Anderung herbeifuhren wollte, die auf einen Kaiser mit vereinigtem Reich hinzielte. Die- n selben Hinweise in etwas veranderter Form: (10) Dann wer bedenckt all dyng by zyt Der satlet wol, ee dann er rytt" 12,3. H Um sich vor zu grossem Schaden zu huten, beachte man die -.27 - M Lebensregel: Vor der Tat kommt erst die weise Erwagung und nicht naoh der Tat, denn dann ist es zu spat: (134)" Wer sich bedenckt noch der gedat Des anslag gmeynklich kumbt 28 spat" 12,5. Wer sich nicht an die folgende Regel halt, kann die Gefahr laufen, dass er sein Wild schon verkauft hat, bevor er es ge- fangen hat. Derartige Unternehmen zeugen von keinem grossen Geist und haben oft ein fatales Ende: (150)" Nycanor vberschlag geryng Verkoufft das wyltpret, ee ers fyng" 12,25. Brant gibt den Verliebten der Gesellschaft Hinweise in ei- ner etwas verachtlichen Art und warnt so seine Mitmenschen vor einem derartigen Zustand der Verliebtheit: (15) " Baler mit kintheit dgnt ymbgan" 13,16. Der Zustand der Verliebtheit ist nicht zu verbergen: o (16) ' Dann bulsohafft nyeman bergen mag" 13,20. II Brant unterscheidet in der Liebe zwischen gut und bose n und warnt seinen Mitmenschen vor der bosen Liebe, die nicht sehr bestandig ist: (47) " Bgsz lieb die flugt, nit lang sie stat" 13,21. Im allgemeinen fasst Brant diese Ansicht noch einmal im Volks- mund wie folgt zusammen: (17) " Balsohafft ist licht 28 aller frist n 6 Nut vnstatters vff erden ist" 13,23. Der unstete Mann, der sich mit vielen Frauen befasst, wird -23- in diesem Sprichwort auf einen wichtigen Nachteil aufmerksam gemaoht, ngmlich " syn conscientz ": (29) " Wer mit frowen hat vil credentz Dem wart verbrennt syn conscientz" 13,79. Das Geld spielte auch schon zu damaligen Zeiten die grgsste Rolle. Wie unuberlegt der Mensch oft mit diesem Wertbestand handelte, lasst Der Volksmund in diesem Sprichwort zum Aus- druck kommen. Erst soll man den Geldbeutel befragen, bevor man anfangt zu bauen: (73) u Wer buwen will, der schlag vor an Was kostens er dar 28 mgsz han" 14,35. Das Leben mit seinen tgglichen Gepflogenheiten hat den Men- schen gelehrt, schon frgh sparsam und vorsiohtig mit dem Gelde umzugehen. Wer diesem Rat nicht folgt, muss sich mit den Fol- gen abfinden: (122)" Billich jn kunfftig armfit feltt Wer stgts noch schleck vnd fullen stelt Vnd sich den brassern 23 geselt" l6,a. Wie weit die Macht des Geldes gehen kann und wie weit dieser Gedanke besonders zur Zeit Sebastian Brants verbreitet war, lasst dieses Sprichwort erkennen: (126)" Eym yeden gloubt soviel die welt Als er hat jnn sinnr tgschen gelt" 17.7. I! H H Brant ist keineswegs erfreut uber diese Zustande und bekampft sie, indem er seine Mitmenschen in seinem Werk auf diese recht #29- II ungesunden Zustande aufmerksam macht. Nioht nur Glauben wird demjenigen geschenkt, der Geld besitzt, sondern er kann sich auch Freundschaft geldlich erwerben: II (53) " Wer pfening hat, der hat vil frund" 17,22. It Die Unzuverlassigkeit ist vielen Menschen scheinbar ange- II boren, und, um sie zu bekampfen, sollte der Mensch grosse II Selbstzucht uben. Man soll sich nicht alles vornehmen und zu Viele Verpflichtungen eingehen, sondern nur einige akzeptieren, denen man in der Lage getreu nachzukommen ist: (41) " Der hye masz syn vnd anderswo Der ist reht weder hie noch do" 18,15. II N Manche Leute vermogen andern mit guten Ratschlagen zu hel- fen, jedoch sind sie selbst die Hilflosesten in der Welt. I! Hier scheint die Beobachtung mit der Lehre ubereinzustimmen, worin dem Menschen geraten wird, seinem eigenen Rat zu folgen: n (54) " Mancher kan ratten ander lut n Der jm doch selb kan raten nut” 21,19. Ein Mensch, der gerne Geld leiht, macht sich keine Sorgen, wie er seine Schuld wieder abtrggt. Aus dieser Feststellung entspringt die Warnung an diejenigen Mitburger. die ihr Geld ausleihen: (11) ' Wem wol ist mit nemen vff borg ! Der hat 28 bzalen gantz keyn sorg" 25,23. u ' Wie schnell hat der Burger seinen Nachbarn ohne besonde- ll ren Anlass verurteilt! Wie oft ist durch dummes Geschwatz _ 30 _ ein treuer Burger in Verlegenheit geraten! Brant bringt die Geschwatzigkeit offen an den Tag und hofft so auf eine Besserung: (13) " Fur bgsz schetzt man offt manchen man Den gott doch kent, vnd lieb will han" 29,27. Vorsicht ist ein guter Rat, Brant jedoch warnt vor dem e- wigen Misstrauen, das nur zu Feindschaften fghren kann: (2) " Der argwon hat, der gloubt gar bald Das man tfig das Jm nit gefalt" 33,79. In seiner Verzweiflung greift der Mensch zu allen ihm zuggng- lichen Mitteln und verneint auch keine Hilfe, die von unlau- teren Menschen kommt: (45) " Wer kranck ist der wer gern gesunt Vnd acht nit wo die hilff har kunt" 38,41. Wer kein Geheimnis fur sich aufbewahren kann, ist einfach kein weiser Mann: (1) " Ich halt nit fur eyn wysen man Wer nit syn anschlag bergen kan" 39,19. Wie schwer die Aufgabe ist, seinen Nachsten zufrieden zu stellen, lasst sich aus diesem Sprichwort erkennen, das in der Form mit 4-hebigen Reimpaaren einem Sprechvers entspricht: (43) " Wer yederman kund dienen recht Der mast syn gar eyn ggter knecht e Vnd frug vor tag dar 28 vff ston Vnd seltten wider schloffen gan" 41,23. _ 3; _ Die Selbstzufriedenheit ist jetzt das Angriffsziel von Brant. Es ist viel leichter gesagt als getan, scheint Brant zu denken, aber eine starke Gedachnisstutze kann jedem von Mutzen sein. I! Das alte, grobe, knappe " Eigenlob stinkt ", verschonert und erggnzt er, so dass es weniger ungebildet und krass klingt, aber dennoch sehr wirksam bleibt. (48) " Das lob stinck, vsz eym eigenen mundt" 46,12. Jeder Mensch ist auf sein eigenes Wohl bedacht. Dieser Charakterzug kann einem anderen grossen Schaden bringen.. Aus diesem Grunde soll jeder Einkauf mit grosser aberlegung unternommen werden: (143)" Mancher eym andern macht eyn kouff Der blibt, so er 23m thor vsz loufft" 48,23. Zum Spiel finden sich immer Leute, wenn nur einer den An- fang macht. Dieser Fall tritt besonders schnell ein, wenn eine hgher ge- stellte Person den Anfang macht: (94) " Vnd wenn der appt die wflrffel leydt So sint die munch 28m spiel bereit" 49,9. Dieses Sprichwort kann auch als schlechtes Beispiel gegenuber der Jugend ausgelegt werden, denn wenn sich die Alten zum Spiel bereit erklaren, sind die Jungen gern mit von der Partie. Uneigennutzigkeit ist eine Zier, aber der Mensch soll es n I! nicht ubertreiben. Man soll keine guten Taten fur andere be- werkstelligen, wenn man selbst dabei in Gefahr schwebt oder - 32 - H selbst gute Taten notig hat: (144)" Wer leschen will eyns andern fur Vnd brennen loszt syn eygen schur Der iSt Sgt vff der narren lur" 58,a. Brant scheint hier den Menschen zu seinen Pflichten im tag- lichen Leben zu rufen und hat fur die Bettler keinen Platz in der Gesellschaft. Nach seiner Meinung geht es den Bettlern besonders gut, und Notleiden ist nicht ein Charakterzug, wie so oft angenommen wird und so verschgrft er das Satirische mit: (8) " ... bgttler dant seltten vasten" 63,36. Brant geht noch einen Schritt weiter und beschreibt den Cha- rakter des Bettlers genauer: (9) n Bgtler beschyssen alle landt" 63,62. Brant schliesst die Bettelmgnche und somit die bettelnde Kir- che auch hier ein. Brant hat den Menschen durchschaut und warnt besonders vor den Freunden, die sich nur dort einfinden, wo grosses Vermg- gen vorhanden ist. Dieselben Freunde werden dafur sorgen, dass der Reichtum abnimmt, und danach muss sich der verarmte Ei- gentumer ohne Freunde in seiner Armut zurecht finden: (142)" Wer vil gat hat, der hat vil frgnd" 67,12. Die wirklichen Absichten eines Menschen sind eigentlich nicht zu schwer zu erkennen, denn seine Taten verraten seinen Charakter: (119)" Man spgrt eyn narren an sym werck" 68,32. e 33 - Das Gegenteil von seiner schlechten Charakterbeschreibung legt Brant in diesem Sprichwort zu Grunde: (70) " Vsz tugent ist all adel gemacht" 76,56. Nur durch die Tugend kann der Mensch den Adel erreichen: (71) " Adel alleyn by tugent stat Vsz tugent aller adel gat" 76,63. Geld ist wieder der grundlegende Gedanke. Dem Reichen ist es mgglich, seine Richter zu erkaufen, wohingegen dem Armen immer ein hartes Urteil in Aussicht steht: (102)" Man henckt die kleynen dieb alleyn" 83,22. Durch Geld kgnnen alle Schulden beglichen werden, aber dem Ar- men bleibt nur das Gefgngnis, sollte er in Schwierigkeiten ge- raten: (97) " Alleyn der arm mgsz jnn den sack" 83,29. Der Arme ist nur in der Natur frei und reich: (98) " Eyn armer syngt fry durch den walt" 83,53. Einen Armen kann auch nichts aus den Taschen fallen, da sie immer leer sind: (3) In der Not wird der Mensch sehr einfallsreich und versucht H " Dem armen seltten ut entpfalt" 83,54. I! H naturlich, so schnell wie eben moglich seine Not zu lindern. H Aus dieser Not kann oft ein glucklicher Einfall geboren wer- II den, der der Gemeinde nach personlichem Nutzen noch lange als H Weisheit zur Verfugung steht. Aus dieser PerSpektive ist Armut eine Tugend und Jeder Ach- .. 3n - tung wert: O / (5) " Armut hett gbuwen alle stett" 83,68. n Brant raumt der Armut durch den Volksmund die hochsten Ehren ein: H O (6) " Alls ubels Armut ist wol on All ere vsz Armat mag erston" 83,70. Brant befasst sich auch mit den Menschen, die nur der gleichen Meinung sind, weil sie sich dadurch irgendeinen Ge- H winn versprechen. Vor solchen Menschen soll man sich huten, denn eine andere Meinung oder Ansicht kann nur von Nutzen sein II und sollte immer angehort werden: (86>, , Den mantel hencken gen dem wynd" 100,16. Brant bewegte sich in allen Schichten seiner Gesellschaft. Sein scharfer Beobachtungssinn betrachtete den Menschen sei- ner Zeit aufs genaueste. Seine Urteile sprechen nicht nur von den schlechten Charakterseiten, sondern geben hier und da den guten Kern des Menschen frei. Sebastian Brant war sich die- ses guten Kernes im Menschen stets bewusst und wollte ihn mit ll seinen Sprichwortern von seinen Kapseln befreien. I! Eine derartige Befreiung ware dem Menschen sehr zu Nutzen ge- I! kommen. Der Mensch als Individuum hatte sich verbessert und infolgedessen auch die Gesellschaft als ganzes Organ. Se- I! bastian Brant war kein Traumer und erwartete von seinen Mit- I! menschen keine direkte Anderung ihrer taglichen Gepflogen- heiten. Es ging um eine Verbesserung des Charakters im ein- _ 35 _ ll zelnen Mitburger, und um dieses Ziel zu erreichen liess Brant nichts unversucht. Der Griff zum alten Sprichwort, um I! diese Charakterzuge hervorzuheben, liegt sehr nahe, da das Sprichwort eben eine weitverbreitete und bestverstandene Lehr- methode zu sein schien. 735' METAMORPHOSE In diesem Kapitel behandele ich den Volksmund, der sich in der Metamorphose zum Ausdruck bringt. In diesen Sprichwgrtern spiegelt sich die gleiche Menschenkenntnis wider, nur ist sie etwas verschleiert und unpersgnlich dargestellt worden, um den Menschen nicht direkt anzusprechen. Auf der anderen Seite ist das Leben der Tiere mit deren Gepflogenheiten oft ein sehr gutes Lehrmittel, um dem Menschen klar zu machen, wo seine Fehler und Schwgchen besonders hervortreten. Durch sein Geschwatz ist so mancher brave Mann in Schwie- rigkeiten geraten. Das viele Reden ist also nicht von grossem Nutzen, und Brant macht das sehr deutlich in seinem Kapitel N Von vil schwetzen" : (147)" Eyn spgcht verradt mit syner zung Das man syn ngst findt, vnd die jung" 19,23. Brant spricht von der Vorsorge und ist gegen das Borgen. Er warnt den Menschen vor Schulden, die so grosse Ausmasse an- nehmen kgnnen, dass ein Ung13ck nicht mehr zu verhindern ist: (137)H Wann der esel anfoht syn dantz Haltt man jn nit wol by dem schwantz" 25,33. Zu viele Feinde sind des Freundes Tod. Im gleichen Sin- I! ne: zu viele Glaubiger sind des Schuldners Untergang. Im H Grossen und Ganzen ist das Ubermass der Gegenstand dieser Critik: (117)u Vil seck die synt des esels dot" 30,a. - 37 _ Eine Reise in fremde Lander kann sehr zu der Bildung eines Menschen beitragen. Brant unterstutzt diese Auffassung, ist aber der Meinung, dass ein Narr immer ein Narr bleibt - trotz einer Reise: (31) " Als ist eyn gansz gefIOgen vsz Vnd gagack kumbt wider 28 husz" 34,13. Der Nachahmungstrieb und besonders die Abhgngigkeit des Menschen kommen hier zum Ausdruck: H (65) ' Der hul, der by den wollfen ist" 68,9. 1 Der Mensch soll sich nicht zu viele Sorgen machen. Wie- viel oder von wem er etwas erben wird, ist schon von Gott bestimmt: (129)" Lgsz vgglin sorgen, wann gott will So kumbt das gluck, zytt, end, vnd zyl" 94,31. Die Gutglaubigkeit kann den Menschen oft sehr irrefuhren, denn nicht jeder Rock kleidet einen ehrlichen Kaufmann: (130)" Munch, priester, bggin, blotzbrgder dreit Vil wglff gont yetz jnn schgffen kleidt" 102,48. Im allgemeinen fuhlt sich nur der Mensch von einer Kritik getroffen, der ein Schuldbewusstsein hat und sich aus diesem Grunde zu rechtfertigen sucht: (42) Wyrfft man vnder vil hund eyn beyn u I! So schrygt der troffen wurt alleyn" 110,13. H Wie schon in den einleitenden Worten erwahnt wurde, sind n diese Sprichworter etwas verschleiert, aber Sebastian Brant II gebraucht sie unmissverstandlich in seinem Werk. Sie geben dem Menschen einen weiteren Ausblick auf sein Dasein und Brant, als Lehrer seiner Mitmenschen, ein weiteres Mittel, um sein Ziel, die Verbesserung des Menschen, zu erreichen. F 39 - 133 TAPHER Durch die Metapher findet der Volksmund einen feinen Ausdruck. Auch hier erfolgt die eigentliche Anspielung auf den Menschen nur in verschleierter Form. Um die geistigen Werte zu veran- schaulichen, bedient sich das Sprichwort der sinnlichen Ding- welt. Die Gesundheit ist jedem Menschen heilig, und er achtet ganz besonders darauf, sie zu erhalten. In dieser Hinsicht kann der Mensch nicht vorsichtig genug sein, denn die Gesund- heit entschwindet unbemerkt: (37) " Glich wie gesuntheit ist vast liep Vnd stielt sich ab doch wie ein diep" 6,83. Einen praktischen Hinweis bietet dieses Sprichwort: (136)" Der esel starb, vnd wart nie satt Der all tag nuwe herren hatt" 18,33. Dem unsteten Arbeiter fallt es bedeutend schwerer, irgendwo festen Fuss zu fassen und so zu Wohlstand zu gelangen. Brant denkt an den guten Knecht, der sich durch Fleiss und Treue ei- nen Namen in seiner Gesellschaft erwirbt. Brant ist gegen das viele Reden und, wie schon erwahnt, kann der Mensch dadurch nur zu grossem Schaden gelangen. Die- ser Gedanke bekommt durch den folgenden Volksmund besondere Betonung: (82) , Wer vber sich vil howen wil Dem fallen spgn jn die ougen vil" 19.77. ..Lpo- Der bildliche Vergleich verfehlt seine Wirkung nicht und ist besonders dem einfachen Manne begreiflich. Wer viel Geld borgt, kommt nie ans Ziel, denn wenn seine Schuld abgetragen ist, sind seine Ziele noch genau so fern: (12) u Wer vil 28 borg vff nemen will Dem essen wglff doch nit syn zyl" 25,a. Dem Traumer gibt Brant den guten Rat, seine wunsche im Rahmen der Wirklichkeit zu halten, denn wunsche haben nur ei- nen aktuellen Zweck, wenn eine Mgglichkeit zur Erfullung besteht: (22) " ... wer vff der erden lyt Der darff vor vall sich vgrchten nyt" 26,69. Der Mensch soll sich zur Gewohnheit machen, nicht nur lee- res Gerede unter die Leute zu bringen, sondern etwas zu sagen, was konkreten Wert hat: (18) " Wer singt Cras Cras glich wie eyn rapp Der blibt eyn narr bisz jnn syn grapp" 31,a. Die Undankbarkeit tritt in jedem Stande auf, und der Mensch soll sich diesen Rat zu Herzen nehmen: (67) " Eyn altt Cystern nit wasser gytt Wann man nit wasser ouch dryn schytt" 59,24. Harmlosigkeiten soll der Mensch nicht betonen oder Drama- tisieren, denn " was soll eyn dreck wann er nit stinckt." Dreck, der nicht stinkt, hat seinen Wert als Dreck verloren. - #1 _ Der Mensch ist immer auf sein eigenes Wohl bedacht und scheut sich nicht, seine Mitmenschen dafgr zu betrugen. 0ft jedoch geht der Betrug nicht so vonstatten, wie er geplant war, und der Betruger muss sich als der Betrogene ansehen: (115)H Mancher eym andern macht eyn loch Dar jn er selber fallet doch" 69,17. Kleider machen Leute, und auch Titel sind oft sehr ein- drucksvoll. Brant warnt vor beiden und ermahnt den Menschen, seine Werte nicht gleich zu akzeptieren sondern erst zu pru- fen, um demjenigen Ehre zu geben, der sie wirklich verdient hat: (113)" Es ist fur war nit alles golt Das an dem sattel ettwan glysszt" 73,32. H Brant beklagt sich uber die schlechten Bauern. Er liest ihnen grundlich die Leviten und mgchte sie am liebsten alle in einem Sack verschwinden lassen. Dieses Unternehmen ist sehr schwierig, wenn nicht unmgglich, und so vergleicht Brant sie mit dem Volksmund: (76) " Der dry spitz, der mgsz jnn den sack" 82,65. Die machtigen Leute sind nun einmal die Reichen, und ihnen ist durch Geld alles mgglich. Der arme Mann dagegen muss sich mit seinem Los abfinden und wenn er kein Geld hat, seine H Schuld bussen: (58) " Eyn brgm nit jn dem spynnwep klgbt H Die kleynen mucklin es behebt" 83,23. -_42 _ Viele Menschen kgmpfen gegen die Faulheit, ein persgnliches Problem mit schweren Folgen. Dieser Charakterzug kann eine Familie in finanzielle Schwierigkeiten bringen, und innerhalb einer Gesellschaft kann diese Not zu einer Last werden, die die Gemeinde zu tragen hat. Die Faulheit ist hartngckig und erfordert einen starken Gegner: (138)" Fulkeyt sich wider went, vnd far Glich wie der angel an der thSr" 97,33. Brant behandelt das Thema " Wahrheit " und ist der Auf- fassung, dass die Unwahrheit immer zum Nachteil des Sprechers ist: (23) " Der esel strofft den, der jn reyt" 104,39. Im allgemeinen wird der Mensch hier aufgerufen, vorsich- tig zu sein. Diese Vorsicht soll sich auf alle Lebenslagen erstrecken, denn: (61) n Vngluck, vnd hor, das wechszt all tag" 109,8. Brant entschuldigt sich offiziell fur sein Werk. Er hat aber die Absicht, sich nicht zu entschuldigen, sondern seine Leser vor eine Entscheidung zu stellen. Der Leser hat die Wahl, sein Werk zu seinem eigenen Nutzen auszulegen oder es einfach zu verwerfen: (75) H Glich wie der blamen die wol rucht Dar vsz das byenlin hunig zucht, Aber wann dar vff kumbt eyn spynn 0 So sucht sie gyfft noch Jrem gwynn" 111,40. .. I13 .. H Diese Sprichworter sind nicht direkt zu verstehen, blei- H ben aber immer noch ein Leckerbissen fur den Feinschmecker und anspruchsvollen Leser. .- 44 - SCHL *SSBEE‘ERKUMGEM H Sebastian Brant fuhrt seinen Leser durch das Unterholz des H H taglichen Lebens. Sein Werk Das Marrenschiff " lasst den n Grund dieser Lebenstour durchblicken, indem er es gleich in einzelne Themen einteilt wie:" von mutwilligen vngfell " oder " von vnnutzen studieren." Diese Themen behandelt Brant in n weltgewandter Manier. Allein die Zahl seiner Themen lasst darauf schliessen, dass Brant den Menschen lange und genau beobachtet hat. Dieses Studium und besonders den Nutzen eines solchen konnte er keinen Bachern entnommen haben. Das Leben selbst und die Mitmenschen waren die Lehrmeister. An seinen eigenen Fahlern und den Fehlern anderer hat Brant seine Fest- stellungen gemacht. Erfahrungen, die sich als weise Sprache im Volke niedergeschlagen haben, sind sein Mittel, den Men- schen zu verbessern. Der Mensch ist eigentlich sein eigener Lehrer gewesen, aber Brant hat es sich zur Aufgabe gestellt, dieses Volksgut literarisch so zusammenzufassen, dass es dem Menschen in konzentrierter Form noch einmal vor Augen kommt. Weise Ausspruche, die nur entstanden sind, weil sie sich im tgglichen Leben bewahrt haben, erscheinen hier geradezu in ge- ballter Form unter dem Leitsatz eines Themas passend und zu- treffend. Es liegt sehr nahe anzunehmen, dass Sebastian Brant die Gedanken eines Sprichwortes in seine eigenen Worte gefasst habe. Dieser Gedanke lag ihm aber fern, da er sich der Durch- schlagskraft derselben bewusst war. Dieser Hinweis findet seine ..us- Begrandung in der Tatsache, dass sehr oft eine Reine von Sprich- wgrtern aufeinander folgt. Es ist erstaunlich festzustellen, wie oft der gleiche Grundsatz oder besser die gleiche Idee in mehreren Sprichwgrtern in immer wieder neuer Form zu finden ist. Auch diese Qualitgt ist vom Autor ausgenutzt worden, denn wem die eine oder andere Form des Sprichwortes unverstgndlich erschien, wurde eine dritte vielleicht leichtere Form des- selben Gedankens presentiert. So lehrt Brant an Hand des Sprichwortes seine Mitmenschen fiber sie selbst, ihre Gepflo- genheiten, die ethisohen Werte der Gemeinde und auch noch et- was aber das Volk als Nation. Er manifestiert seine Hoffnun- gen und guten Vorstellungen von einem Burger in seinen Sprich- wgrtern und arbeitet so an einem Volk mit Volksgut, was wohl H keinen direkteren Weg mehr offen lasst. H Als Lehrer seiner Zeit und als Lehrer uberhaupt verspricht u der direkte Weg die grossten Erfolge und das war ja der Grund seines Werkes. - 46 - H DOKUMENTIERUNG DER SPRICHWORTER. In meiner Dokumentierung berufe ich mich auf Wander " und H setze voraus, dass die zitierten Sprichworter mit denen in H " Wander " identisch sind. Sollte dieses in dem einen oder anderen Falle nicht zutreffen, werde ich an der betreffenden Stelle die Sprichwgrter erlautern. Ich berufe mich bei n Wander" auf die Akarzung " Wa " und die jeweiligen Zeichen. ALLGEMEINES VOLKSGUT. Diese Sprichwgrter lassen sich nicht naher dokumentieren und mussen allgemeines Volksgut dargestellt haben. H 1. Ich halt nit fur eyn wysen man Wer nyt syn anschlag bergen kan. Wa.V, 775,"Ansch1ag",59 2. Der argwon hat, der gloubt gar bald Das man tag das jm nit gefalt. Wa.I, 128,"Argwohnen",27 u.43 H 3. Dem armen seltten ut entfalt. Wa.I, 133,"Arme,der",21 4. Wer eynem armen unrecht dut Vnd do mit huffen will syn gut Der findt eyn richern, dem er gibt Syn gut, so er Jnn armut blibt. Wa.V, 813,"Arme,der",316 o 5. Armut hat gbuwen alle stett. Wa.I, 140,"Armut",30 H O 6. Alls ubels armut ist wol on All ere vsz Armut mag erston. Wa.I, 140,"Armut",70 10. ll. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. - 47 _ e ... battlen das dut nyeman we On dem, der es zu nott musz triben. Wa.I, 353,"Betteln",ll ... bgttler dunt seltten vasten. Wa.I, 356,"Bett1er",9 e Batler beschyssen alle landt. Wa.V, 982.nBettler",l60 Dann wer bedenckt all dyng by zyt Der satlet wol ee er dann rytt. Wa.I, 288,"Bedenken",15 Wem wol ist mit nemen vff borg Der hat zu bzahlen gantz keyn sorg. Wa.I, 431 Borg",4 Wer vil zu borg vff nemen wil Dem essen wglff doch nit syn zyl. Wa.I, 431,"Borg".5 H 'e Fur bosz schetzt man offt manchen man u Den gott doch kent vnd lieb wil han. Wa.I, 437,"Bose",48 Wer schieszen vsz vil armbrust will H Der trifft kum etwan wol das zil. Wa.I, 500 Buchse",12 ’H O Buler mit kindheit dunt vmbgan. Wa.I, 506,"Buh1er",15 Dann balschafft nyeman bergen mag. Wa.I, 508,"Buhlschaft",5 Balschafft ist licht ZS aller frist H 3 Nut vnstatters vff erden ist. Wa.I, 508 Buhlschaft",15 ’n Wer singt Cras, Cras glich wie eyn rapp Der blibt eyn narr, bisz jnn syn grapp. Wa.I, 542.nCras",2 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. i 48 _ Durch dry ding wart die erd erschutt Das vierd das mag sie tragen nit Eyn knecht der worden ist eyn herr syn narr der sich hat gffillet ser, Eyn nydesch. bgsz vnd gifftig wib Wer die vermghlet synem lib n Das vierd all fruntschaft gantz verderbt Eyn dienst magt die jr frowen erbt. Wa.I, 631,"Ding",697 H Wer nut dann trowen dut all tag Da sorg man nit, das er vast schlag. Wa.I, 698,"Drohen",22 Der eigen nutz vertribt all recht. Wa.I, 773,"Eigennutz",7 * ... wer vff der erden lyt Der darff vor vall sich vgrchten nyt. Wa.I, 836,"Erde",48 Der esel strofft den, der jn reyt. Wa.I, 858,"Ese1",100 H Vil wgger ist gantz fynden nut Dann fundt den man nit wider gitt. Wa.I, 1014,"Finden",8 Wer durch die fynger sehen kan Vnd loszt syn frow eym andern man Do lacht die katz die musz sussz an. Wa.I, 1019,"Finger",70 H Wer furden will eyns andern karr n Vnd hyndern sich, der ist eyn narr. Wa.I, 1088,"Fordern",2 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. aug- ... frowen sint, als die gschrifft seyt e Bosz hateryn der heimlicheyt. Wa.I, 1110,"Frau",122 *1 Eyn gst frow senfft des mannes zorn. Wa.I, 1111,"Frau",152 Wer mit frowen hat vil credentz H Dem wurt verbrennt syn conscientz. Wa.I, 1137,"Frau",686 H H Wer vil nuw fund macht durch die land Der gibt vil Ergernysz vnd schand. Wa.I, 1268,"Fund",11 Als ist eyn gansz geflogen vsz o Vnd gegack kumbt wider zu husz. Wa.I, 1328,"Gans",67 Vsz sytten man gar bald verstat Was einer 3n sym hertzen hat. Wa.I, 1378,"Geberde",2 Man sicht gar bald jn gberden an H Was er sag vnd sy fur ein man. Wa.I, 1378,"Geberde".l~L o Geduld ist besser jn armut n Dann aller welt gluck, richtum, gat. Wa.I, 1405,"Gedu1d",94 H Wo gelt gbrist do jst fruntschafft vsz. Wa.I, 1517,"Ge1d",ll90 Wo yetz gelt ist, do ist hochmgt. Wa.I, 1518,"Ge1d",1208 Glich wie gesuntheit ist vast liep Vnd stielt sich ab doch wie ein diep. Wa.I, 1637,"Gesund- heit",l4 39. 40. 41. 43. 44. 45. 46. ‘.5O - Den gwalt man nit langzyt behalt, Den man musz schyrmen mitt gewalt. Wa.I, 1646,"Gewa1t",8 e - n Dye bosz gwonheyten warent lang. Wa.I, 1679,"Gewohnheit",22 H Vnd wer verloszt sich vff syn gluck H Der vellt offt j eym ougenblyck. Wa.I, 1768,"G1uck",890 0 Der hye musz syn vnd anderswo Der ist recht weder hie noch do. Wa.II, 643,"Hier",5 Wyrfft man vnder vil hund eyn beyn H So schrygt der troffen wurt alleyn. Wa.II, 876,"Hund",l318 H erman kund dienen recht Der mast syn gar eyn guter knecht Vnd frag vor tag dar zu vff ston Vnd selten wider schloffen gan. Wa.II, 1013,"Jedermann",26 Dann wo zwen herren hat eyn knecht Der mag jn nyemer dienen recht. Wa.II, 1424,"Knecht",4l Wer kranck ist, der wer gern gesunt Vnd acht nit, wo die hilff har kunt. Wa.II, 1576,"Krank",21 o Wer 1ydet das jn druck syn schuch Vnd jnn syn frow jm wynhusz sach e Der ghort wol jnn das narren bach. Wa.III, 22.nLeiden".80 47. 48. 51. 52. 53. 54. 55. 57. 58. #51 - I! . Bosz lieb die flugt, nit lang sie stat. Wa.III, 130.nLiebe",21 Das Lob stinck, vsz eym eigenen mundt. Wa.III, 202,"Lob",l7 I! I! " Wer vil lugt, der ist nyemans frund. Wa.III, 270,"Lugen",l41 ' !! Wer halt syn noohbuwr nit zu frund ... Der ghgrt wol jnn das narrenbuch. Wa.III, 828,"Nachbar",78 " . .. . Wer sich fur einen narren acht Der ist bald 28 eym wisen gemacht. Wa.III, 928,"Narr",lll6 Syn eygen glyder kocht der nydt. Wa.III, 986,"Neid",25 I! Wer pfening hat, der hat vil frund. Wa.III, 1275,"Pfennig",225 !! Mancher kan ratten ander lut I! Der jm doch selb kan nut.Wa.III, 1476,"Rath",225 Wer rich will syn, mit schad der gemeyn Der ist eyn narr, doch nit alleyn. Wa.III, 1604,"Reich",45 Wer samlet das zergenglich ist Der grabt sin sel jn kott vnd mist. Wa.III, 1858,"Sammeln".7 Mit schwigen man veranttwurt vil Schaden entpfohl, wer schwgtzen wil. Wa.IV, 436,"Schweigen",42 e " e Eyn bram nit jn dem suynnweo klabt !! Die kleynen mucklin es behebt. Wa.IV, 723,"Spinnwebe",2 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. - 52 - Wer andere stossen wil jn sack Der wart ouch selbs des backenschlack. Wa.IV, 885,"Stossen".9 o Er (der Tod) acht keyn pomp, gewalt, vnd gut Dem babst, er wie dem burren dSt. Wa.IV, 1226,"Tod",37 H H Vngluck, vnd hor, wechszt all tag. Wa.IV, 1449,"Ungluck",271 Worheyt ert man durch alle land. Wa.IV, 1758,"Wahrheit".303 e e ... bosz frowen ggnt bgsz radt. Wa.V, 4,"Weib",85 Wer wys, ist, der ist me dann rich. Wa.V, 1810 Weisheit",184 Der hul, der by den wollfen ist. Wa.V, 372 Wolf",47l Wer sich mit wollust vberlad, u Der koufft kleyn freud, Mit schmertz vn schad. Wa.V, 396,"Wollust",33 Eyn altt Cystern nit wasser gytt Wann man nit wasser ouch dryn schytt. Wa.V, 594,"Zisterne",l o Dann zornt wont Jn eyns narre gemut. Wa.V, 607,"Zorn",203 Der zornig weiszt nit, was er dfit. Wa.V, 609,"Zorniger",9 I! Die folgenden Sprichworter spiegeln ihren Sinn auch in anderen Sprachen wider. Diese Tatsache weist auf den weit- H verbreiteten Volksmund hin, und so erhalt der 1ehrhafte Charakter derselben eine universale Bedeutung. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. - 53 _ I! n I! In einigen Fallen lasst sich nicht eine direkte Brucke zu H einer auslandischen Sprache herstellen, jedoch der Gebrauch I! der Sprichworter von anderen Autoren weist auf eine weite Verbreitung derselben hin. u Wander " ist auch hier wei- terhin meine Quelle. Vsz tugent ist all adel gemacht. Wa.I, 28,"Ade1",2 u.7 Frz.. Ital. gdgl alleyn by tugent stat Vsz tugent aller adel gat. Wa.I, 28,"Ade1",1 Frz. Keyn arbeit dett nie gSt zgr yl. Wa.V, 795,"Arbeit",275 thm., Kroat. Wer buwgn_will, der schlag vor an Was kostens er dar ZS mgsz han. Wa.I, 253,"Bauen",39 Dan. Eyn blynd den andern schyltet blyndt, Wie wol sie beid gefallen synt. Wa.I, 402,"Blinde",4l Engl. I! Glich wie der blamen, die wol rucht II Dar vsz das byenlin hunig zucht Aber wann dar vff kumbt eyn spynn So sacht sie gyfft noch jrem gwynn. Wa.I, 408,"B1ume",4 O 0 Der dry Spitz, der musz jnn den sack. Wa.I, 695,"Drelspitz",2 Murner 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. CO C\ O :54 - Eyn demfitig £323, ist eren wert. Wa.I, 1111,"Frau",154 Holl. Wer zucht syn frgw eym andern vor Der ist eyn narr, gouch, esel thor. Wa.I, 1137,"Frau",681 Holl. I! All freud der welt nymbt trurig end. Wa.I, 1165,"Freude",l I! Dan. Wer von eyner sach will haben gwynn Billich setzt der jnn synnen synn Das er ouch kosten leg dar an. Wa.I, 1662,"Gewinnen",89 I! Bohm. ,Pol. I! H Glugk vnd gwalt, wert nit lange jor. Wa.I, 1749,"Gluck",435 H Dan. Wer vber sich vil howen wil Dem fallen spgn jn die ougen vil. Wa.II, 388 Hauen",1l ’u Luther Ms, Mhd. Wer synen kynden fibersicht Irn matwil, vnd sie stroffet nicht Dem selb 28 letzst vil leydes geschicht. Wa.II, 1318,"Kind",1033 Dan., Engl. n Kranckheyt vsz sunden dick entspringt. Wa.II, 1584 Krankheit",82 Ital. e Was sich gelibt, das gsolt sich ouch. Wa.III, ll Leiben",2 ’H Fischer, Psalter, 303c Den mantel hencken gen dem wynd. Wa.III, 453,"Mantel",67u.68 Waldis 87. OJ 0) 91. 92. 93. Wer Der Die Die Der Wir Das Vnd Wer 4 55 _ o o , recht zu tun den willen hett acht nit, was eyn yeder redt. Wa.III, 1531,"Recht",264 Frz. H H rut der zucht vertribt on smertz narrheit vsz des kindes hertz. Wa.III, 1781,"Ruthe",48 H Dan.,Schwed.,Lat.,H.Sachs hatt gSt fryd, wer sogelet nit. Wa.IV, 704,"Spie1en",1 Russ. solelt alleyn durch grossen gwynn gat es seltten noch sym synn. Wa.IV, 707,"Spielen",80 Ital. wissen, vnd ist vns wol kunt vns gesetzet ist die stundt wissen nit wo, wenn, vnd wie. Wa.IV, 834 Sterben",94 ’H Finn.. Frz. - n vil studiert wurt ein fantast. Wa.IV, 934,"Studieren",28 Holl. Keyn gfit werck yl erlyden mag. Wa.V, 198,"Werk",58 u. 67 H011. 6.56.. I! SPRICHWORTER VOR DER ZEIT SEBASTIAN BRANTS. n n Diese Gruppe von Sprichwortern lasst sich weit vor der Zeit Se- bastian Brants dokumentieren. Latein ist die Hauptquelle und H " es bestehen zwei Moglichkeiten der Uberlieferung. Die Sprich- wgrter konnten entweder durch den Volksmund von Generation zu Generation ihren Weg genommen haben, oder aber auch von Sebasti- an Brant selbst von lateinischen Texten ins Deutsche gbernommen worden sein. Welchen Weg die Sprichwgrter gegangen sind, ist nicht festzustellen, jedoch besteht die Tatsache, dass sie den Menschen ein Begriff waren und so wiederum den Volksmund dar- stellen. Ich bin der Meinung, dass diese Sprichwgrter irgendwie den Weg in die deutsche Sprache gefunden haben und so als sehr altes Volksgut bezeichnet werden kgnnen. Auch hier ist wieder ' Wander " die verantwortliche Quelle. 94. ... wenn der appt die warffel leydt So sint die manch 28m spiel bereit. Wa.I, l7vuAbt",l7 Lat., Frz. 95. Wer vff sich selbst vil Smoter nymbt Der mag nit tfin das yedem zymbt. Wa.I, 72,"Amt",84 Lat. 96. Der ist eyn narr, der andern dat Das er von keym mag han far get. Wa.I, 77.nAndere",lO u.12 Lat. o 97. Alleyn der arm musz in den sack. Wa.I, 134,"Arme",59 Lat. -_57 - 98. Eyn gage; singt fry durch den walt. Wa.I, 135,"Arme",98 Lat. 99. Eyn armgg bhalt wol heymlicheyt Eyns richen sach wart weyt gespreyt. Wa.I, 136,"Arme",119 Lat. 100. All kunst iflflfii erfunden hett. Wa.I, 142,"Armuth",106 Lat. 101. Wer eym artzt jn der kranckheyt lggt Vnd in der bicht eyn priester drggt Vnd vnwor seyt sym aduocat Wann er will nemen by jm ratt Der hatt jm selbs alleyn gelogen Vnd mit sym schaden sich betrogen. Wa.I, 152,"Arzt",14 Lat. 102. Man henckt die klcynen 2122 alleyn. Wa.I, 591,"Dieb",183 Lat. 103. All ding die hant Jr zyt vnd zyl Vnd gant jr strosz noch wie gott wil. Wa.I, 604,"Ding",26 Lat., Frz. 104. Was sol eyn 232239 wann er nit stinckt. Wa.I, 686,"Dreck",58 Lat. 105. Eynhellikeyt jn der gemeyn fowachsen die bald all ding macht. Wa.I, 789,"Einhelligkeit",3 Lat. 106. Der musz vil vgrchten, der do wil 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. .58. Das jn ouch sgllen vgrchten vil. Wa.I, 1277,"Furchten",1 Lat., Dan., Ital. Wer gaben nymbt, der ist nit fry. Wa.I, 1314,"Gabe",68 Lat., Frz. Geduld senfft widerwertykeyt. Wa.I, 1406,"Geduld",122,123,126 Lat., Dan. Der ist eyn narr, der heymlicheyt Synr frowen oder yemans seyt. Wa.I, 1420,"Geheimnis",12 Lat., Frz. Wer aggechtigkeyt halt jn der hant DES gwalt mag haben ggt bestand. Wa.I, 1566,"Gerechtigkeit",39 Aristoteles;Bibl.Ecclesiastic. Eyn zeichen der liechtfertikeyt Ist glouben was eyn yeder seit. Wa.I, 1706,"Glauben",75 Bibl.Ecclesiastic, Lat. Das glfigfi deilt vnglich gat, vnd rich Aber der dot macht es alls glich. Wa.I, 1738,"G130k",l48-50 Lat. Es ist far war nit alles gglt Das an dem sattel etwan glysszt. Wa.I, 1789,"Gold"47 Lat., Sprichwort ist auch aus der Handschrift" Pfaffe Kunrat " um 1770, also ist das Sprichwort schon lange vor dieser Zeit bekannt gewesen. Q23; gibt vnsz alles das er will Er weist was recht ist, was 28 vil. Wa.V, 1366,"Gott",273l-32 Lat. 115. 116. 117. 118. 119. 120 O 121. 122. .- 59 - Mancher eym andern macht eyn lggh Das jn er selber fallet doch. Wa.II, 153,"Grube",6 Lat. Wer £3313 fyndt vnd wafen scharff Der gsz nit me dann er bedarf H e Vnd hSt vor fullung sich der susz Das ers nit wider spuwen mgsz. Wa.II, 767,"Honig",25 Pythagoras, Mhd. Vil seck die synt des esels dot. Wa.II,860,"Hund",984 Lat., Wander gibt das fol- gende Sprichwort: 'Vil hund seind der hasen todt " Der Gedanke bleibt der Gleiche, obwohl wir verschiedene Tiere und eine andere Situation vorfinden. Wer will der kranckheyt bald etgan Der soll dem anfang widerstan. Wa.II, 1586,"Krankheit",ll4 Antike, Ovid. Man spgrt eyn narren an sym werck. Wa.III, 908,"Narr",689 Lat. Wer syn 9;.vor dem armen stOpfft Den hgrt got nit, so er ouch klopft. Wa.III, 1127,"0hr",75 Lat. Eyn yeder 18g vor syner schantz Ee er sorg, wie eyn ander dantz. Wa.IV, 101,"Schanze",4 Lat. Billich jn kunfftig armat feltt e n Wer stats nach schleck vnd fullen stelt 123. 124. 125. 120. 129. 130. a 60 - Vnd sich den brassern zu geselt. Wa.IV, 231 Schlecker", ’II Lat. Wer heymlich ding nit schwigen kan 1r ,0 - . ' wer dut mlt btrogenhelt vmb gan Vnd spannt syn lefftzen wie eyn tor Do hat eyn yeder wis sich vor. Wa.IV, 443,"Schweigen",l7l-5 Lat. I O 4. der noch gut Sth, ere, tugent kan . e . Den halt lch fur eyn edel man. Wa.IV, 577,"Sltte",20 Lat. 0n straffung seltten yemens lert. Wa.IV, 886, Strafe",21 I! Lat. Eym yeden gloubt so viel die welt e Als er hat jnn sinr taschen gelt. Wa.IV, 1036,"Tasche",26 Antike, Saphir. o e o 1 1- o Den andern tell hort man nlt me. Wa.IV, 1145,"Thell",l3 Lat. I! Ob vngluck ettwan joch ist kleyn I! s v n‘ . n V 446 U l r" 196 go numot es seltten docn alleyn. .a.I , l , ng uc. , JO I! Lat. e O O Losz voglln sorgen, wann gott wlll " I! So kumbt das gluck, zytt, end, vnd zyl. Wa.IV, 1674,"Voglein",3l Lat., Murner I! e I! Munch, priester, bagin, blotzbruder dreit e e Vil wolff gont yetz jnn schaffen kleidt. Wa.V, 359,"Wolf",624 H Quelle in Mathaus 7,15 131. 132. 133. 134. 135. 136. 138. a 61 - u SPRICHWORTER, DIE SEBASTIAN BRANT ALS EIGENTLICHE QUELLE HABEN. n H Diese Gruppe von Sprichwortern fuhrt uns direkt zu Se- bastian Brant als ihre Quelle. Sie haben vom Narren- n schiff " die Reise in den Volksmund angetreten. Dar vmb den anfang man abwend Man weisst nit, wo der vs2gang lend. Wa.I, 81,"Anfang",55 . e . Vll wager wer, nlt vohen an # Dann noch dem Anfang doch abstan. Wa.I, 83,"Anfang",28 I! Wer anttwurt, ee man froget jn Der zeigt sich selbs eyn narren syn. Wa.I, 104 Antworten",7 ’n Wer sich bedenckt noch der gedat 0 Des anslag gemeynklich kumbt zu spat. Wa.I, 288,"Bedenken",l6 . . ,e 0 Wer gibt das Dos vmb gutes vsz e I n Dem kumbt bos nyemer vsz sym husz. Wa.I, 438, Bose".75 n Der esel starb, vnd wart nie satt Der all tag nuwe herren hatt. Wa.I, 858,"ESGl".98 Wann der esel anfoht syn dantz Haltt man jn nit wol by dem schwantz. Wa.I, 869,"Esel",402 Fulkeyt sich wider went vnd far e Glich wie der angel an der thur. Wa.I, 945,"Faulheit",28 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. Was Der W e r XVI e I‘ Der Wer _ 62 - amein ist, das ist eigen ouch. Wa.I, 1544,"Gemein",l7 H e ist nit wurdig grosser schenck an die kleynen nit gedenck. Wa.I, 1589,"Geschenk",4 bedenckt all dyng by zyt I! satlet wol, ee dann er rytt. Wa.II, 173,"Gurten",3 ‘0 H vil gut hat, der hat vil frund. Wa.II, 202 Gut",363 ’H Mancher eym andern macht eyn kouff Der Wer Vnd Der tier Der Wer Der Vnd blibt, so er 28m thor vsz loufft. Wa.II, 1220,"Kaufen",74 I! leschen will eyns andern fur II brennen loszt syn eygen schur II ist gSt vff der narren lfir. Wa.III, 235,"Loschen",9 nit jm summer gabeln kan musz jm wynter mangel han. Wa.IV, 607,"Sommer",65 nit jm summer machet hew loufft jm wynter mit geschrey hat 28 samen gbunden seyl e Ruffend, das man jm hew geb feyl. Wa.IV, 608,"Sommer",78 Eyn e snacht verradt mit syner zung Das man syn ngst findt vnd die jung. Wa.IV, 672."Specht".4 Wer nit kan by der worhext ston o e Der musz den wag der torheyt gon. Wa.IV, 1762,"Wahrheit",388 -_63 - 149. Der ist eyn narr vnd grosser dor Wer eym werckma de lon gibt vor. Wa.V, 201 Werkmann",2 150. Nycanor vberschlug geryng Verkoufft das wvltoret, ee ers fyng. Wa.V, 234,"Wild",25 l. Eberth, H.H.; Sprichworter i Brants Marrenschiff; Deutsches Werden Heft 3; Greifswald, 1933. I! 2. Moll, Otto E.; Sprichworter Bibliographie; Frankfurt am Main, 1958. 3. Stammler, Wolfgang; Von der Mystik zum Barock; Stuttgart, 1950. 4. Zarncke, Friedrich; Sebastian Brants Narrenschiff, Hildesheim; 1961. ' H 5. Wander, K.F.W.; Deutsches Sprichworter- Lexikon; I - V Aalen, 1963. “WIT! L III“: 14174111111“