THEMEN, MOTIVE UND SPRACHGESTALTUNG IN GUNTER EIc-Hs H6R5I>IELEN UNTER BESONDERER BERUCKSIGHTI’GUNG AUF 55m U-NVERéFFENTLICHTES H25RSPIEI.’ “"UNTERM Bl-R'NBAUM" Thesis for the Degree of M. A. MICHIGAN STATE UNIVERSITY Rai Winzer 1964' THESIS LIBRARY Michigan State University THEMEN , IN ‘ UNTER AUF I THEMEN, MOTIVB UND SPRACHGESTALTUNG IN GUNTER EICHS HBRSPIELEN UNTER BESONDERBR BERUCKSICHTIGUNG AUP SEIN UNVERBFFENTLICHTES HBRSPIEL "UNTERM BIRNBAUM" By Rai Winzer A THESIS Submitted to Michigan State University in partial fulfillment of the requirements for the degree of MASTER OF ARTS Department of Foreign Languages 196” Im Sc} Webt C und ix kOStb. Im Schatten der Fensterachsen webt die Spinne mir nah dem Gesicht, und in der Finsternis wachsen kostbar mir Stimme und Licht. -————Gflnter Eich ii Herm Ganter liche Teilnahme an ungedruckten HBrsp Freund in Berlin/W fung der meisten h Hem Dr. George R sein Verstgndnis h Arbe it . Auf Grund vie laufend neben ande erstmckte sich dL der Auslandskorres mm Referenten am Lieben, die wShreI k.1t meinerseits , die SQP eI‘S‘te Verse VORWORT Herrn Gfinter Eich sei hier gedankt far seine person- liche Teilnahme an dieser Arbeit und far die Gabe der vier ungedruckten ngspiele. Frau Lilo Milde, einem lieben Freund in Berlin/Wilmersdorf, sei gedankt fflr die Beschaf- fung der meisten hier nicht erlangbaren Werke Biohs, und Herrn Dr. George Radimersky far die vielen Ratschlgge und sein Verstgndnis hinsichtlich des Fortschrittes dieser Arbeit. Auf Grund vieler Umstgnde musste diese Arbeit mit- laufend neben anderen Sachen bewerkstelligt werden und erstreckte sich durch Besorgung der Quellennachweise und der Auslandskorrespondenz auf eine lgngere Zeitspanne, als vom Referenten anfgnglich erwartet wurde. Allen meinen Lieben, die wahrend dieser Zeit durch Mangel an Aufmerksam- keit meinerseits, sich nioht von mir entfremdet haben, sei dieser erste Versuch gewidmet. April 196”, Midland, Michigan, USA iii EINLBITUNG INHALTSANGABE DAS HBRSPIEL UND GUIQ'TER EICH OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO. A. Das Harspiel OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO l. Eine neue Literaturgattung .............. 2. Entwicklung und Erklgrung ............... " . 3. Trager des Horspiels .................... Ganter Eich OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO l. Seine Haupthgrspielwerke ................ 2. Sein Lebenslauf ......................... 3. Bichs literarische Stellung ............. BIN UNVERgFFENTLICHTES HSRSPIEL VON GUNTER EICH: UNTERM BIRNBAUM A. B. Stimmen Anlage OOOOOOOOOOOOO0.0000000000000000000000 EICHS DARSTELLUNGSKUNST IN HAUPTTHEMEN, MOTIVEN UND SPRACHGESTALTUI‘IG 0....000......00000000000.0... A B C D E. F G H J POSSie - ngspiel Verbindung 00000000000000. Die Das Die Das Die Der Die Der SpraChe 0....0.0.0.000...OOOOOOOOOOOOOOO JenseitsweltliChe OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO. MaCht 0.00.0000...OOOOOOOOOOOOOOOO0.0... G16Ck 00.......00...OOOOOOOOOOOOOOOOOOOO zeit 0.0.0....OOOOOOOOOOOOOOOOOOOO0.0... TOd 0.0.0.0...0..OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO AngSt OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO Zweifel iv 10 15 17 17 19 22 27 27 28 86 86 88 97 ‘102 105 108 115 117 121 b ZUSAMPIEIJFASSUT‘IG 0.00.00...OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO. ANHANG LITERATURVERZBICHNIS OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO0...... A. B. . fl . Prlmare theratur oeoeoooo0.000000000000000 Sekundgre Literatur oooooeoeeoooeoooooooooo 126 129 13” 135 lul E I N L E I T U N G Der Rundfunk ist heute etwa 60 Jahre alt. Trotz seines Alters und trotz der starken Konkurrenz des Films und des Fernsehens erfreut er sich immer noch breiter Beliebtheit und hat seinen anfgnglich grossen Reiz far den Menschen bis auf den heutigen Tag noch nicht ganz verloren. Br kauft heute noch das Radio, er stellt es im Wohnzimmer auf, er baut es ins Auto, er schleppt es mit Batterien zum Strand. Far viele bedeutet das Radio Musik, Nachrichten, Zerstreuung; far andere Besinnung, Binkehr, geistige Ver- zauberung. Verzauberung ist ein Wort, das oberflgchlich gar nicht recht in das 20. Jahrhundert passt. Und doch scheint der Rundfunk einen ganz besondren Zauber im nger zu erweoken, wenn in den Abendstunden in Mitteleuropa ein "ngspiel" durch den Kther klingt. Dort bezeichnet man als ngspiel jede dramatische Sendung des Rundfunks, in der mehrere Stimmen sprechen und in die Gergusche, oft‘ auch Musikuntermalung, eingebaut sind. Bin eigenartiges Interesse am ngspiel hat sich beson- 'ders in den letzten zehn Jahren in Deutsohland entwickelt. Zehntausende von Radiohgrern folgen den Rundfunkhgrspielen einer Generation junger Dramatiker. Von Heinz Schwitzkel 1Kritiker und ngspieldirektor am Nordwestdeutschen Rundfunk in Hamburg (jetzt Norddeutscher Rundfunk genannt). haben wir Kenntnis davon, ...das ein Viertel aller Rundfunkhorer regelmgssige und aufmerksame HorSpielhorer sind. Bei einem HBr- spiel des Nordwestdeutschen Rundfunks z. B. ware also jeweils mit knapp drei Millionen Anteilnehmenden zu rechnen. Es ist uberdies festgestellt worden, dass dag Interesse am HorSpiel in den letzten Jahren standig zu steigen scheint.2 Diesen Horspielen, die im grossen ganzen etwa eine Qualitatsauswahl, eine Art Repertoire bilden, ent- Sprechen seit 19u5 vielleicht zwolf bis funfzehn- hundert gesendete, mit denen auch eine erstaunliche Zahl bis dahin unbekannter Autoren zum ersten Mal an die bffentlichkeit trat.3 Die Vorliebe zum ngspiel verdankt man nicht nur der allgemeinen ngerschaft, sondern auch der Tatsache, dass Harspiele in periodischen Sammelbgnden der deutsohlesenden Bffentlichkeit zuggnglich gemacht werden. Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges erscheint es [das Horspiel] als Literatur und ist in Buchform dem allgemeinen Leserkreis zuggnglich. Die Funkhauser Stuttgart und Hamburg, die pro Jahr etwa sechs der bedeutendsten Werke verBffentlichen, kgnnen heute (196“) vierzehn Harspielbacher mit rund 85 Spielen vorweisen. Und einige der prominenteren jungen Autoren wie Ernst Schnabel, Peter Lothar, Otto Heinrich Kuhner und Gunter Bich haben sich dazu entschlossen, ihre eigenen 2Heinz Schwitzke, "Die Chance des ngspiels", Eckart, (Eckart Verlag, Witten - Berlin; 1952), Jg.XXI, 524. Im weiteren bezeichnet als: Schwitzke, Chance. 3Heinz Schwitzke, "Das ngspiel: Form und Bedeutung", Merkur 163, (Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart; 1961), Jg.XV, Heft 9, 817. Im weiteren bezeichnet als: Schwitzke, Form. ”H. R. Boeninger, "Zur Dramaturgie des ngspiels", The German Quarterl¥, (Appleton, Wisconsin; 1956), , o. , . m weiteren bezeichnet hier als: Boeninger, Dramaturgie. H8rspie1e ohne Hilfe der Rundfunkhguser erscheinen zu lassen. Dem neuen Lesestoff widmet sich auch das deutsche Schul- wesen und steigert dadurch das gffentliche Interesse am H3rspiel. "Es [das H8rspie1] wird im Deutschunterricht der deutschen Schulen als moderne Lektfire gelesen."6 Wenn auch dem H8rspiel im Unterricht noch lange nicht die Bedeutung zukommt, die es haben musste, so zeigen doch die Verkaufserfolge der Verleger, dass es als Lesestoff sich vor allem die Oberklassen bereits erobert hat.7 Klose erteilt den deutschen Schulen Ratschlgge fiber das " . moderne Horsp1el: Wir wollen zeigen, wie das H3rspie1 zu einem wichtigen und unentbehrlichen Thema des muttersprachlichen Unterrichts gemacht werden kann.8 Und ferner meint er: Der Deutschlehrer erffillt am ngspiel die zentrale Forderung seines Fac es neu, indem er Dichtung zur Lebenshilfe werden lasst, weil im 'Zusammenspiel' von Kunstlern und Technikern hier eine Synthese versucht wird. 5Boeninger, Dramaturgie, 15k. 6Werner Klose, "Die Kunst des H3rspiels", Muttersprache, (hrsg. von Walter Hensen, Heliand Verlag; Lfineburg; 1960), Jg.LXX, Heft l, 59. Fernerhin bezeichnet als: Klose, Kunst. Kloce ist ein bekannter Verfasser zum Thema Horsp1el, der seine Erfahrungen als Deutsch- lehrer am Gymnasium sammelte. Neben einem unten er- wahn en Buch, schrieb er zumindest zehn verschiedene Aufsatze uber das HBrspiel. 7Werner Klose, Das HorSpiel im Unterricht, (Verlag Hans Bredow Institut, Hamburg; 1962), 77. Im weiteren bezeichnet als: Klose, Horspiel im Unterricht. 8Klose, H3r8piel im Unterricht, H8. 9Werner Kose, "Hospielversuche im Unterricht", Wirk- endes Wort (Padagogischer Verlag Schwann, DusseIdo rf; 1955), VI, 109. Im weiteren genannt: Klose, Horspiel- versuche. Es ist schwierig zu sagen, ob die Harspiele das viel- seitige Interesse hervorriefen, oder ob das Interesse die vielen H3rspiele erzeugte. Wahrscheinlich sind beide Fak- toren teils Ursache teils Wirkung, denn man kann nicht leugnen, dass nach obigen Indizien das H3rspie1 in Deutsch- land nun auch zu einer ungeahnten Geltung in der Literatur herangewachsen ist. In keinem Land nimmt das ngs iel - obwohl fiberall in gutem Kurs - eine so merkwurdige, zentrale Stellung innerhalb der Literatur ein wie bei uns.10 Versucht man die Wurzeln des Harspiels in der Literatur zu finden, so muss der Sachbearbeiter wenigstens bis zur Ara des Realismus, der philosophischen Lehre der Wirklichkeit, und zum Naturalismus, der Welterklgrung aus natarlichen Ursachen, zuruckkehren. Aber das ngspiel sammelte auch seine Erfahrungen im Impressionismus, wo die aneinander- reihende Bildkunst den sinnlichen Bindruck zum Symbol erhebt; im Expressionismus, wo die Vereinsamung des modernen Ichs geschildert wird; und besonders im Individualismus, we die Wfirdigung des Binzelnen als einmalige, freie Peranlichkeit von ausschlaggebender Bedeutung ist. Nachdem man in der Hitlerzeit in Deutschland die "Individualisten" zur Emigration oder zum Schweigen gezwun- gen hatte, machte sich nach dem zweiten Weltkrieg in der deutschen Bundesrepublik wieder die geistige, literarische Freiheit bemerkbar. Eine Falle von Weltdeutungen, oft unter 10Schwitzke, Form, 831. dem Einfluss von auslgndischen Strgmungen, beeinflussten nun direkt das ngspiel. Diese Einflfisse kamen in Form des Neo-realismus aus USA durch Hemingway und Faulkner, verbunden mit einer Begeisterung far Franz Kafkas Angsttraumkunst; aus England in Form eines christlichen Dichtertums, geffihrt von T. S. Eliot und Graham Greene; aus Frankreich im Modell des Existentialismus durch Sartre, Marcel, Bernanos und Ionesco. Die jfingste Literatur Westdeutschlands, die das Harspiel einbezieht und die sich einer internationalen Strgmung angesiedelt hat, versucht jetzt auf ihre Art durch Deutungs- forschungen, Antwort auf den Substanzverlust der Kriegs- und Nachkriegsjahre zu geben. Mit dieser Aufgabe der menschlichen Existenzbedeutung und der Wirklichkeit befasst sich besonders das ngSpiel. Das H3rspiel ist die grosse Ausdrucks orm auditiven Erlebens ... mehr als ein flflchtiges thergebilde ... mehr als ein Wortspiel ...ll Wghrend die Textausgaben des ngspiels immer mehr zunehmen, wird auch die literarische Kritik darfiber hau- figer. Nach Scholl war der " ... erste Entdecker des ngspiels das Publikum, der zweite der Dichter und der adritte Entdeckerder Kritiker."12 llGerhard Prager, "Poetische Existenz im ngspiel", Eckart, (Eckart Verlag, Witten - Berlin; 1960), JETXXVI, Heft 2, 160-161. Ferner hier bezeichnet als: Prager, Existenz. 12Albert Arnold Scholl, "H3rspiel als Dichtung", Eckart, (Eckart Verlag, Witten - Berlin; 1960), UgengX, Heft l, 690 6 Jedes Jahr verleiht man in Deutschland dem ngspiel unter anderen Preisen eine seltene Auszeichnung: den Preis der Kriegsblinden. Alljghrlich vereinen sich blinde nger mit erfahrenen Kritikern zu einer Jury, die den 'Preis der Kriegs- blinden' dem besten deutschen H8r8pie1 zuspricht.13 Die wissenschaftliche Fachzeitschrift "Rundfunk und Fernsehen" befasst sich eingehend mit dem Thema H3rspiel und seinen Problemen.1|+ Abhandlungen fiber das H8rspiel sind nur sehr verteilt zu finden, obgleich Dissertationen fiber die neue Kunstform allmghlich zunehmen. Dissertationen fiber die deutsche Harspielentwicklung werden neuerdings nicht nur bei uns, sondern auch in England und Kanada geschrieben.15 Man sollte auch die USA hier anffihren, wo die vor- liegende Arbeit bewerkstelligt wurde.16 Auf der Suche bei deutschen Verlegern nach alteren Werken Gflnter Eichs, wurde ein an die Verlagsbuchhandlung Schauer gerichteter Brief 13Werner Klose, "Das HarSpiel", Deutschunterricht, (Verlag Ernst Klett, Stuttgart; 1958), Jg.X, Heft 3, Seite 70. Im weiteren beZeichnet als: Klose, Harspiel. 1“Es ist eine Vierteljahreszeitschrift, hera sgegeben vom Hans Bredow Institute an der Universitat Hamburg far Rundfunk und Fernsehen. Dort wird die stark verstreute HBrSpielliteratur gesammelt. Die Ober- aufsicht hat Dipl.-Bibliothekarin Marlies Hesse. 15Schwitzke, Form, 831. 16Auch: Gretl Mayer "Der Gebrauch von Irrealem und Irrationalem imH_ spiel unter‘besonderer BerficE- siEfitigung der HBrspiele von‘Gunter EicHV:SIMagister— arbeit, Michigan State University, Lansing, Michigan, USA; 1953), ca.100 Seiten. von dort dem Autor direkt Hbermittelt. Jener Brief wurde vom Schriftsteller durch Randbemerkungen persgnlich beant- wortet und dem Referenten zurfickgesandt. (Siehe Anhang.) Aus dieser Verbindung entspann sich weitere Korre- Spondenz, die dann besonders zur greifbaren Arbeit beitrug. Dem persgnlichen Kontakt mit Ganter Eich verdankt der Sachbearbeiter wertvolle, unvergffentlichte Manuskripte, die ihm vom Autor zum Geschenk gemacht wurden. (Siehe Literatur- verzeichnis.) Der Referent dieser Arbeit hat es sich nun neben der Anfflhrung eines jener Manuskripte, zur Aufgabe gemacht, an Hand einiger Leitmotive darauf hinzuweisen, dass Ganter Eich unter vielen ngspielautoren einer der grossen Meister des deutschsprachigen Harspiels ist. Eine Generaldefinition vorzunehmen, ist auf Grund der relativ kurzen Existenz des dichterischen ngspiels ver- frflht und deshalb auch verstgndlich schwierig. Noch immer ist das ngspiel ein Versuchsfeld ihrer [der Autoren] Imagination und Sprachkraft, eine offene Gattung, die niemand genau definieren kann und will.17 - 17Klose, ngspiel im Unterricht, 97. DAS HbRSPIEL UND GUNTER EICH A Das H3rspiel l Eine neue Literaturgattung Trotz der Schwierigkeit einer Definition kann nicht verleugnet werden, dass im H3rspie1 eine neue Gattung vor- liegt, eine 323 poetica, und zugleich eine der seltsamsten Literaturformen der Gegenwart. Man wird gattungsbewusster. Vielleicht deshalb auch das auffallige theoretische Interesse am H3r5pie1, fur das es gerade in jungster Zeit so viele Zeichen .gibt.13 Das Sachw3rterbuch bestimmt begrifflich das H3rspiel als "eine neue dramatische Literaturgattung, die seit der Erfin- dung des Rundfunks entstanden ist".19 Dieses neue Genre poetischer Ausdrucksm3g1ichkeit durch dramatische und epische Techniken wird auch von Schwitzke eine "eminent moderne Kunstgattung" genannt.20 l8Dieter Wellershoff, "Bemerkunge zum H3rspie1", Akzente, (Carl Hanser Verlag, Munchen; 1961), Jg. VIII—‘332. Fernerhin hier bezeichnet als: Wellershoff, Bemerkungen. 19Gero von Wilpert, Sachw3rterbuch der Literatur, (Alfred Kroner Verlag, Stuttgarf;1961), 2H1. 20Schwitzke, Form, 819. Als neues dramatische Dokument beeinflusst das H3r- spiel selbst das traditionelle, und in Deutschland so be- liebte Theater. Der Vorwurf, das H3rspiel sei K3mmerform des B3hnenspiels, kann nicht gut an Hand der folgenden Anzeichen geltend gemacht werden: Von vielen kaum beachtet antwortet seit wenigen Jahren auf die Frage, wo das deutsche Zeittheater sei, das H3rspie1 als neue dramatische Form.21 Und Schwitzke meint, dass ...das k3nstlerische und geistige Niveau des H3rspiels weit 3ber dem Durchschnittsniveau des Films und im ganzen vielleicht sogar 3ber dem Durchschnittsniveau unser heutigen Theaterplgne liegt.2 Als j3ngster Zweig der modernen deutschen Literatur hat das H3rspiel seine eigenen Gesetzmgssigkeiten gefunden und besonders die der Unabhgngigkeit von Zeit und Raum durch das Akustische. Die meisten Theoretiker des H3rspiels sind mit Heinz Schwitzke der Ansicht, das dichterische Wort habe 21Werner Klose, "Zur H3rspieldichtun Gunter Eichs", Wirkendes Wort, (Verlag Schwann, Dusseldorf; 1957), VII, Heft 3,162. Fernerhin: Klose, H3rspie1dichtung. Siehe auch die folgenden 3 Arbeiten: Schwitzke, Form, 817. Werner Klose, "Zeitkritik am Mikrophon" (Neue H3r- s iele seit 1958), Wirkendes Wort, (Verlag Schwann, Dusseldorf; 1961), Jg.VI, 371. Im weiteren bezeich- net als: Klose, Zeitkritik. Hans Egon Holthusen, Der unbehauste Mensch (Motive und Probleme der modernen Literatur), (Verlag R. Piper und Co., M3nchen; 1955), 31%. Hier weiterhin bezeich- net als: Holthusen, Der unbehauste Mensch. 22Schwitzke, Chance, #27. 10 durch die Beschrgnkung auf das rein akustische Medium eine neue Autonomie gewonnen.23 Das literarische H3rspiel hat seinen Hert in sich selbst und ist mit den Begriffen der Poetik nicht mehr zu beschreiben. Es bedient sich der Gattungen und schafft sich zugleich eine eigene Form.2” Das H3rspiel ist das eigengesetzliche Wortkunstwerk des Rundfunks. Es ist an sich zwar eine etwas seltsame neue Kunstform, die Sprachlich und klanglich nur ein Nach- einander kennt, ein akustisches Miteinander, aber kein raumgebundenes Nebeneinander. Diese Form ist deshalb an keinen Schauplatz gebunden. Erwin Wickert sagt dazu: "Die Handlung des H3rspiels spielt auf einer inneren B3hne",25 und sie kann ...den Menschen in einem entscheidenden, existentiellen Augenblick zeigen, diesen Augenblick in eine reale oder irreale Handlung ausweiten, die fast das ganze H3rspie1 erf311té um dann wieder zum Ausgangspunkt zuruckzukehren.2 2 Entwicklung und Erklgrung O O C O " O O O Trotz v1eler Schw1er1gke1ten des Horspiels, Wle seine 23Hans Paeschke, "H3rspie1-Gedanken" (Marginalien), Merkur (166), (Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart; , g.XV, Heft 12, 1209. 2“Klose, Kunst, 59. 25Erwin Wickert, "Die innere B3hne", Akzente, (Carl Hanser Verlag, M3nchen; 195k), Jg.I, 505-51”. 26zitiert nach: Albert Arnold Scholl "Unsichtbares bet3rendes Spiel", Jahresring 58/59, (Deutsche Verlags—Anstalt, Stuttgart; 1958), 355. Im weiteren bezeichnet als: Scholl, Spiel. 11 F13chtigkeit, die Beanspruchung Susserster Konzentration des H3rers, das Problem der Stimmenidentifizierung u.a., erlangte das H3rspiel besonders in Deutschland durch ausge- zeichnete Inszenierung im Laufe von 3ber dreissig Jahren eine verhaltnismgssig rasche Entwicklung. Das erste Rundfunkh3rspie1 3berhaupt wurde 192” am ' Londoner Rundfunk gegeben. Es war Richard Hughes "A Comedy of Danger". Am 21. Juli 1925 wurde vom Breslauer Sender das erste deutsche H3rspie1 Rolf Gunolds "Spuk" 3ber- tragen.27 Und als erster deutscher H3rspie1erfolg gilt das vom M3nchener Rundfunk 1929 gesendete Werk "Brigadevermitt- lung" von Ernst Johannsen.28 Nach Schwitzke sind in der Entwicklung des H3rspiels zwei bedeutende H3hepunkte zu verzeichnen: einer zwischen 1928 ~ 1935 unter Eduart Reinmacher, und ein andrer, der etwa 1950 begann, angek3ndigt durch Borcherts "Draussen vor der T3r" und zur B13tezeit gebracht durch G3nter Eichs "Tr3ume", die zum ersten Mal im April 1951 vom NWDR Hamburg gesendet wurden.29 Versucht man das Wort H3rspie1 223.52 zu deuten, so ergibt sich sinngemgss, dass es ein 'Spiel f3r das 0hr 27Angaben entnommen: Klose, H3rspie1 im Unterricht, 16. 28Angaben entnommen: Heinz Schwitzke, "Sprich damit ich dich sehe" (EinnBericht 3ber eine junge Kunstform, Paul List Verlag, Munchen; 1961), 13. Hier im wei- teren bezeichnet als: Schwitzke, Sprich. 29Angaben entnommen: Schwitzke, Form, 816. 12 oder das Geh3r' ist. Um geh3rt zu werden, m3ssen aber Laute vorhanden sein, und so ist das H3r5pie1 "schon spezieller ein Spiel f3r Stimmen genannt worden..."30 Heinz Schwitzke weist darauf hin, dass das Wort H3rspie1 zuerst von Nietzsche gebraucht wurde. Da sprang Zarathustra auf seine H3hle zu, und siehe! wglches Schauspiel erwartete ihn erst nach diesem Horsp1ele.31 Die Auffassung der Sgghg_H3rspiel, wie man sie heutzu- tage bezeichnet, begann in den zwanziger Jahren, in denen der deutsche Rundfunk heranwuchs. Der Name war ein neuer Begriff in einer stets zunehmenden Anzahl neuer fachver- wandter Ausdr3cke wie: H3rer, H3rerin, H3rwerk, H3rbericht, H3rbild, H3rfolge, H3rerw3nsche, H3rermeinung, H3rermeinungs- forschung, H3rfunk (im Gegensatz zum Fernsehen), 3: £1. Und so entstand mit der Entstehung des Rundfunks eben- falls die dramatisch-literarische Gattung, die sich dadurch auszeichnet, dass das Optische vollkommen wegfgllt und das rein Akustische zur 3bermittlung bleibt. An Stelle der Illusion des Optischen tritt die Suggestion des Akustischen. Durch Wort und Klang wird die Illusion des unmittelbaren Miterlebens bewirkt. 'Das menschliche Auge kann nicht unter- st3tzen, aber auch nicht ablenken. Das H3r3pie1 ist somit fast ausschliesslich auf den Dialog angewiesen. Abgesehen 30Wellershoff, Bemerkungen, 399. 31Friedrich Nietzsche, "Die Begr3ssung" in "Alfio sprach Zarathustra" in Nietzschee Werke. Alfred Kroner Verlag (Leipzig; 1910), Band I, H. Teil, #05. 13 von Monologszenen, Ger3uschen und begleitender Musik, leistet der Dialog, oder das Wort im Dialog, alles. In diesem Sprechspiel formuliert die Kraft des Wortes ein Wortkunstwerk, das mit technischen Errungenschaften durch das 0hr des H3rers in die menschliche Seele dringt. Das H3rspiel ist im Grunde also nur Wort. Alle Zutaten sind dem Wort untertan. "Der H3rer vernimmt nur Stimmen und ver- steht nur, wenn er das Wort versteht."32 Deshalb ist eine Szene mit vielen Gespr3chspartnern kaum h3rspielgem3ss. Wer eine zeitlan nicht zu Worte kommt, 13st sich in nichts auf.3 Aus diesem Grunde und dem der Konzentration des Zuh3rers ist die Dauer eines H3rspiels nicht auf viel l3nger als eine halbe Stunde gesetzt, d.h., ein normales H3rspiel be13uft sich auf etwa 35 Seiten, ein kurzes vielleicht auf 25, ein langes auf rund H5 Seiten. Die ununterbrochene Darbietung liefert einen schnellen Szenenwechsel, der fast immer von Ger3uschen, Blenden, Br3cken, Pausen und Musik verflochten ist, und die geschickt als Ausdrucks- bzw. Ein- drucksmittel operieren. Hierbei Versteht man unter Blenden das Auf-, Ab-, Ein-, R3ck-, und 3berblenden der Ereignisse; unter Br3cken, die 3berleitungen ohne Verlust der Konzentrie- rung auf das Spiel. Durch seinen unmittelbaren, pers3nlichen Ausdruck " O O O O wendet das Horspiel s1ch an den E1nze1nen und an se1ne 32Klose, Kunst, 59. 33Wellershoff, Bemerkungen, 338. 1M Einbildungs— und Vorstellungskraft. Das A-Visuelle wird durch das Imagin3re ersetzt und die 'innere Stimme' des H3rers erweckt. Durch die Magie des Nur-H3rbaren vollzieht sich die Handlung im Innern des Menschen und nur seine Phantasie stellt den wahren Spielraum des Geschehens dar. Das H3rspiel 3berspringt Zeit und Raum. Die Einheiten nehmen neue Dimensionen an; Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft verschmelzen ineinander. "...die Dramaturgie des H3rspiels, gipfelnd in der Kunst der Blende, beruht letzt— 1ich auf diesem neuen Verh31tnis des Menschen zu Raum und Zeit."3u Die Deutungsversuche erstrecken das Bet3tigungsfeld des H3rspiels 3ber die gesamte Situation des heutigen Menschen. Als Tr3ger der ganzen menschlichen Substanz betrachtet das Spiel in spezifischer Kleindarstellung Ereignisse und seelische Zust3nde, und schildert die N3he zur Gegenwart als ein zeitkritisches Problem. "Zur Erkennt- nis der Seele unserer Zeit bietet das H3rspiel eines der aufschlussreichsten literarischen Dokumente."35 Die Darstellung aktueller Probleme in kurzen Z3gen des Wesentlichen ist meist mit einer phantastischen Unbegrenzt- heit von Tr3umen, Visionen, vom H3rbarmachen innerer Stimmen, oder Stimmen von Verstorbenen und Tieren, verwoben. 3L‘Klose, H3rspie1 im Unterricht, 15. 35Boeninger, Dramaturgie, 159. 15 Das H3rspiel hat thematisch keine Grenzen, es kann Traum- spiel, Legende, Reportage sein, Fabel, Parabel, Kom3die oder auch Trag3die. Es steht allen M3g1ichkeiten des dich- terischen Ausdrucks offen. Es kann dramatisch, episch, oder auch lyrisch sein. Die besten H3rspiele sind aber unverkennbar lyrisch, und deshalb kann man die Affinit3t der Lyriker zum H3rspie1 verstehen. 3 Die Tr3ger des H3rspiels Fragt man sich, wer die eigentlichen Baumeister oder Tr3ger dieses neuen Genres sind, so muss festgestellt werden, dass eine Liste von rund 25 Schriftstellern erw3hnt werden kann; denn sie alle haben erheblichen Beitrag zur neuen Kunstform geliefert. Die meisten von ihnen k3nnen ihre Erfahrungen zu den dreissiger Jahren zur3ckdatieren. Gerade sehr junge Autoren, deren Lebensgef3hl dem unserer Jungen und M3dchen sehr nahesteht, beginnen als Dramatiker heute bevorzugt mit Horspielversuchen. 36 Eine rein subjektive Auswahl dieser deutschsprachigen Autoren, die die wichtigsten und bedeutendsten H3rspiel- publikationen verzeichnen k3nnen, sei hier kurz aufge- .f3hrt:37 36Klose, H3rspielversuche, 106. 37Der Referent verb3rgt sich weder f3r die Qualit3t der hier angegebenen H3r3pie1e, noch f3r alle andereB, der von diesen Autoren veroffentlichten H3rspie1e. ber die in der Liste nicht e w3hnten H3rspielverfasser sei keinerlei Urteil gefallt. 10 11 12 13 1a 15 15 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 16 Leopold Ahlsen* (Philemon und_Baukis) Ilse Aichinger (Kn3pfe) Alfred Andersch (Fahrerflucht) Ingeborg Bachmann* (233 ggtg_§2££_!22 Manhatten) Josef Martin Bauer (Dig 3933.3. 322 Oberwasser) Walter Bauer (Dig Grenze) Richard Billinger (§3231_§223.§23); 3STERREICH Heinrich B311 (Klopfzeichen) Wolfgang Borchert (Draussen vor der T3r) Friedrich D3rrenmatt* (Die Panne); SCHWEIZ [G3nter Eich]* (Tr3ume, Sammelband) Max Frisch (H333 Biedermann 2. g, Brandstifter); SCHWEIZ Franz Hiese1* (ABE giggm Maulwurfsh3gel) Wolfgang Hildesheimer* (Prinzessin Turandot) Peter Hirsche (Qig_Heimkehr) Fred von Hoerschelmann (Dig verschlossene 233) Walter Jens (Ahasver) Otto Heinrich K3hner (Dig 3bungspatrone) Siegfried Lenz (Das sch3nste Fest der Welt) Peter Lotar (23s 3323 deg Menschen) Joachim Maas (Schwarzer £3231) . Benno Meyer-Wehlack* (Rig Versuchung) Ernst Schnabel (322.223 gig morgen) Dieter Wellershoff* (223 Minotaurus) Erwin Wickert* (Darfst du die Stunde rufen?) Heinz-Oskar Wuttig* (Nachtstreife) * wurden mit dem H3rspielpreis der Kriegsblinden(1951-60) ausgezeichnet. 17 Das ist eine beachtliche Anzahl von H3rspieldichtern. Durch den angeffihrten fiberblick gewinnt man ein besseres Verstgndnis fur das Urteil einer neuen Literaturgattung. Wie ersichtlich erhielt auch der Lyriker Gfinter Eich den Preis der Kriegsblinden. Dass er einer der wirklich hervor- ragenden Meister dieser neuen Kunst ist, wird jetzt vom Referenten behauptet und 5011 an Hand der folgenden Be- trachtungen, eines H3rspiels und definitiver Diskussionspunkte auf den verbleibenden Blgttern Gegenstand dieser Untersuchung sein. B Gfinter Rich 1 Seine Haupthgrspielwerke Die bekanntesten und beliebtesten H3rspiele Ganter Eichs sind in den zwei Sammelbgnden "TRKUME"33 und "STIMMEN"3g enthalten. TRmmfl3(1953) enthglt vier magische und vieldeutige Spiele. Das erste Spiel Geh nicht nach El Kuwehd, eine dramatische Bildfolge vom "DOppeltod eines arabischen Kauf— .mannes"; das zweite Der Tiger Jussuf, ein Phantasiegebilde 3863nter Eich, Tr3ume, (Suhrkamp Verlag, Berlin und Frankfurt am Main;"1953). Im weiteren hier bezeich- net als: Eich, Traume. 3963nter Eich, Stimmen, (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main; 1958). Fernerhin hier bezeichnet als: Eich, Stimmen. 18 eines menschlichen Tigers oder eines tigerhaften Menschen; das dritte Sabeth, die zauberhafte Gestalt eines sprach- begabten Rabens, der mit seinen Kumpanen far eine gewisse Zeit auf einem einsamen Bauerngehgft sich ansiedelt; und das vierte, wahrscheinlich das technisch vollendetste H3r- spiel und das berfihmtste von Bichs H3rspielen Tr3ume (1951), eine Gruppierung von fanf verschiedenen Angstvisionen unserer Zeit, getraumt von Flachtlingen in einem eingesperrten Eisenbahnwaggon; von einer chinesischen Frau, deren Kinde geschlachtet wird;getr3umt von einem Automechaniker in Australien, der sich und seine Familie von einem unfgrmigen Wesen verfolgt ffihlt; von einem Moskauer Kartenzeichner 3ber den Verlust des Gedgchtnis; und schliesslich der letzte Traum einer Neu Yorker Familie, die der Meinung ist, ihre Grosstadt sei von Termiten vgllig ausgehghlt. STIMMEN enthglt die folgenden Horspiele: Die Andere und ich, ein Spiel vom "eigenem" Leid im Mit- menschen; Allah hat hundert Namen, eine marchenhafte Dar- stellung in der sich ein Hausmeister der agyptischen Botschaft in Damaskus auf die Suche nach den hundertsten Namen Allahs macht; Das Jahr Lazertis, ebenfalls ein suchendes 'Traumspiel, nach einem ganz bestimmten "unbestimmten" Wort. Ferner Die M3dchen aus Viterbo, ein Spiel zweier gegenfiber- geStellter Handlungen, die sich mit der letzten Judenver- fOlgung in Deutschland befassen; Zinngeschrei, ein Spiel des Misstrauens der Macht des Sozialismus und des Kapitalismus; 19 Festianus,gM5rtyrer, eine interessante theologische Frage nach der Barmherzigkeit far die Verdammten; und schliess- lich Die Brandung vor Setubal, wieder ein Traum der Suche, diesmal getrgumt von einer portugiesischen Frau auf der Suche nach ihrem toten Gatten, dem Dichter Luiz Vaz de Camoes. 2 Sein Lebenslauf Das ewige Suchen scheint ein Symbol seines eigenen Lebens zu sein. Ganter Eichs Lebenslauf beginnt am 1. Februar 1907 in Lebus an der Oder."° Er wuchs in der Mark Brandenburg auf, ging in Finster- walde, Berlin und Leipzig zur Schule. In Leipzig, Dresden, Berlin und Paris studierte er Rechtswissenschaft und ein merkwfirdiges Fach Sinologie, orientalische Sprachen. 1927 veroffentlichte er seine ersten Gedichte unter dem Pseudonym Erich Gunter in einer Zeitschrift Anthologie jungster Lyrik.“1 1929 schrieb er sein erstes H3r5piel, 1930 erschein uoSelbst ein knappes curriculum vitae 3ber Eich zu gehen, bietet erhebliche Schwierigkeiten, besonders fur den auslandischen Referenten. Nur sehr weniges liegt vor, da Bich nie sein privates Leben kommen- tierte. Sorgfaltige Stackelarbeit ergab das folgende Bild uber sein Leben. ”lBrich Gfinter [Ganter Eich], "Gedichte", Anthologie jungster Lyrik, (hrsg. von Willi R. Fehse und Klaus Mann, Geleitwort Stefan Zweig; Hamburg; 1921; 30- 37. 20 sein erstes Buch "Gedichtem‘l2 und 1932 vergffentlichte er ”3 Seit 1932 abermals Gedichte in Neue lyrische Anthologie. war er freier Schriftsteller und_gab auch einige Novellen heraus. 1939 wurde er bei Ausbruch des Krieges Soldat, kam in amerikanische Kriegsgefangenschaft und wurde 1996 entlassen. Im letzten Kriegsjahr schrieb er kurze Gedichte in den La- gern Remagen und Sinzig; besonders ein Zyklus genannt ”Ge- fangenschaft". Nach seiner Entlassung lebte er in Geisen- hausen, Niederbayern. Ganter Eich, #6, verheiratete sich 1953 mit der aster- reicherin Ilse Aichinger, 32.nu Seine Gemahlin ist eine mehrfach preisgekrgnte, wienerische Dichterin und beide sind Angehgrige des "Freundschaftbundes" von Schriftstellern “zGanter Eich, Gedichte von Ganter Eich, (Verlag Wolfgang Jess, Dresden; 1930), 7—23. Bin mir ge- schenktes Manuskript von ihm enthalt die 15 Gedichte dieser Sammlung. "3Gfinter Eich, "Gedichte", Neue lyrische Antholo ie, (hrsg. von Martin Raschke, Dresden; 1932), 21- . In meinem Besitz sind 5 Gedichte von dieser Kollektion. nuEs ist verstgndlich, dass Eich Sympathien in Aichinger findet. Man vergleiche den Inhalt dieser Arbeit mit dem Hinweis durch: Franz Lennartz, Deutsche Dichter und Schriftsteller unserer Zeit, (Alfred’Kroner Verlag, Stuttgart; 1959), Seite 3: "In klarer prggnanter Sprache dringt sie [Bichs Gattin] in die Bereiche des Mythischen, Traumhaften ung Grotesken vor, zu einer symbolhaft verdichteten hoheren Wirklichkeit, ohne sich an sur- realistischen Phantasmagorien zu verlieren." Dieses Werk hier weiterhin genannt: Lennartz, Dichter. 21 genannt "Gruppe 1+7".us Seit dem zweiten Weltkrieg hat Eich, von einigen Kurzgeschichten abgesehen, nur Gedichte und H3rspie1e ver- 8ffent1icht. Durch seine am 19. April 1951 im NWDR Hamburg erstmalig stattgefundene Sendung der "Tr3ume", setzt man heute allgemein die Geburtsstunde des deutschen H3rspiels an. Insofern darf man das Datum der ersten Sendung von Ganter Eichs "Tr3umen" im April 1951 im NWDR Hamburg als die eigentliche Geburtsstunde des H3rspiels ansprechen.”6 1955 unternahm Bich eine Portugalreise, die zum Erfolg des H8r3piele "Die letzten Tage von Lissabon" und "Die Brandung vor Setubal" beitrug. Ganter Eich wurde mehrmals mit Preisen ausgezeichnet: 1950 erhielt er den Preis der Gruppe #7, 1951 den Literaturpreis der Bayrischen Akademie der Schgnen Kanste, ”5fiber diese Gruppe von Autoren sagt Time, (hrsg. von Roy Alexander, New York City, 1963, V I. LXXXI, No. 1, 69-71: ...a maverick literary movement known as Group #7, who have persistently gone on trying to probe beneath the surface prosperity to the uneasy past. [They view]...today's Germany as the dangerous and corrupt legacy of yesterday. What they resemble is a kind of Self-elected national conscience for Germany. Eloquently, angrily, they argue that the destruction of individual character (and of nations) begins with the tiniest indifference, the smallest act of cowardice, the most microsc0pic compromise. l‘5Heinz Schwitzke, Nachwert zu: Gunter Eich: Zinn e- schrei, (Verlag Hans Bredow-Institut, Hamburg; $958), 35. Dieses Werk im weiteren bezeichnet als: Bich, Zinngeschrei. 1952 195” 1959 1960 Ort, 22 far das Horspiel "Die Andere und ich" den H3rspiel- preis der Kriegsblinden, den Literaturpreis des Kulturkreises im Bundesverband der deutschen Industrie, den Georg-Bachner-Preis der deutschen Akademie far Sprache und Dichtung, und far die "M3dchen aus Viterbo" (Horspiel) den Schleuss- ner-Schaller-Preis des Hessischen Rundfunks. Eich lebt momentan in Sfiddeutschland, in einem kleinen "in meinem Dorf'm7 wie er ihn selbst bezeichnet. 3 Eichs literarische Stellung Gfinter Eich ist trotz der vielen Auszeichnungen eine bescheidene, zurackgezogene Persgnlichkeit. Es erubrigt sich, noch besonders auf Gunter Eich hinzuweisen, der schon als 'Klassiker' oder 'Alt- meister' des deutschen Horspiels gilt, sowenig er sich selbst fig solchen Wurden gedrangt hat. [Meine Hervor- hebung] " O O 0 ...er aussert Slch zu theoretischen Fragen se1ner "7Gfinter Eich, Persgnliche Korrespondenz mit dem Refe- renten, (1963); Siehe Anhang. Seine vollstandige Adresse lautet: Gunter Eich Lenggries/Oberbayern Lindenweg 12 Westdeutschland u8xlose, Zeitkritik, 353. 23 Arbeit kaum.ug Er...kommentierte sein Werk selten, sein privates Leben nie.5 Persgnlich teilte Eich dem Bearbeiter mit: "...aber viel kann ich zu meinen Sachen nicht sagen und ebenso wenig fiber Aufsgtze dariiber."51 Vielleicht gerade durch diese Bescheidenheit ist er bei der international intellektuellen Welt noch nicht zu der Geltung gelangt, die ihm zweifellos gebfirt; denn "Eich ist der erste Autor dessen literarische Geltung hauptsfich— lich auf seinen H3rspie1werken basiert."52 "Verdienstvoll ist sein Bemahen um die Entwicklung des‘H'orspiels."53 ...das Gesamtwerk diesefi Autors [Eichs] ist seit vielen Jahren auf das Horspiel gestellt. "Es ist "seine" Form geworden, und das deutsche Horspiel ver- dankt Eich den Durchbruch zur Literatur, zur Dichtung. 5” ...die Plastizitat vieler Details, die souverane Beherrschung der horspieldramaturgischen Technik, die genaue Kenntnis der formalen Mo lichkeiten des Horspiels weisen ihn [Eich] als befahigten Autor ”QWerner Klose, "Neues vom Horspiel", Wirkendes Wort, (Verlag Schwann, Dusseldorf; 1959), Jg. IX, Heft 3, 178. Im weiteren bezeichnet als: Klose, Neues. 50K1ose, Horspiel im Unterricht, 100. 51Giinter Eich, Persgnliche Korrespondenz mit dem Refe- renten (1963); Siehe Anhang. 52Heinz Schwitzke: Nachwort zu Ganter Eich, Zinn- geschrei, 39. 53Wilhelm Grenzmann, Deutsche Dichtungder Gegenwart, (Hans F. Menck Verlag, Frankfurt/Main; 19657: #39. 5“Klose, Neues, 176. 29 dieses Genres aus.55 In orientierten Kreisen des Rundfunks und der Literatur gilt Ganter Eich als die angesehenste und beliebteste H3r- Spielkapazitgt, denn sein Verdienst ist das dichterische Horspiel. Man nennt seine Spiele dichterische H3rspiele, "weil sie sich von der Konsumware abheben wie Echtes von Gablonz". 55 Karl Korn nennt Eich "unseren bedeutendsten H3rspielautor" und meint: Auch radiofremde Leute werden nach Gunter Eichs 'Stimmen' das Horspiel kunftig nichtmehr aus den Kreis der Literatur auslassen konnen.S7 Es ist klar, dass solche Macht nicht von Durchschnitts- poeten ausgeht... Die Suggestivkraft des gesprochenen Wortes, auf der das H3rspiel einzig und allein beruht, beherrscht Eich so genial, das seine in dieser Arbeit erwghnten Horspiele als die besten und populgrsten gelten. Es sind keine Dramen, er bezeichnet sie selbst als "Spiele". Seine Handlung ist 55Wolfgang Rgdel, "Zwei H3rspiele" (I. Teil), Weimarer Beitrage, (Arion Verlag, Weimar, 1961), Jg. VII, Heft h, 769. Fernerhin bezeichnet als: Rode1,Zwei Horspiele (I). 56Gi'mther Oliass, "Eich oder die Idyllen der Angst", Deutsche Rundschau, (Verlag Deutsche Rundschau, Baden- Baden, 1958), Jg.III, 280. Im weiteren hier genannt: Oliass, Eich. 57Giinter Eich, Botschaften des Regens, (Umschlagbe- schriftung von Karl Korn), (Suhrkamp Verlag, Frank- furt/Main; 1955), Umschlagseite. Im weiteren bezeichnet als: Eich, Botschaften. 58Curt Hohoff, "Wirklichkeit und Traum im deutschen Gedicht"(I. Teil), Merkur (101), (Deutsche Verlags- anstalt, Stuttgart, 1956), Jg.X, Heft 7, 719. Ferner hier bezeichnet als: Hohoff, Wirklichkeit. 25 der Traum, seine Absicht die Wirkung, seine Botschaft das Begreifen. Eichs Botschaft in seinem ...Spiel der Beziehungen und Vertauschungen lehrt seine Figuren begreifen und akzeptieren, dass sinn- volles Leben nur in Korrespondenz zu fremden Leben und fremden Leiden moglich ist, bis zur Konsequenz der Stellvertretung.s Gfinter Eich, interessiert an dem, was hinter den Menschen und den Dingen liegt, ermahnt uns, dieses Leben nicht far "voll" zunehmen. Die Bilder der Zerstgrbarkeit und Veranderlichkeit zeigen Eich nicht als einen sesshaften, sondern als einen mahnenden, beunruhigten Autor.60 Eichs hervorragend dramaturgisches Talent entspricht seinem empfindsamen Geist, und eine derartige Komposition ist nur schwer aus der Fahrung zu drangen. "Unter den Jungen ist keiner der es mit Eich an inneren Gehalt auf- "51 "Gunter Eich ist der welthaltigste unter nehmen kannte. den Lyrikern der Gegenwart."62 Und Lennartz nennt ihn "den 'Klassiker' des H3rspiels".63 59Reinhart Baumgart, "Geisterreich der Stimmen", Neue deutsche Hefte, (Siegbert Mohn Verlag, Guterslofi?_— 1959), Heft 57, 71. 60Klose, H3rspie1 im Unterricht, 109. 51Hohoff, Wirklichkeit, 715. 52K. A. Horst, Die deutsche Literatur der Gegenwart, (Nymphenburger Verlagsbuchhandlung, Munchen; 1957),152. 63GHnter Hahn, "Das H3rspie1 im Deutschunterricht", Der Deutschunterricht, (Verlag Ernst Klett, Stutt- gart; 1958), Jg.X, Heft 3, 7S. Ferner bezeichnet als: Hahn, H8rspiel. 26 Man beginnt allmghlich zu erkennen, dass Eich ein Meister seines Faches ist, und verstgrkt diese Annahme an Hand der folgenden Aussagen: Der unbestrittene Protagonist unter den deutschen Hor— spielautoren ist der Lyriker Gunter Eich.5” Besonders seinen Funk-Werken seit dem zweiten Welt- krieg, die wesentlich zur Geltung des H3rspiels als eines selbstandigen Kunstwerkes beigetragen haben, verdankt Eich heute den Ruf der starksten dichterischen Potenz auf dem Gebiete der deutschen Horspieldichtung.55 Unsere Primaner begannen mit kleinen Horszenen aus Gfinter Eichs "Traumen" , weil dieser Autor als Meister '[Meine Hervorhebung] des deutschen Horspiels...kraft seiner Sprache eine nachhaltige Wirkung erlaubt. Das Meisterhafte in Eich zu bewerten, soll nun far einige Seiten ausschliesslich Aufgabe des Lesers werden, sodass er die spater folgenden Bemerkungen 3ber die Leit- motive besser erfassen kann. Diese Bewertung soll sich auf ein hier angeffihrtes, unvergffentlichtes Horspiel Eichs erstrecken.67 Jedoch soll es nicht Gegenstand dieser Unter- suchung sein, "Unterm Birnbaum" zu sezieren, sondern eher Eindruck und Wirkung zu hinterlassen, besonders ffir nach- trggliche Diskussion. 5”Holthusen, Der unbehauste Mensch, 315. 65Lennartz, Dichter, 177. 66Klose, HBrspielversuche, 108. 67Ganter Eich, Unterm Birnbaum, (unveroffentlichtes H8rspiel nach der Erzahlung von Theodor Fontane mit ,gleichem Titel. Bearbeitung des Horspiels erfolgt mit Genehmigung des Urhebers. Vergleiche: Theodor Fontane "Unterm Birnbaum" in Theodor Fontane (Werke), (Manchen, 1955), Band I, 718— 816. U N T E R M B I R N B A U M BIN UNVERDFFENTLICHTES HDRSPIEL VON GfiNTER BICH A Stimmen Hradscheok Szulski Kunicke Quaas Mietzel Geelhaar Jakob " Totengraber Ursula Die alte Jeschke Frau Mietzel Male Bditha 27 Gasthofbesitzer Gast Nachbar I! N Gendarm Hausknecht Hradschecks Frau Nachbarin Bauerin Kochin Hradsohecks Bekannte Justizrat: Kunicke: Justizrat: Kunicke: Justizrat: Kunicke: Justizrat: Kunicke: Justizrat: Kunicke: Justizrat: Kunicke: Justizrat: 28 B Anlage (Innenraum) Es war der 28.November 1831. Ein Mittwoch, Herr Justizrat. Und der Reisende war kurz vorher angekommen? Ich wohne gegenfiber und sah, wie der Einspgnner vorm Gasthof hielt. Es war ein Dreckswetter, nasskalt, und der Wind wehte scharf von der Oder her. Es war schon dunkel? Ja, aber durch Hradschecks Ladentfir f311t immer ein bisschen Licht auf die Strasse. Es war so um sieben herum. Und dann ging Herr Szulski ins Haus? Ja, und der Hausknecht brachte den Wagen in die Remise. Und spater waren Sie selber im Gasthaus drfiben, Herr Kunicke? Bei uns ist es ein Ereignis, wenn jemand kommt, und Herrn Szulski kennen wir ja alle schon, der kommt jedes Jahr. Wie heisst die Firma, die er vertritt? Olszewski, Goldsohmidt und Sohn in Krakau, die Weinhandlung. Wer war ausser Ihnen an diesem Abend im Gasthof? Kunicke: Justizrat: Kunicke: Justizrat: Kunioke: Justizrat: Kunicke: Justizrat: Kunicke: Justizrat: Kunioke: Justizrat: Kunicke: 29 Ausser mir waren noch Muller Quaas da, Mietzel und Orth. Und Szulski. Ja, Szulski und Hradscheck. Frau Hradscheck war nicht da? Frau Hradsoheck ist nie in der Gaststube. Das macht alles ihr Mann. Man sagt, es sei ziemlich viel getrunken worden an diesem Abend? Viel schon, Herr Justizrat, aber auch nicht fibermgssig viel. Wir haben bei Hradsoheck schon after eine ganze Menge getrunken, ohne dass einer ermordet worden ist. Wieso? Ist einer ermordet worden? Nu, ich daohte, deswegen werden wir hier ver- hgrt. Szulski hatte fibrigens eine ganze Menge Geld bei sich. So? Woher wissen Sie das? Weil Hradsoheok die Rechnung bei ihm bezahlte. Sie stand seit drei Jahren an und das waren fiber neunhundert Taler. Er zahlte in der Gast- stube, und Quaas und ich waren dabei. Und das zahlte er a11es bar? Fast alles. Einen kleinen Weohsel gab er auch. Und der Szulski hatte es wohl nicht erwartet, dass er das ganze Geld kriegen wfirde. Jeden- Quaas: Hradscheck: Szulski: Kunicke: Mietzel: Szulski: Kunicke: Szulski: Kunicke: Mietzel: 30 falls liess er gleich ein paar Flaschen Ruster bringen und wir waren alle eingeladen. (Gaststube. Lgrmende Gesellschaft) Hradscheck hat ngmlioh eine Erbschaft gemacht, Herr Szulski. Wussten Sie das nicht? Ach was, mit meiner Erbschaft wars nicht weit her, das ist nicht der Rede wert. Und ausser- dem wars meine Frau, nicht ich. Erbschaft? So, so, daher. Nun, gratuliere. Erbschaft ist die beste Art, zu Gelde zu kommen. Das liebe Geld! Immer muss man daran denken, ob man nun gar keins hat oder wenig oder viel. Am angenehmsten ist es, daran zu denken, wenn man viel hat. Ja, aber denken und denken ist ein Unterschied. Man muss wissen, dass mans hat, das istgut und ein angenehmes Gefahl und start nich - Nee, das start bestimmt nicht. Aber immer ans Geld denken, bei Tag und bei Nacht, das ist soviel wie sich immer drum angstigen. Und angstigen soll man sich nicht. Wer auf Reisen ist und immer an seine Frau denkt, der angstigt sich um seine Frau. Freilich. Quaas angstigt sich auch immer. Ohne zu verreisen, haha. Quaas: Szulski: Hradscheck: Szulski: Hradscheck: SZUlSki: 31 Lasst doch mich und meine Frau aus dem Spiel! Ich denke, wir reden von Geld? Wie mit der Frau, meine Herren, so ist es mit dem Geld. Nur nicht angstlich; haben muss mans, aber man muss nicht ewig daran denken. Oft muss ich lachen, wenn ich so sehe, wie der oder jener im Postwagen oder an der Table d'hote mit einem Male naoh seiner Brieftasche fasst, ob ers auch noch hat. Und dann atmet er auf und ist ganz rot geworden. Das ist immer lgcherlich und schadet bloss. Und auch das Einnghen hilft nichts, das ist ebenso dumm. Ist der Rook weg, ist auch das Geld weg. Aber was man auf seinem Leibe hat, das hat man. All die andern Vor- sichten sind Unsinn. Richtig, Szulski. So mach ichs auch, wenn ich nach Berlin fahre. Aber wir sind bei dem Geld und dem Einnghen ganz davon abgekommen, dass Sie uns doch was von Krakau und von Polen erzghlen wollten. Ist es denn wahr, dass sie Djebitsohen vergiftet haben? Versteht sich, das ist wahr. Und die Geschiohte mit den elf Talgliohtern? Alles wahr. Und das kam so: Constantin wollte die Polen grgern, weil sie gesagt hatten, die Russen frgssen bloss Talg. Da liess er, als er Mietzel: Szulski: Mietzel: 32 eines Tages elf Polen eingeladen hatte, zum Dessert elf Talglichte herumreichen, das zwglfte aber war von Marzipan und natarlich fur ihn. Und Versteht sich, er nahm immer zuerst, dafflr war er Grossffirst und Vizeanig. Aber das eine Mal vergriff er sich doch und da hat ers runter- wfirgen massen. Wird nicht sehr glatt gegangen sein. Versteht sich. Aber meine Herren, kennen Sie denn schon das neue Polenlied, das sie jetzt singen? (Er stimmt an:) Und ewig kennt das Vaterland und nennt mit stillem Schmerz sein viertes Regiment - Schgn, sehr schgn. Aber hier in Tschechin gibt es nochganz andere Lieder. Kennen Sie das, Szulski? (Er beginnt zu singen. Die andern fallen nach und nach lgrmend und lachend ein) Woytasch hat den Schulzen-Stook, Kunicke 'nen langen Rook, Mietzel ist ein HobelsPan, Quaas hat keinem was getan, nicht mal seiner eignen Frau, thzchen weiss es ganz genau. Miau, miau. (Der Gesang wird langsam ausgeblendet) Justizrat: Kunicke: Justizrat: Kunioke: Justizrat: Kunicke: Jakob: Justizrat: Jakob: Justizrat: Jakob: Justizrat: Jakob: 33 (Raum wie vorher) So, na das scheint ja ganz lustig gewesen zu sein. Lustig wars, Herr Justizrat, aber alles in Gren- zen, alles in Grenzen. Und um zwglf rum war Schluss. Szulski hatte schon ein paar Mal zum Aufbruch gemahnt und liess sich weder duroh Spott noch duroh gute Worte langer zurfiokhalten. Er masse morgen um neun in Frankfurt sein, sagte er. Um vier wollte er geweckt werden. Und er nahm den Leuchter und ging. Dann habe ich ihn nicht mehr gesehen, und mehr weiss ich nicht. Ja danke, Herr Kunicke. Was dann am Morgen war, da masste ja wohl Jakob, der Hausknecht, was wissen. Er ist herbestellt. Rufen Sie ihn doch bitte herein, Herr Kunicke! (geht hinaus und ruft draussen) Jakob! Jawohl. (Er kommt herein) Setzen Sie sich. Jawohl, Herr Justizrat. Sie sind also Hausknecht im Gasthaus Hradscheck? Jawohl, Herr Justizrat. Wie war das nun damals an dem Morgen, als Herr Szulski abreiste? Um vier Uhr ging ich die Treppe hinauf, um Herrn Szulski zu wecken. Jakob: Jakob: Male: Jakob: Male: Jakob: Jakob: 3” (Im Gasthaus Hradscheck) (pocht an eine Tar) Vier Uhr, Herr Szulski. Aufstehen! (Es bleibt still) Hallo! Vier Uhr. (Er rattelt an der Tfirklinke) Stehen Sie auf, Herr Szulski, es ist Zeit. Ich spanne jetzt an. (Far sich) Wenn er das nicht gehgrt hat! Das kannte doch einen Toten aufweoken. (Er geht die Treppe hinunter und in die Kfiche, wo das Klappern von Gesohirr hgrbar ist) Na, Maleken, auch schon auf? Glook vier, das ist doch Menschenschinderei. Warum nicht um sechs? Um sechs wars auoh noch Zeit. Oder um aoht, bei Tageslioht. Das ist die richtige Beleuchtung fflr einen Christenmenschen. Um vier will auch die Lampe noch nicht. Kaum dass man Salz und Zucker unterscheiden kann. Nun kooh uns man ein bisschen was mit! Ich gehe jetz in den Stall und spanne an. (Er Sffnet die Tfir. Der Wind weht herein) (Raum wie vorher) Eine halbe Stunde spater stand ich dann vor der Tar mit dem Ein3p3nner und die Hande waren mir vom Leinehalten schon ganz klamm. Ich schaute in den Hausflur und wartete auf Herrn Szulski, Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: 35 der immer noch nicht zu sehen war. Dann kam Herr Hradscheck. (Im Gasthaus) Jakob! Hier draussen, Herr Hradscheck, wo der Wind ist. So so, der Wind. Dann komm herein und sieh nach, was mit Szulski ist. Am Ende ist er wieder eingeschlafen. Sag ihm, der Kaffee warde kalt. Jawohl, Herr Hradscheck. Aber nein, lass es lieber. Bleib! Also nicht. Er wird schon kommen. (Raum wie vorher) Und richtig, er kam auch und stieg die Treppe herunter. Er hielt sich am Gelgnder fest und ging ganz langsam und vorsichtig, als ob ihm der grosse Pelz unbequem und beschwerlioh ware. Unten ging Herr Hradscheck auf ihn zu und kompli- mentierte ihn in die Wohnstube hinein, wo Male inzwischen den Kaffeetisch gedeckt hatte. Ich brauohte nicht lange zu warten. Ehe ffinf Minuten um waren, kamen die beiden Herren 3ber den Flur auf die Strasse. Herr Hradscheck liess den Tritt herunter. Herrn Szulski grauste es Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: Justizrat: Jakob: Justizrat: Jakob: 36 offenbar vor dem Wetter und er klappte den Kragen von seinem Pelzmantel hoch. Ich ging ins Haus und holte den Koffer. Als ich wieder zurrfickkam, sass Herr Szulski schon auf dem Kutschbock und hatte einen Gulden vor sich auf das Spritzleder gelegt. (Im Freien. Wind) Danke sehr, Herr Szulski. Gute Reise, Herr Szulski. (Der Wagen zieht an und fghrt langsam ab) Einen ganzen Gulden hat er mir gegeben. Bei solchem Wetter werden andere knauserig. Herr Szulski ist ein feiner Herr. Ja, ein feiner Herr. Aber warum er bloss so still war? Er hat ja kein einziges Wort gesagt. (lachend) Er war wChl noch nicht ausgeschlafen. Es ist ja erst ffinf. Ja, morgens um ffinf rede ich auch nicht viel. (Raum wie vorher) Und das war alles? Ja, das war alles, Herr Justizrat. Hat Herr Szulski die ganz Zeit fiber nichts geSprochen? Kein Wort, Herr Justizrat. Er hat immer bloss Justizrat: Jakob: Justizrat: Jakob: Justizrat: Jakob: Male: Justizrat: Male: Justizrat: Male: 37 genickt oder den Kopf gesohflttelt. Hm. Ist Ihnen sonst irgendetwas aufgefallen? Aufgefallen? Nein, Herr Justizrat, eigentlich nicht. Bloss dass er so ein bisschen klein aussah. Er sah ein bisschen klein aus? Nun ja, in der Dunkelheit, und ich war auch nicht ganz munter. Vielleicht war er vor der Kglte ein bisschen in sich zusammengekrochen. Ach so. Na, es ist gut, Jakob. Sie kgnnen gehen. Und schicken Sie mir gleich Fraulein Male herein. (wahrend er hinausgeht) Jawohl, Herr Justizrat. (Draussen) Male! (kommt herein) Jawohl. (Sie sohliesst die Tfir) Herr Justizrat, ich weiss wirklich nicht mehr als wie ich Ihnen schon gesagt habe. Sie haben also Herrn Szulski an dem Morgen nicht mehr gesehen? Nein, Herr Justizrat. Ich habe bloss im Wohn- zimmer den Kaffeetisch gedeckt, und als Herr Szulski weg war, habe ich das Geschirr wieder abgergumt. Hat er viel gegessen? Gegessen hat er Hberhaupt nichts. Es war Brot da, Butter, Pflaumenmus und Honig. Aber er hat Justizrat: Male: Justizrat: Male: Justizrat: Ursula: Justizrat: Ursula: Justizrat: Ursula: Justizrat: 38 nichts angerflhrt davon. Un die Kaffeekanne war beinahe noch voll, er hat keine drei Schluck getrunken. Und dabei wars doch ein grguliohes Wetter und kalt und nass. Wenn sonst einer morgens abreist, dann trinkt er mehrstens die Kanne leer und von Zucker fibrig lassen ist keine Rede. Aber da war alles beinahe so wie ichs reingebracht hatte. Nein, Herr Justizrat, weiter weiss ich nichts. Na schgn, Male. Kann ich jetzt gehen? Wir haben Wgsche heute. Ist Frau Hradscheck zu Hause? Ja. Soll ich sie holen? Nein, ich gehe selbst zu ihr hinfiber. (Pause) (Anderer Raum) Ich weiss von nichts, Herr Justizrat. Ich habe Herrn Szulski nicht gesehen. Wann sind Sie an jenem Morgen aufgestanden? Als Szulski schon weg war, so um sechs herum. Wissen Sie das noch bestimmt? Nicht auf die Minute, aber so ungefahr. Merkwardig, dass der Nachtwgchter Mewissen Sie schon zwischen fflnf und sechs gesehen hat, an der MUhle zwischen den Pappeln. Und er sagt, Ursula: Justizrat: Ursula: Justizrat: Ursula: Justizrat: Ursula: Justizrat: Ursula: Justizrat: Ursula: 39 es habe so ausgesehen, als wgren Sie halb ver- biestert vom Oderdamm hergekommen. Um diese Zeit ist es im November noch ziemlich dunkel. Was wollen Sie damit sagen? Dass sich Nachtwgchter Mewissen geirrt haben muss. Gut, lassen wir das vorerst. Mich wfirde aber interessieren, Frau Hradscheck, was Sie selbst von der ganzen Sache halten. Wie ist nach Ihrer Meinung der Unglficksfall vor sich gegangen? Teilen Sie die Ansicht, dass Szulski in der Dun- kelheit und dem Unwetter vom Wege abgekommen und den Damm hinunter in die Oder gestfirzt ist? Ich weiss es nicht. Aber es ist wohl das Wahr- scheinlichste, dass es so gewesen ist. Ich denke, man hat das Pferd und die Kutsche in der Oder gefunden? Ja, ganz am Rande. Aber Szulski hat man nicht gefunden. Kommt Ihnen das nicht merkwfirdig vor? Der Fluss hat ihn mitgenommen. Obwohl der heftigste Wind die Wellen gegen den Damm drackte. Und warum ist die Leiche nirgends angespfilt worden? Vielleicht gibt es keine Leiche. Wie meinen Sie das? Vielleicht hat Herr Szulski den Unfall nur vor- getguscht. Vielleicht legte er Wert darauf, als Justizrat: Ursula: Justizrat: Ursula: Ursula: Male: Justizrat: Male: Justizrat: Jeschke: Geelhaar: Justizrat: no tot zu gelten. Aus welchem Grunde? Das weiss ich nicht. Es ware Ihre Aufgabe, es herauszufinden. Und die Mgglichkeit, dass Szulski ermordet worden ist, weisen Sie vgllig von der Hand? Herr Justizrat, Sie haben meinen Mann unter Mordverdacht verhaftet. Infolgedessen hat alles, was ich als Ehefrau dazu sage, kein Gewicht. (Es klopft) Ja? (die Tar Bffnend) Der Herr Justizrat werden gesucht. Wer sucht mich? Gendarm Geelhaar meint, es ware dringend. Er wartet mit der Jeschken. Die Jeschken? Wer ist das? (Pause) (Anderer Raum) Ich heisse Alwine Jeschke und bin ungefahr sieb- zig. Ich bin die Nachbarin von Hradschecks. Sie hat eine wichtige Aussage zu machen, Herr Justizrat. Ich glaube, jetzt sind wir der Sache auf der Spur. Na, das soll mich freuen. Also, was gibts denn? Geelhaar: Jeschke: Justizrat: Jeschke: Geelhaar: Justizrat: Jeschke: Geelhaar: Jeschke: Geelhaar: Jeschke: Geelhaar: Justizrat: Jeschke: Ml Frau Jeschke schlgft schlecht und in der fraglichen Nacht hat sie auch wach_gelegen. Es war ja so ein Krach, davon bin ich aufge- wacht. Krach? Im Gasthaus? Den Wind meine ich. Es war ja so ein Sturm. Es wehte die Ziegel vom Dach. Und ich hatte Angst, dass mir der Schornstein in die Stube fallen wfirde. Und deswegen ist sie aufgestanden. Lassen Sie doch Frau Jeschke selber erzghlen. Ich habe dann Licht gemacht und Feuer im Herd. Es war kalt, und ich trinke auch gern mal nachts einen Kaffee. Und auf einmal - Und auf einmal gab es einen furchtbaren Krach. Und sie schlug den oberen Tfirladen auf, um nachzusehen, was 105 war. Nee, vorher habe ich erst zum Fenster rausge- sehen, aber da blendete mich das Licht und ich konnte nichts sehen. Das ist doch aber unwichtig, Mutter Jeschken. Bitte lassen Sie Frau Jeschke erzghlen, Geelhaar. Na also. Tja, Herr Justizrat, und der Krach kam daher, dass der Sturm meinen Zaun umgerissen hatte. Justizrat: Jeschke: Justizrat: Jeschke: Geelhaar: Jeschke: Geelhaar: Justizrat: Jeschke: Justizrat: Geelhaar: Jeschke: Justizrat: Jeschke: Justizrat: 1+2 So. Er war zwar nicht ganz umgerissen, aber doch ein grosses Stack. Hm. Daran kannen Sie sehen, was as far ein Sturm war, denn die Latten waren noch gar nicht besonders morsch. Und dann sah sie - (ihn unterbrechend) Und wie ich mir den Schaden besehe, da merke ich, dass bei Hradschecks noch Licht ist. Das war nach zwei Uhr, Herr Justizrat. In welchem Fenster war das Licht, Frau Jeschke? Es flimmerte hin und her, mal hier, mal da, sodass ich nicht recht wusste, ob es aus dem Kellerloch unten kam oder aus der Weinstube. Und haben Sie ausserdem noch was bemerkt, Frau Jeschke? Freilich. Die Hauptsache kommt ja erst. Ich weiss nun nicht mehr recht, hab ichs gesehen oder Herr Geelhaar? Sie, natfirlich Sie, Frau Jeschke. Aber was war es denn? Das Licht ging aus und alles war dunkel, Herr Justizrat. (seufzt) Sehr aufregend. Geelhaar: Jeschke: Justizrat: Jeschke: Justizrat: Jeschke: Justizrat: Jeschke: Geelhaar: Jeschke: Justizrat: Jeschke: us 3011 ichs vielleicht weiter erzghlen? Dann ging drfiben die Gartentfir auf und Hrad— scheck selber kam mit einem Licht in der Hand heraus. Neben ihm auf der Tfirschwelle lag etwas, was ich nicht erkennen konnte. Tja, was war das? Far eine Truhe war es nicht lang genug. Ein Korb oder eine Kiste war es auch nicht. Na kurzum, ich weiss nicht, was es gewesen ist. Und was geschah nun? Hradscheck hatte das Licht abgestellt und dann kam er mit einem Spaten und ging in den Garten und unter dem Birnbaum fing er an zu graben. Unter dem Birnbaum? Ja, unter dem grossen Birnbaum, der mitten in Hradschecks Garten steht. Er grub eine ganze Weile und dann hgrte er auf einmal wieder auf und sah sich nach allen Seiten um. Und? Ich konnte bei dem Licht natfirlich nicht viel sehen. Ich weiss auch nicht, ob er in das Loch was reingeworfen hat. Aber zugeschfittet hat ers. Da liegen die Beweise, Herr Justizrat. Dann ging er wieder ins Haus und machte die Tfir zu und alles war wieder dunkel. Und Sie? Ich? Ich ging auch wieder rein und ins Bett. Justizrat: Jeschke: Justizrat: Jeschke: Justizrat: Jeschke: Geelhaar: Jeschke: Justizrat: Justizrat: Geelhaar: Justizrat: Geelhaar: an Was haben Sie denn_gedacht, als Sie Herrn Hradscheck so graben sahen? Ich hab gedacht: Das ist ja, als wenn er einen abgemurkst hatte. Na schgn, Frau Jeschke. Ich danke Ihnen. Ich glaube, Ihre Aussagen sind sehr wichtig. Krieg ich nun die Belohnung? Belohnung? Bisher ist keine ausgesetzt. Ich denke, bei jedem Mord gibt es eine Belohnung? Das ist ein Irrtum, Jeschken. Fur Sie Frau Jeschke bitte. Adieu, Herr Justizrat. Adieu, Frau Jeschke. (Frau Jeschke geht hinaus) Da haben Sie Ihr Fett, Geelhaar! Eine alte Hexe. Ich machte auch nicht ihr Nachbar sein. Da tut einem Hradscheck direkt leid. Aber jetzt keine Zeit verlieren! Sorgen Sie daffir, dass niemand in den Garten kommt, und rufen Sie fflr zwei Uhr Kunicke und den Toten- grgber in den Garten. InzwisChen wird Hradscheck aus dem Kastriner Gefgngnis hierher gebracht. Jawohl, Herr Justizrat. (Pause) Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: Justizrat: Geelhaar: H5 (Eine Kirchenuhr schlggt zweimal) Wir haben die besten Plgtze, Frau Mietzel. Stimmts oder stimmts nicht? Wir sehen alles, ohne dass wir uns die H315e verrenken massen. Der Buchsbaum hat genau die richtige the. Und der grosse Grauhaarige ist der Justizrat, wie? Das ist er. Na, und die andern: Kunicke, Geel- haar und der Totengrgber. Die werden Sie ja wohl kennen. Aber Frau Hradscheck, die seh ich nicht. Ist heute nach Frankfurt gefahren, absichtlich. Jetzt, Frau Jeschke! Was denn? Jetzt haben sie was ausgebuddelt. Das kann man von hier aus wieder nicht sehen. Warum massen die sich denn auch alle um die Grube herumstellen? Uns verggnnen sies nicht. Aber ich glaube, Frau Mietzel, jetzt geht es Hradscheck an den Hals. (Im Freien) Ein Toter. Ich habs nicht anders erwartet, Herr Justizrat. In der Hinsicht kann man sich auf die alte Jeschke verlassen. Totengrgber: Justizrat: Hradscheck: Justizrat: Hradscheck: Totengrgber: Kunicke: Justizrat: Totengrgber: Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: #6 Die Kleiderreste sind verhgltnismgssig gut erhalten. Nun, Hradscheck, was sagen Sie? (nach einer Pause) Herr Justizrat, ich sage, dass dieser Tote meine Unschuld bezeugen wird. Man hat Sie an dieser Stelle graben sehen, Hradscheck. Kein Beweis far meine Schuld. Tja, da muss ich als Totengrgber Herrn Hrad- scheck recht geben. Der, den wir hier ausge- buddelt haben, der liegt hier schon lange. Ich denke, zwanzig Jahre. Und Szulski, der es sein soll, ist noch keine acht Wochen tot. Da hat er recht. Aber wer ist der Tote? Was von den Kleidern noch dran ist, sieht aus wie eine Uniform. Da sind auch ein paar glan- zende Kanfe. Ich meine, das war ein Franzose von Anno 13 her. Haben Sies gehgrt, Mietzeln? Es ist gar nicht der Szulski. Ein Franzose, wie kommt der hierher? Ich weiss, dass damals einer fast jeden Tag ins Dorf kam, von Kastrin her. War vielleicht hier verliebt und einer hat ihn aus Eifersucht er- schlagen und verscharrt. Frau Mietzel: Jeschke: Justizrat: Geelhaar: Justizrat: Frau Mietzel: Jeschke: U7 Aber Hradscheck kanns nicht gewesen sein. Ich weiss nicht, soll ich enttauscht sein oder nicht? (Im Freien) Also es steht fest, das ist nicht der Tote, den wir suchen. Und wenn er zwanzig Jahre in der Erde liegt, was ich keinen Augenblick bezweifle, so kann Hradscheck an diesem Toten keine Schuld haben. Es kann auch von einer fraheren Schuld keine Rede sein. Denn, nicht wahr, Geelhaar, Hradscheck ist doch erst seit zehn Jahren im Dorf? Stimmt, Herr Justizrat. Gut. Trotz alledem bleiben ein paar dunkle Punkte, woruber Aufklgrung gegeben werden muss. Ich lebe der Zuversicht, dass es an dieser Aufklgrung nicht fehlen wird, aber ehe sie gegeben ist, darf ich Sie, Herr Hradscheck, nicht aus der Untersuchung entlassen. Es wird sich dabei, was ich als eine weitere Hoffnung hier ausspreche, nur noch um Stunden und hgchstens um Tage handeln. Jeschken, das ist ja wohl nun klar: Er kommt wieder raus. Die langste Zeit hat er gesessen. Und nichts ist mit der Belohnung. Frau Mietzel: Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: Hradscheck: Justizrat: Hradscheck: ”8 W0 gehen sie jetzt alle hin? Nach solchen feierlichen Sachen brauchen Manner immer was zu essen. Und zu trinken natfirlich. Nee, nee, Jeschken. Ich glaube, jetzt wird Hradscheck noch mal verhgrt. Jetzt kngpft ihn der Justizrat sich noch mal vor. Wenn schon, Mietzeln. Da kommt nichts mehr bei II o o raus. Fur m1ch nicht. (Innenraum) Was Frau Jeschke gesehen hat, Herr Justizrat, das bestreite ich keineswegs. Wirklich, ich wollte unter dem Birnbaum ein Loch graben. Aber da stiess ich plgtzlich auf die Leiche und ich kriegte einen furchtbaren Schrecken und hab das Loch schnell wieder zugeworfen. Warum haben Sie denn gegraben? Ich wills Ihnen gestehen, Herr Justizrat. Mir waren ein paar grosse Speckseiten verdorben und ich wollte sie mgglichst unbemerkt im Garten vergraben. Das hatte ich an jenem Tage vor, und gleich als nach Mitternacht meine Gaste gegangen waren, habe ich mich ans Werk gemacht. Das, was Frau Jeschke an der Gartentfir gesehen hat und was in der Dunkelheit so ghnlich wie ein Koffer aussah, das waren eben die Speck- seiten, die dicht fibereinander gepackt waren. Justizrat: Hradscheck: Justizrat: U9 Und warum die Heimlichkeit und die Nacht? Zu dieser Heimlichkeit hatte ich zwei Grfinde. Erstens wollte ich mir die Vorwfirfe meiner Frau erSparen, - sie ist ohnehin geneigt, von meiner Unachtsamkeit in Geschgftsdingen zu sprechen. Und ich darf wohl sagen, wer ver- heiratet ist, der kennt das und weiss, wie gern man sich solchen Anklagen und Streitszenen ent- zieht. Aber der zweite Grund war noch wichtiger: Das war die Racksicht auf meine Kundschaft. Herr Justizrat, Sie wissen, dass die Bauern die schwierigsten Leute von der Welt sind, ewig voll Misstrauen. Und wenn sie solche Dinge wie Schinken und Speck auch nicht in meinem Laden kaufen, weil sie ja genug davon im eigenen Rauch haben, so ziehen sie doch gleich Schlfisse von einem aufs andere. Dergleichen habe ich mehr als einmal durchgemacht und dann wochenlang an allen Ecken und Enden hgren massen, ich passte nicht auf. Letzten Herbst, als mir ganz ohne meine Schuld eine Tonne Heringe tranig geworden waren, hat Orth fiberall im Dorfe geputscht und unter anderm zu Quaas und Kunicke gesagt: "Uns wird er damit nicht kommen, aber die kleinen Leute, denen dreht er das Zeug an." Gut und schgn, aber was ist nun aus dem Speck Hradscheck: Justizrat: Hradscheck: Justizrat: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: 50 geworden? Ich habe ihn noch am selben Morgen an einer andern Gartenstelle verscharrt, gleich nach Szulskis Abreise. Wo? Am hintern Ende des Gartens, rechts vom Mittel- gang, direkt vor den Johannisbeeren. Na, wir werden sehen. Sollte das alles stimmen, dann konnen Sie wohl morgen entlassen sein. (Pause) (Im Freien. Eine Kutsche rollt und halt an) Sie kgnnen gleich wieder zurflckfahren nach Kflstrin. Ich brauche Sie nicht mehr. Was macht es denn? (Seine laute Stimme wird etwas abgedgmpft) (im Hausflur, eine Tflr Bffnend) Frau Hradscheck, Frau Hradscheck, der Herr ist eben vorgefahren. (sich nahernd) Ja, da kommt er schon. Wie _gehts, Jakob? Alles in Ordnung? Wo ist meine Frau? Hier ist deine Frau. Ursel, da bin ich und bin frei. Ja, da bist du. (Pause) Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: 51 (verlegen) Bring einen Schnaps ins Wohn— zimmer, Jakob! Ja, Herr Hradscheck. Komm, Ursel. (Sie gehen ins Zimmer. Er schliesst die Tar hinter sich) Was ist, Ursel? Was soll sein? Ich freue mich, dass du wieder da bist. Du siehst nicht schlecutaus. Aber du! Ich? Ja, ich sehe wohl nicht gut aus. Um zehn Jahre gealtert, hat Frau Quaas fest- gestellt. Ursel! Ach Abel, Abel! Ich habe keine gute Zeit hinter mir. Meinst du, ich? (bricht in Trgnen aus) Ach - (flfisternd, heftig) Nimm dich zusammen, Ursel! Haben wir das alles fiberstanden, damit du jetzt die Nerven verlierst? Ich habe die ganze Zeit gedacht, ich hatte es bloss getrgumt. Erinnere dich an deine Worte. Bloss nicht arm, sagtest du, alles andere, aber bloss nicht arm. Und trotzdem habe ich gedacht, ich hatte alles Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Jakob: Kunicke: Hradscheck: Mietzel: 52 bloss getrgumt. Ich dachte, du hattest ihn nicht erschlagen und warst unschuldig und ich auch. Wenn nicht alles umsonst gewesen sein soll, musst du dich zusammennehmen, Ursel! Es ist alles gut gegangen bis jetzt, sie haben sich tguschen lassen. Aber wir wollen doch etwas davon haben und du musst dich zusammennehmen. (Die Tfir geht) (kommt herein) Kfimmel hab ich gebracht. Ist es recht so? Na klar. Trinken wir alle einen! (Er schenkt ein) Los, Ursel, du auch! Ich nicht. Trink! (In jovialem Ton) Na prost! Prost, Herr Hradscheck. o N (D1e Glaser stossen zusammen) (Lgrm in der Gaststube) Na, Hradscheck, auf dein Wohl, weil alles so gut abgegangen ist! Danke, Kunicke, aber wenn du gestattest, ich trinke auf das Wohl, will sagen auf das Anden- ken des Franzosen, weil ich ihm mein Leben und meine Freiheit verdanke. Das ist ein scther Zug von dir, Hradscheck. Da trink ich mit. Auf den Franzosen also. Quaas: Kunicke: Mietzel: Quaas: Kunicke: Hradscheck: Mietzel: Quaas: Kunicke: Hradscheck: 53 Auf den Franzosen. (Sie trinken) Sowas! Zwei Leichen haben wir jetzt im Dorf ohne ein ehrsames christliches Be grabnis. Zwei? Wenn ich richtig zahle, bloss eine. Denn Szulski ist ja nicht da. Der zghlt nicht mit. Ja, wo ist Szulski? Dass er immer noch nicht gefunden ist! Ich sage euch, der liegt im Schlick, und der Schlick gibt nichts heraus, oder doch erst nach ffinfzig Jahren, wenn das angeschwemmte Vorland Acker geworden ist. Dann wird er mal beim Pflfigen gefunden, gerade so wie der Franzose gefunden worden ist. Tja, aber um auf das Begrgbnis zurfickzukommen - Der Franzose muss auf den Friedhof, das ist klar. Ob er nun ein Heide gewesen ist oder ein Christ, ob katholisch oder protestantisch. Franzosen sind auch Christen, und vielleicht war er sogar protestantisch. Ich rede mit dem Pfarrer. Kunicke, lass mich mit dem Pfarrer reden. Wenn er das Begrgbnis auf dem Kirchhof ffir richtig halt, dann £311: es mir natfirlich nicht ein, ein Wort dagegen zu sagen. Aber - Mietzel: Hradscheck: Kunicke: Quaas: Mietzel: Kunicke: Quaas: Mietzel: Kunicke: Hradscheck: Kunicke: 54 Was aber? Was willst du denn? Wenn es nicht unbedingt ngtig ist, dass er auf den Kirchhof kommt, dann machte ich ihn in meinem Garten behalten. Nein, widersprecht nicht! Seht ihr, der Franzose ist sozusagen mein Schut2patron geworden, und kein Tag ver- geht, ohne dass ich an ihn in Dankbarkeit denke. Ich wfirde auch, wenn es der Pfarrer wfinscht, die Stelle mit einem Gitter versehen oder mit einem Buchsbaum umziehen. Du bist ein braver Kerl. Bravo, Hradscheck! Der Franzose hat ihm geholfen und nun hilft er ihm wieder und lgsst ihn eingittern oder doch wenigstens eine Rabatte ziehen. Und wenns ein Gitter wird, hat ers nicht unter zwanzig Talern. Und da rechne ich noch keinen Anstrich und noch keine Vergoldung. Hoch Hradscheck! Auf dein Wohl, Hradscheck! (Sie stossen an und trinken) Ein schgner Zug von dir, Hradscheck, dass du soviel Geld far den Franzosen ausgibst. Er hats ja. Haben? Wieso haben? Wie meinst du das? Na, von der Erbschaft damals. Sag mal, wieviel wars denn? Unter uns! Hradscheck: Mietzel: Quaas: Hradscheck: Kunicke: Hradsche ck: Mietzel: Kunicke : 55 Soviel wars gar nicht. Ihr dfirft nicht denken, dass ich in Geld schwimme. Ausserdem muss das Haus mal umgebaut werden, es ist fiberall zu klein. Uberall angebaut und angeklebt, die Kfiche gleich neben dem Laden und far die Fremden ist nichts da wie die beiden Giebel- stuben oben. Ich will einen Stock aufsetzen. (voll Hochachtung) Einen Stock aufsetzen! Das kostet was. Fachwerk natflrlich und Lehm als Fullung, so billig wie mgglich. Stein ist zu schwer und zu teuer. Alle Welt tut immer, als ob meine Frau zum mindesten ein Rittergut geerbt hatte. Ja, hat sich was mit Rittergut. Erbgrmliche tausend Taler. Na, na! (lachend) Na, sagen wir zwei. Aber mehr nicht, auf Ehre. Und dass davon keine Seide zu spinnen ist, das wisst ihr. Keine Seide zu spinnen und keine Palgste zu bauen. Ja, Kinders, dann k3nnen wir ja noch auf was trinken. Auf das neue Stockwerk, prost! Fachwerk und Lehm, prost, Hradscheck! (Gelgchter) (Ein anderer Raum. Stille) Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: 56 (lesend) Ich sah die Toten gross und klein, wie sie vor dem Throne standen, und ein Buch ward aufgeschlagen, das Buch des Lebens. Die Toten wurdengerichtet, wie es in den Bachern aufgeschrieben stand, entsprechend ihren Werken. Entsprechend ihren Werken. (Im Hause beginnt ein Hammern) Wer fangt da an zu hammern? (Sie ruft) Auf- hgren! Aufhgren! Es ist noch nicht so weit. (Die Tfir wird gegffnet) Was rufst du, Ursel? Es ist noch nicht so weit. Der Tischler soll gehen. Ich brauche noch keinen Sarg. Aber Ursel, was redest du da? Sie sollen aufhgren! Ich sagte dir doch beim Frflhstfick, dass heute die Maurer kommen. Wir fangen mit dem Bau an. (wie erwachend) Mit dem Bau? Entschuldige, Abel, ich hatte es vergessen. Ach Ursel! Ich weiss nicht, wie ichs mit dir machen soll. Vielleicht ist es nur, weil du immer untgtig in der Stube sitzt. Du solltest dich mehr um das Hauswesen kfimmern, dann kgmst du auch auf andere Gedanken. Andere Gedanken, andere Gedanken! Sie werden gerichtet entsprechend ihren Werken! Ach Abel, Abel, - wieso heisst du Abel? Du musstest Kain Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: jHradscheck: Ursula: 57 heissen. Ursel, wenn du so redest, du bringst ja alles ans Licht! Sag, sie sollen aufhgren zu hammern. Aber es ist doch der Bau, Ursel. Das hatten wir uns doch genau 3berlegt. Du warst doch auch fflrs Bauen damals. Aber jetzt! Damals, ja. Entschuldige, Abel, ich bin ein bisschen verdreht. Ich werde mir Mahe geben. Siehst du, jetzt bist du wieder meine vernfinftige tapfere Frau. Ich habs doch far dich getan. Oh sag das nicht. Das ist grasslich. Und es ist nicht wahr. Aber auch far dich, - das ist bestimmt wahr. Weil du nicht arm sein wolltest. Ursel, jetzt bauen wir, das Haus soll schgner werden. So wie dus wolltest. Neue Ofen, bunte Tapeten. Fallt es denn nicht auf, Abel? Daffir haben wir schliesslich die Geschichte von der Erbschaft erfunden. Ach ja, die Erbschaft! Ach, du hast alles wunderbar fiberlegt, es muss eigentlich alles gut gehen. Siehst du! Aber dann, was dann? Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: 58 Was meinst du damit? Wenn wir sterben, Abel? Sterben? Ich denke noch nicht ans Sterben. Aber ich, Abel. Ich denke dran. Denn ich mache nicht mehr lange. Unsinn, Ursel, Unsinn! Entsprechend ihren Werken, - entsprechend ihren Werken - (Das Hammern, das ausgesetzt hatte, beginnt wieder) (Im Hausflur) Jakob, Jakob! (im Keller) Ja, Herr. Wo blieben die Flaschen? (nahert sich mit schweren Schritten treppauf) Ich komme ja schon. Aber die Treppe ist ver- dammt schmal und brgcklig. Da wird noch mal einer runterfallen. (Er setzt einen Korb mit Flaschen ab) Bring sie gleich in den Laden, Jakob. Ich wollte Ihnen bloss was zeigen, Herr Hrad- scheck, was ich im Keller gefunden habe. Da! Was ist das? Ein KnOpf? Ja, ein Knopf. Einer wie Szulski ihn am Pelz hatte.‘ Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jeschke: Hradscheck: Jeschke: Hradscheck: 59 Tatsachlich, das waren solche, hast recht. Das heisst, die von Szulski waren grgsser. Solche kleinen wie die hatte ich mal an einem Pelzrock. Weisst du noch? Aber nein, da warst du noch gar nicht hier. Gib her, ich werde ihn meiner Frau geben, vielleicht kann sie ihn brauchen. (nimmt den Korb wieder auf und trggt ihn weg) Ich geh denn in den Laden. (far sich) Aufpassen, Hradscheck, aufpassen! Das verdammte Zusammenfahren und sich Ver- f3rben! Kalt Blut oder es gibt ein Unglfick! In den Garten gehen, sich abkahlen! (Seine Schritte im Hausflur, dann auf dem Gartenweg) Da lauert die Jeschken, die alte Hexe, wieder hinterm Zaun. (Laut) Tag, Frau Jeschke. Tag, Hradscheck. Sehn schlecht aus, Herr Nachbar. Ffihle mich nicht schlecht, Mutter Jeschken. Ganz gelb. Und hier so eine Falte. Sie massen sich nicht grgern! Arger hat man natarlich eine ganze Menge. Da hat Jakob gestern wieder ein Pass 61 auslaufen lassen. Das ist doch 3ber den Spass. Und dann die Plackerei treppauf treppab, und die schmalen Jeschke: Hradscheck: Jeschke: Hradscheck: Jeschke: Hradscheck: 60 Kellerstufen halb abgerutscht. Es ist zum Halsbrechen. Sie bauen ja, Hradscheck. Da kannen Sie bei der Gelegenheit doch eine neue Treppe machen. Sollte man eigentlich, aber ich glaube, dazu langt es nicht mehr. Der Keller masste eigent- lich auch hgher gewglbt werden, - es ist eigentlich gar kein richtiger Keller, ist bloss ein Loch, wo man sich den Kopf stgsst. Ja, die Weinstube sitzt ihm zu sehr auf dem Nacken. Freilich, und die ganze Geschichte hat nicht Luft und nicht Licht. Und warum nicht? Weil kein richtiges Fenster da ist. Alles zu klein und zu niedrig. Alles zu dicht zusammen. Ja, ja, das stimmt. Ich weiss noch, als der Szulski da war und nachts das Licht immer so blinzeln tat. Ja, wo war des Licht? Wars in der Stube oder wars im Keller? Ich weiss es nicht. (Pause) (scharf) Jeschken, ich weiss, wo sie hin will. Aber weiss sie denn auch, was eine Verleumdungs- klage ist? Ich erfahre alles, was sie so herumschwatzt; aber seh sie sich vor, sonst kriegt sies mit dem Kfistriner Gericht zu tun. Sie ist eine alte Hexe. Jeschke: Hradscheck: Ursula: Male: Ursula: Male: Ursula: Male: Ursula: Male: Ursula: Male: Ursula: Male: Ursula: Male: 61 Ich mein ja man bloss, Hradscheck, ich meine ja man. Sie wissen, ein bisschen Spass muss sein. Nun gut, Ein bisschen Spass mag sein. Aber wenn ich ihr raten kann, Mutter Jeschke, nicht zu viel! Mahlzeit! (Innenraum. Eine Uhr tickt) Morgen ein etwas besseres Essen, Male. Kalbsnierenbraten isst der Herr gerne. Also gut, Kalbsnierenbraten. Blumenkohlsuppe vorher. Und Rotkohl als Gemfise. Ist gut, Frau Hradscheck. (wahrend Male die Tar gffnet) Und vielleicht Griessflammeri. Griessflammeri, ja, ist gut. Und Male, noch was! Ja? Male, warum siehst du mich eigentlich immer so komisch an? Komisch? Nee, nee, Frau Hradscheck, bestimmt nicht. So als ob ich schon halb gestorben ware. Nee, Frau Hradscheck, wer redet denn von Sterben? Ich. Und du denkst es. Aber ich werde nicht sterben, hast du verstanden! i Natarlich nicht. Wer sagt das denn auch? Ursula: Ursula: Ursula: Szulski: Ursula: Szulski: Ursula: Szulski: 62 (in anderm Ton) Es ist gut, Male. Das ware alles. (Male schliesst die Tar hinter sich) Sterben? Nein. Abel hat recht, - dann ware alles umsonst gewesen. Nein, so weit ist es noch nicht. Morgen werde ich vierundvierzig, und so schlecht sehe ich noch nicht aus. Ein bisschen eingefallen, aber das hole ich wieder auf. Nur die Nerven nicht verlieren. Abel hat recht. (Die Tfir geht langsam und knarrend auf) Was ist denn schon wieder? Male? Nein, es ist nicht Male. Ich bin es, Szulski. Kennen Sie micht nicht, Frau Hradscheck? (heiser) Szulski! Aber Szulski ist doch tot! Gewiss, gewiss bin ich tot, aber das macht nichts, ich besuche Sie trotzdem. Offen gesagt, ich langweile mich ein bisschen. Gestatten Sie, dass ich Platz nehme. Szulski - Wissen Sie, der Platz im Keller, den mir Ihr Herr Gemahl ausgesucht hat, ist nicht besonders ganstig. Ich meine nicht wegen der Feuchtig- keit, aber es ist verdammt einsam da unten. Wie sind Sie eigentlich mit meinem Pferd zurecht- gekommen? Nicht wahr, es ist ein braves Tier? Ursula: Szulski: Ursula: Szulski: Ursula: Szulski: 63 Ging ganz folgsam in die Oder und ertrank. Es war so schrecklich, Szulski, es war so schrecklich. Es schrie wie ein Mensch. Bei mir ging es ruhiger zu. Ich kam nicht zum Schreien. War as ein Hammer? Ich weiss nicht. Abel hat es mir nicht gesagt. Er ist so zartffihlend. Ich h8rte, dass man hier im Dorf ein Lied sang. Schade, jetzt singen sie es nicht mehr. Kennen Sie es? (Er singt leise) Morgenrot, Morgenrot! Abel schlug den Kain tot. Gestern noch bei vollen Flaschen, morgens ausgeleerte Taschen und ein kfihles, kfihles Grab. Offen_gesagt, das Lied hat mirgefallen. Bitte gehen Sie wieder, Szulski! Ich ersticke. Ja wie, gngdige Frau? Sollten Sie es mit dem Herzen haben? Wissen Sie, ich bin eigentlich gekommen, um Sie einzuladen. Mit dem Franzosen habe ich mich ein bisschen angefreundet, aber wenn einer bloss franzgsisch spricht, ist es schwierig. Ausserdem, unter uns gesagt, er hat so seine Eigenheiten. Er ist ein Freigeist, verstehen Sie. Kurzum, es fehlt ein bisschen an Umgang. Darum freue ich mich schon sehr auf Sie. Sie sind eine gebildete Person und eine Ursula: Szulski: Ursula: Szulski: Ursula: Szulski: Ursula: Szulski: Hradscheck: Ursula: 5H Frau, alles, was ich so vermisse. Uber Lappalien wie Kutsche, Pferd und Hammer brauchen wir ja nicht weiter zu reden. Nein, ich will noch nicht sterben. Doch, Frau Hradscheck. Sie sind als nachste dran. Nein, nein! Und da Sie dran sind, wollte ich Sie fragen, ob Sie sich nicht ein bisschen beeilen wollen. Sehen Sie, morgen zum Beispiel haben Sie Ge- burtstag. Wie wgrs, wenn wir ihn zusammen feierten? Der Franzose, Sie und ich. Wenn Sie wollen, bringe ich auch das Pferd mit. Mir ist es gleich, wo. An der Oder, im Keller oder unterm Birnbaum. Was ziehen Sie vor? Nein, nein! Ach, seien Sie doch nicht so! Wovon baut Ihr Mann schliesslich das Haus? Von meinem Gelde. Einen kleinen Gefallen konnten Sie mir schon tun. Hilfe, Hradscheck, Hilfe! Gleich wird er kommen. Aber das nfitzt Ihnen auch nichts. (Die Tar geht) Was ist denn, Ursel? Ich weiss nicht. Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Frau Mietzel: Jeschke: Frau Mietzel: -Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: 65 Was schreist du so? Ich muss wohl eingeschlafen sein und hab was getrgumt, irgendwas Schreckliches. Es hing mit morgen zusammen. Morgen, morgen, was ist morgen? Ach, ich weiss, mein Geburtstag. Und noch etwas anderes, Ursel! Morgen ist der Bau fertig. Ja - Freust du dich? (made) Ja, Abel, ich freue mich sehr. (Glockengelgut), (wahrend des Glockenlgutens beginnt der Gesang des Trauergefolges "Jesus meine Zuversicht", der sich nach einigen Versen entfernt und wahrend des folgenden Gespraches verliert) Beeilen Sie sich, Mutter Jeschken, sonst hat der Pastor schon die Grabrede angefangen. Wir kommen noch zurecht. Und von hier aus kann man den Zug auch besser fibersehen. Da ist Hradscheck. Weint er eigentlich? Wenn die Frau gestorben ist, muss er wohl weinen, das gehgrt sich. Gucken Sie sich den Sarg an, der kostet mindestens funfzehn Taler. Und die Krgnze. Das schgne Geld! Frau Mietzel: Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: Frau Mietzel: Jeschke: Hradscheck: Male: Hradscheck: Male: Hradscheck: Male: Hradscheck: Male: 66 Nee, ich glaube schon, der weint richtig. Eine Gastwirtschaft ohne Frau ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Bin mal neugierig, wie lange er alleine bleibt. Das ganze Dorf geht mit. Da sieht mans: Hradschecks sind angesehen, trotz der Geschichte. Da denkt doch kein Mensch mehr dran. Ich schon. Und ich glaube, Frau Hradscheck hat auch dran gedacht. Sonst wars nicht so rasch gegangen mit ihr. Jetzt aber los, Mutter Jeschken! Mein Kopftuch! (Das Glockengelgut endet) (Stube. Es klopft) Ja? (Die Tfir wird gebffnet) Ich bins, Male. Ja, was willst du? Entschuldigen Sie, Herr Hradscheck, ich wollte Sie fragen, was ich kochen soll. Kochen? Was geht mich das an? Das hat mir sonst immer die Frau gesagt. Wen soll ich denn fragen? Du hast ja die ganze Zeit gekocht ohne zu fragen. Aber der Zustand muss doch mal ein Ende nehmen. Hradscheck: Male: Hradscheck: Male: Hradscheck: Male: Hradscheck: Male: Hradscheck: Male: Hradscheck: Male: Hradscheck: 67 Mach was du willst. Dann mach ich Schmorgurken. . Meinetwegen Schmorgurken. Ach - (Er seufzt) Herr Hradscheck, Sie sollten sichs nicht so zu Herzen gehen lassen. Was soll ich mir denn sonst zu Herzen gehen lassen wenn nicht das? Mein Gott, jetzt weint er sogar. Herr Hrad- scheck! Ach ja, es ist alles furchtbar. (mitleidig) Mein Gott! Aber fibrigens hast du recht. Ich kann mich nicht vgllig dem Schmerz hingeben. Vier Wochen ist es schon her, dass meine Frau unter der Erde ist. Und sehen Sie, allmflhlich muss man doch wieder ins Gleis kommen. Ja, ich muss wieder was tun. Das Leben fordert seine Rechte. Ich muss ans Geschgft denken, sonst geht alles drunter und drfiber. Sie wollten doch schon lange nach Berlin fahren. Das sollten Sie machen, das lenkt Sie ab. Ja, das ist wahr. Nachste oder 3bern3chste Woche sollte ichs tun. chhste Zéit, dass ich meine Geschgfte in Berlin erledige. Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: ,Hradscheck: Editha: Hradscheck: 68 (Theater in Berlin. Auf der Bahne wird ge- sungen) In Berlin, sagt er, musst du sein, sagt er, immer fein, sagt er, - (Undsoweiter. Beifall nach dem Lied) Verzeihung, dfirfte ich mal Ihr Opernglas be- nutzen? Na klar dfirfen Sie. Beckmann ist gut, nicht? Grossartig. (Erneuter Beifall) Ist aber schon ziemlich alt. Durchs Glas sieht mans. Jeder wird mal alt. Ffinf Vorhgnge. Danke far das Glas. Gestatten: Hradscheck. Angenehm. Wudicke. Gehen gngdiges Fraulein wahrend der Pause auch ins Foyer? Klar gehe ich. Gestatten Sie, dass ich mich anschliesse? Bitte, bitte, ich habe nichts dagegen. Theater ist immer ein Erlebnis far mich. Ich komme nur so alle vier Wochen mal nach Berlin. Ich bin ngmlich vom Lande. Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Jeschke: Jakob: Jeschke: Jakob: Jeschke: Jakob: Jeschke: Jakob: Jeschke: I Jakob: Jeschke: Jakob: Jeschke: Jakob: 69 Vom Lande? So sehen Sie aber gar nicht aus. Nun ja, auch das Land hat heutzutage seine Kultur. Ich habe viel ffirs Land fibrig. Sie glauben gar nicht, wie wohl das tut: Die Stille in meinem Garten, die Nachbarin schaut 3bern Zaun, eine alte zahnlose Hexe, man schwatzt ein bisschen mit ihr - (Im Freien) Tag, Jakob. Tag, Mutter Jeschken. Na, schmeckt die Birne? I warum nicht? Ist ja ne Malvasier. Ja, frfiher wars ne Malvasier. Aber jetzt - Jetzt sagen sie Franzosenbirne dazu. Ich weiss. Aber das ist ja alles eins. Na, ich weiss nicht. Da ist jetzt sowas drin. Hast du noch nichts gemerkt? Was? Brauchst deswegen die Birne nicht wegzuschmeissen. Ich meine ja nicht die Birnen, ich meine ja sonst. Sonst? Was denn? Wo denn? Na so rum ums Haus. Nee, Mutter Jeschke. Und auch nicht im Keller? Nee, Mutter Jeschke, man bloss - Jeschke: Jakob: Jeschke: Jakob: Jeschke: Jakob: Jeschke: Editha: Hradscheck: ,Editha: Hradscheck: 70 Und grapscht es nicht? Ja, Mutter Jeschke, mal war mir so. Mal war mir so, als wenn mich was am Hacken hielte. Ja, ich glaube, es grapscht. (lachend) Jakob, du bist eine Bangbflchs! Ich hab doch bloss Spass gemacht. Das ist doch alles dummes Zeug. Wann kommt denn Hradscheck? Weiss nicht. Morgen oder abermorgen. In acht Tagen also. Ist oft weg jetzt, nicht? Ist in Berlin, ffirs Geschgft. Fars Geschgft, soso. Wann ist denn die Frau gestorben? Vor einem halben Jahr. Und ich meine, seitdem ware er schon vier oder fanf Mal in Berlin gewesen. Ich glaube, da gefallt es ihm ganz gut. Langsam fahrende Kutsche) (wahrend Hradscheck eine frghliche Melodie pfeift) Ich glaube, es gefallt Ihnen, Herr Hradscheck. Grossartig. Das war eine gute Idee von Ihnen. Ich liebe Landpartien. Jetzt sind wir schon gleich in Teltow. Die Natur ist doch etwas Unvergleichliches. Das erfrischt und erhebt. Man ist wie neuge- boren. Ich glaube, Sie sind auch sehr fur die Natur, Fraulein Editha? Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: 71 Und ob! Ich machte nirgendswo anders leben als auf dem Lande. Dann ffihlen Sie sich also gar nicht recht wohl in Berlin? Gar nicht. Mein Schgnstes sind die Sonntage, wenn wir eine Landpartie machen und draussen irgendwo Milch mit Schwarzbrot essen. Dann spielen wir in einem Wirtsgarten Zeck oder Plumpsack. Ach, ist das schgn! Milch mit Schwarzbrot, das ist was Gutes. Ich bin auch so sehr far das Natarliche, verstehen Sie, fflr das schlichte einfache Leben. Und dann die Heimfahrt mit Stocklaternen und Gesang. Singen Sie auch gern? Ich bin im Gesangverein. Sehen Sie, Sie waren mir gleich so sympathisch. Wirklich? Oh Fraulein Editha, das beruht aber auf Gegenseitigkeit. Sie haben so etwas Gebildetes. Das hat man selten. Ich finde auch, dass unsere Seelen gut zusammen harmonieren. Es ist so wohltuend, wenn man in seiner Einsamkeit eine verwandte Seele trifft. Fraulein Editha, ich hoffe, unsere Bekanntschaft wird keine flfichtige bleiben. Das sollte mich aber freuen. Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: Editha: Hradscheck: 72 In meinem Dorf fehlt mir nichts als die Seele, die mit mir harmoniert. Sonst ist alles da: Ein Haus, ein schgner Garten, ein gutgehendes Geschgft, Wohlstand, Natur, Gesang und hgheres Streben. Wie wunderbar! Nur die Seele, die mit mir harmoniert. Kgnnte es nicht die Ihre sein, Fraulein Editha? Nicht! Sie massen doch meine Hand loslassen! Mama kuckt schon immer zu uns herflber. Warum soll sie denn nicht kucken? Ich meine es ja ernst. Sagen Sie ja? Ja. Frafilein Editha, Sie glauben nicht, wie glfick; lich ich bin. Jetzt hatte ich Lust zu singen. Was schlagen Sie vor? "Frisch auf, Kameraden!" oder "Latzows wilde verwegene Jagd". Ja, das sind schgne Lieder. Aber es masste jetzt etwas Gefuhlvolleres sein. Sie wissen doch, warum. Reden Sie nicht so. Ich werde ganz rot. Dann singen wir eben "Steh ich in finstrer Mitter- macht?! Ja, das ist gut. Das passt. Los! Singen Sie mit! Eins, zwei - Hradscheck und Editha: (singen) Kunicke: Quaas: Mietzel: Quaas: Hradscheck: Kunicke: Mietzel: -Alle: 73 Steh ich in finstrer Mitternacht so einsam auf der stillen Wacht - (Ihr Gesang wird vom gleichen Lied fiberblendet, das jetzt im geschlossenen Raum und von mehreren Mannerstimmen gesungen wird) Das ist wohl jetzt dein Lieblingslied, Hrad— scheck, was? Mir ist es so, als ob wir das heute schon zum dritten Mal singen. Mit Hradscheck muss in Berlin was passiert sein. Der macht so ein verklgrtes Gesicht. Habt ihr schon gemerkt, wie oft er hinfghrt? Erzghl mal von Verlin, Hradscheck! Deine Abenteuer, Hradscheck! Ihr wisst doch, dass ich geschgftlich in Berlin bin und hgchstens mal ins Theater gehe. Was ich da gesehen habe, das habe ich euch ja bald alles erzghlt. Bald, aber noch nicht ganz. Los, Hradscheck! Sing noch mal das Lied von Herrn Schmidt! Da singen wir mit, haha. (singen) Herr Schmidt, Herr Schmidt, was kriegt denn Julchen mit? Ein Schleier und ein Federhut, das kleidet Julchen gar zu gut. (Sie singen lgrmend ohne Text weiter) Hradscheck: Kunicke: Mietzel: Hradscheck: Quaas: Mietzel: Hradscheck: 7H Das sang der Hofschauspieler Rfithling im Kgniglichen Schauspielhaus in einer Matinee. Die ganze Hautevolee von Berlin war da. Und du auch, Hradscheck. Ja, die Berliner! Das sind doch verflixte Kerls. Na, da gibt es auch solche und solche. Habe ich euch schon die Geschichte vom dem Gendarmen erzghlt? Nee. Los! Ein Gendarm musste einen badischen Studenten ausfindig machen, der unterm Verdacht des Hochverrats stand. Der Student sollte Hait- zinger heissen und in der Kurstrasse wohnen. Der Gendarm machte sich auf den Weg, und tat- sgchlich, nach einigen Tagen kam eine Meldung von ihm an seine Dienststelle, und diese Meldung lautete so: Ich habe den mir erteilten Befehl ausgeffihrt und den pp. Haitzinger ausfindig gemacht. Derselbe heisst abrigens nicht Hait- zinger sondern Blamchen, wohnt auch nicht in der Kurstrasse sondern auf dem Spittelmarkt, und ist auch kein badischer Student sondern ein sachsischer Leineweber. (Gelgchter) Hradscheck: Quaas: Mietzel: Hradscheck: Kunicke: Mietzel: Kunicke: Quaas: Kunicke: Hradscheck: 75 Und wisst ihr, wie dieser ausbflndig gescheite Gendarm hiess? Ihr denkt natfirlich, er hiesse Geelhaar. Geelhaar, natfirlich Geelhaar. Hradscheck, du bist gut, du bist unbezahlbar. Das Erstaunliche an der Geschichte ist, dass er eben nicht Geelhaar hiess. Er hiess bloss Muller zwei. Ich habe mich genau danach erkun- digt, sonst hatte ich bis an mein Lebensende geschworen, dass er Geelhaar heissen masste. Hradscheck, das ist die dflmmste Geschichte, die ich je gehgrt habe. Aber die ist gut, die is gut. (Er lacht und die andern mit) Kinder, sowas haben wir nicht alle Tage, denn Hradscheck kommt nicht alle Tage von Berlin. Deshalb denke ich, wir machen noch eine Bowle, drei Mosel, eine Rheinwein, eine Burgunder. Und nicht zu sass, sonst haben wir morgen Kopfweh. Bravo! Es ist erst halb zw81f, fehlen noch ffinf Minuten. Wenn wir uns ranhalten, machen wir um Mitter- nacht die Nagelprobe. Sehr richtig. Aber nicht zu frfih. Mitternacht ist zu frfih. Wie die Herren wflnschen. Mir ist alles recht. Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Jakob: Hradscheck: Male: Hradscheck: Male: Hradscheck: ,Male: Hradscheck: 76 Ich schicke gleich Jakob in den Keller. (Er_geht in den Hausflur und ruft) Jakob! Ja? Ffinf Flaschen, Jakob! Drei Mosel, eine Rhein, eine Burgunder. Und pass auf, der Burgunder liegt durcheinander, roter und weisser. Der mit dem grfinen Lack ist es. Nee. Los, mach flink! Ich gehe nicht. Du gehst nicht? Warum nicht? Es spukt. Wo? Unten, im Keller. Du bist verrfickt, Jakob. Ein erwachsener Mensch und an sowas glauben! Na, ist ja auch egal. Dann geht eben Male. (Er ruft) Male! (gffnet eine Tar) Ja, Herr Hradscheck? Geh in den Keller, Male, Wein holen! Nein, Herr Hradscheck, da geh ich nicht runter. Du auch nicht, Male? Es spukt. In Dreiteufels Namen, was soll der Unsinn? (Er lacht krampfhaft) (Die Tflr zur Gaststube gffnend) Eine Neuigkeit, meine Herren. Kunicke: Mietzel: Hradscheck: Quaas: Mietzel: Kunicke: Mietzel: Alle: Quaas: Mietzel: Kunicke: Quaas: Hradscheck: Quaas: 77 Was denn, Hradscheck? Noch ne Geschichte von Geelhaar? Viel schgner. Unten Spukt es. Jakob will nicht mehr in den Keller und Male natfirlich auch nicht. Es sieht schlecht aus mit unserer Bowle. Wer kommt mit? Wenn zwei kommen, spukt es nicht mehr. Wir alle. Wir alle, das gibt einen Hauptspass. Los, nimm ein Licht, Hradscheck! Und nun einer hinter dem andern! Wie eine Prozession. (Sie trappen duroh den Flur und die Stufen hin- unter unter dem folgenden brabbelnden Singsang) Es spukt im Keller, es Spukt im Keller, es spukt im Keller - (Unten angekommen, packt Hradscheck Flaschen in einen Korb) Alle Wetter, ist das ein Loch! Hier kann einem wirklich gruselig werden. Hradscheck, nimm gleich ein paar Flaschen mehr mit. Das hilft. Je mehr Fidelitee, je weniger Spuk. Fertig? Fertig. Also los! (Sie gehen den Weg zurflck und brabbeln dabei) Alle: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: 78 Es spukt nicht mehr, es spukt nich mehr, es spukt nich mehr - (Der Singsang entfernt sich) (Stille. Uhrenticken, das sich allmghlich verstgrkt) (Hradscheck stghnt im Schlaf) Kennst du mich, Abel Hradscheck? Ursel! Frfiher schliefst du besser. Dieses Albdrficken! Ich sorge mich um dich. Du fehlst, Ursel. Es geht alles schlecht. Ja, es geht schlecht. Es spricht sich herum, dass im Keller etwas nicht in Ordnung ist. Die Jeschke sagt es, Jakob sagt es, Male sagt es. Und du tust nichts dagegen. Was soll ich dagegen tun? Ihn ausgraben, ihn wegschaffen. Ihn eingraben, wo kein Verdacht ist. Ich habe Angst, dass mich jemand sieht. Die Jeschke lauert. Wenn du vorsichtig bist, wird dich niemand sehen. Ich habe auch Angst davor, ihn auszugraben. Mir graust davor. Ich meine, du w3rst da erher nicht so empfind- 1ich gewesen. Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Ursula: Hradscheck: Ursula: Ursula: 79 Frfiher, ja frfiher - Du musst, Hradscheck, du musst! Bevor du Editha heiratest, muss alles erledigt sein. Wie stellst du es dir vor, wenn sie da ist? Willst du weiter mit dieser Angst herumgehen, dass alles entdeckt werden kgnnte? Ja, du hast recht. Ich muss es tun. Morgen. Jetzt gleich. Meinst du? Eine gfinstige Stunde. Tu es gleich! Du hast mir immer gut geraten. Aber leise! Niemand darf dich hgren. (Hradschecks leise Schritte. Er Sffnet die Tar, die ein wenig knarrt) (flflsternd) Jetzt horch, ob sich im Haus was regt. (Windwehen) Nichts. Bloss der Wind. Er zerrt an den Fen- sterlgden. Jetzt die Treppe hinab! Denke dran, dass die dritte Stufe knarrt. (Hradscheck geht vorsichtig hinunter) Nein, noch kein Licht! Nimm die Lampe mit, aber zfinde sie noch nicht an. Vergiss den Spaten nicht, unter der Treppe! (Der Spaten klirrt ein wenig) Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: 80 Still! (Stille, in der man nur Hradschecks Atemzfige hart) Nein, niemand hat mich gehgrt. Jakob hat einen guten Schlaf. Aber Male nicht. Du musst leiser sein. Es ist nur der Wind. Ich rfihre micht nicht. Ich atme kaum. Jetzt die Falltfir in den Keller! Vorsichtig! (Hradscheck gffnet die Falltflr) Geh die Treppe hinab und schliess die Tar hinter dir! Die Tar hinter mir schliessen? Dass ich wie in der Falle sitze? Ich habe dir immer gut geraten. Man kgnnte den Lichtschein bemerken. Ja, das ist wahr. (Er schliesst die Tar) Jetzt kannst du das Licht anzfinden. (Hradscheck tut es) Und jetztgeh hinunter und grab ihn aus. (Hradschecks Schritte, die Kellertreppe hinab) Hier ist es. (Hradscheck grgbt) Fleissig, Hradscheck, immer fleissig! In einer Stunde dammert es. Keine Zeit verlieren! Siehst Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: 81 du sein Gesicht schon? (hgrt auf zu_graben) Nein, ich kann nicht mehr. Das halte ich nicht aus. Denk an Editha! Grab weiter! (Etwas entfernt ist ein dumpfes Gergusch hBrbar) Was war das? Nichts. Grab weiter! (Hradscheck grgbt) Hradscheck! In einer Stunde schaffe ich es. Du handelst recht unfiberlegt, Hradscheck. Halt mich nicht auf! Hast du darfiber nachgedacht, wo du den Toten hintun willst? Unter den Birnbaum, zu dem Franzosen. Dort sucht man nicht mehr. Ein_guter Gedanke. Aber wie bringst du ihn dorthin? Ich verberge ihn in der Plane, die dort 3ber den Sacken liegt. Und dann? Dann trage ich ihn 3ber die Treppe in den Garten. Das kannst du nicht, Hradscheck. Warum sollte ich das nicht kannen? Ich habe ihn auch heruntergetragen. Hast du es vorhin nicht poltern hgren? Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: Hradscheck: Ursula: ‘ Hradscheck: Ursula: Hradscheck: 82 Es war nichts, sagtest du. Nur ein Fass, das fiber die Falltfir gerollt ist. Die Tar ist hinter dir verschlossen und du bist gefangen. Nein, nein! Sieh nach! (Hradscheck lguft die Stufen empor und versucht die Tar zu heben) Ich sitze in der Falle. Das ist nicht weiter schlimm. Morgen frfih wird man dich suchen. Und die ganze Nacht hier allein mit dem Toten? Nein, das halte ich nicht aus. Ich muss an die Luft. Schrei doch! Poch an die Tar! Weck das Haus! Und was sage ich, was ich nachts mit der Schaufel im Keller tue? Und mit dem halb ausgegrabenen Szulski. Nun, was soll ich da sagen? Das ist deine Sache, Hradscheck. Ich gehe jetzt. Sieh zu, wie du da herauskommst. Aber du hast mir doch geraten, Ursel, - (lacht) Immer gut geraten. (Ihr Lachen ent- fernt sich) (atmet allmghlich ruhiger) Ruhig Blut, Hradscheck! Es hat schon Schlimmeres gegeben. Szulski: Hradscheck: Szulski: Hradscheck: Male: 83 (Der Wind weht ums Haus) Obwohl es schlimm genug ist, dass mir der Wind das Licht ausblgst. Wie ist das mgglich? Durch geschlossene Fen- ster, duroh geschlossene Fenster, duroh ge- schlossene Tfiren? (Er lacht) Unmbglich! So einen Wind gibt es nicht. Und deshalb, Hrad- scheck, keine Bange! Es ist alles bloss getrgumt, die Kellertreppe getrgumt, und - (er zggert) und - (freundlich) Und Szulski ist auch getrgumt. (flflsternd) Jetzt schnell aufwachen, schnell aufwachen, aufwachen! Keine Bange, Hradscheck! Wir kennen uns ja. Alte Geschgftsfreunde, Weinhandlung in Krakau, um vier Uhr wecken - Na? Begrfissen kgnnten Sie mich doch. Wenigstens die Hand geben. Kommen Sie, Hradscheck! (schreit) (Pause) (In der Kfiche. Male beim Geschirrabwaschen) (singt) In einem Stgdtchen, einem tiefen Tale, da sass ein M3dchen an einem Wasserfalle. Sie war so schgn, so schgn wie Milch und Blut, Jakob: Male: Male: Jakob: Male: Jakob: Male: Jakob: Male: Jakob: Male: Jakob: Male: Jakob: Male: 8” im Herzen war sie einem Rguber gut. (tritt ein) Male, wo ist der Herr? Es ist schon acht vorbei. Werden wieder ne lange Sitzung gehabt haben, die Nacht. Das Gepolter hat gar nicht mehr aufgehgrt. Ich mache bloss das Geschirr fertig, dann wecke ich ihn. Na ja, bei Tage ist nicht so schlimm. Da unten ist immer Nacht. (Er geht hinaus) (singt:) Nimm diesen Ring, und sollte jemand fragen, so sag, ein Rguber habe ihn getragen, der dich geliebt bei Tage und bei Nacht und der so viele Menschen umgebracht. (kommt wieder herein) Male! Ja, ich komme schon. Du brauchst ihn nicht mehr zu wecken. Unten im Keller, Male! Den weckt keiner mehr. Du bist ja ganz gran, Jakob. Was ist denn im Keller? Der Herr. Bei den Kleiesgcken liegt er. Jeses! Und neben ihm, Male, halb in der Erde - Nee, hgr auf, Jakob! - liegt noch einer: Szulski. Szulski? Ich denke, der liegt in der Oder? Jakob: Quaas: Kunicke: Quaas: Kunicke: Quaas: Kunicke: Quaas: Kunicke: 85 Dachte ich auch. Und der Herr, Male, sieht aus, als hatte ihm der Teufel den Hals umgedreht. (Im Freien) Und er konnte so munter erzghlen. Nee, ich habs doch nicht von ihm gedacht. Was wird das Kfistriner Gericht sagen? Das Kflstriner Gericht wird nicht mehr viel zu sagen haben. Bewiesen ist am Ende nichts. Na, na! Im Garten liegt der Franzos und im Keller liegt Szulski. Aber wer ihn da hingelegt hat - Hradscheck natfirlich. Keiner weiss es, nicht einmal die Jeschke. Schliesslich ist alles bloss Verdacht. Des- wegen meine ich auch, er muss auf den Kirch— hof. Aber seitab, wo die Nesseln stehen und der Schutt liegt. Klar, ein Unterschied muss sein. Wenn man auch nicht weiss, wie es mit den Unterschieden mal wird. Ob wir mit unsern Levkojen und Astern viel besser dran sind als er mit den Nesseln. E I C H S D A R S T E L L U N G S K U N S T I N D E N H A U P T T H E M B N A Poesie — H3rspiel Verbindung Eichs Gesamtwerk, das vorwiegend aus HSrSpielen und Gedichten besteht, kann diesen zwei Themen nach nur schlecht getrennt beurteilt werden. ! Eichs Verse...sind Dokumente einer genau zusehenden kritisch fragenden Literatur nach 19H5 geworden. Gunter Eich ist in Deutschland einer der" vertrauens- wurdigsten und poetisch sorgsamsten Reprasentanten dieser Literatur geblieben. Die Dichtung ist far ihn ein Weg in das Unbekannte, das Uner- forschte. Ich schreibe Gedichte, um mich in der Wirklichkeit zu orientieren. Ich betrachte sie als trigonometrische Punkte oder als Bojsn, die in einer unbekannten Flache den Kurs markieren. So wundert es nicht, dass Gehalt und Stoff, sowie die magische " Tendenz der Lyrik in seinen H3rspielen zu vollkommener Uber- zeugungskraft gelangen. "Nirgends in der neuen Dichtung haben O O O " O O O Poe31e und Mag1e e1nen so pra21sen Bund geschlossen w1e 1n 1Walter Hollerer, Nachwort zu: Gunter Eich, Aus e- wahlte Gedichte, (Verlag Suhrkamp, Frankfurt 961), S8. Diesesterk ferner bezeichnet als: Eich, Ausgewahlte Gedichte. 2Gi'lnter Eich, "Einige Bemerkungen zum Thema 'Literatur und Wirklichkeit'", Akzente, (Carl Hanser Verlag, Manchen; 1956), Jg.III, 315. Fernerhin bezeichnet als: Eich, Bemerkungen. 86 87 in Eichs H3r5pielen."3 Gerhard Prager hebt diese Poesie- ngSpiel Verbindung in einem sechsseitigen Artikel besonders hervor.” Auch Klose stellt die Verknapfung in verschiedenen Angaben heraus: Gerade far Eichs Spiele ist die Verbindung zu seinem lyrischen Werk stets zu beachten. Deshalb war es sinn- voll, dass der Suhrkamp Verlag seine Reihe preiswerter Studienausgaben mit einer Auswahl von Gedichten und dem Horspiel 'Die Madchen aus Viterbo' eroffnete.5 Oder auch: 'Botschaften des Regens' nennt Eich seine seit 1950, also gleichzeitig mit seinen bedeutendsten Horspielen geschaf enen Gedichte, und der Leser dieser Verse wird die schopferische Einheit von Lyrik und HorSpiel im Gesamtwerk des Dichters offenbar.6 Es wird dem Sachbearbeiter, der Eichs Werke urteilend und vergleichend liest oder hart, binnen kurzen klar, dass die Gedichte die gedanklichen Unterlagen far sein gesamtes Schrei- ben bilden. Das behauptet selbst der Autor: "...ich versuche noch etwas zu schreiben, was anderswo hinzielt. Ich meine das Gedicht. (...) Notwendig ist mir allein das Gedicht."7 Aus diesem Grunde soll auch in folgenden Betrachtungen der Versuch nicht gemacht werden, Eichs ngspiele von seiner 3Curt Hohoff, "Gunter Eichs Hieroglyphik", Geist und Urs run (Ehrenwirth Verlag; Munchen; o. J. ), 210. Im we1teren bezeichnet als: Hohoff,Hierog1yphik. uPrager, Existenz, 160-165. 5Klose, Zeitkritik, 363. 6Klose, H3rspiel im Unterricht, 86. 7Eich, Bemerkungen, 31u/315. 88 Poesie zu entbinden. B Die Sprache Eichs lyrische Motive in der Umgangssprache hoben sich deutlich im H3rspiel "Unterm Birnbaum" hervor. Die lyrische Sprache darin ist aber nicht nur Klang ffir den H3rer, sondern sie ist auch ein eigenes Kunstwerk. Ganter Eich, der als Lyriker gelernt hat, der Klang- gestalt des Wortes nachzuspuren, schuf sich im Horspiel eine eigene Sprache. Er spricht eine Sprache ... jene an kein Idiom gebundene Sprache der Kunst, welche die neuen 'Realitgtsvokabeln' unserer in ununterbrochener Veranderung befindlichen Welt gewissermassen zu einem einzigen Satz zusammenffigt, dessen Syntax, dessen Architektur uber diese Welt und die Stellung des Menschen in ihr eine zentrale Aussage macht, und zwar in so konzentrierter Form, dass die Dichtung selbeg zum Modell des menschlichen Daseins in der Welt wird. Es ist eine "neue, sprachhaltige" Sprache, die viele moderne Anhgnger gefunden hat: Ilse Aichinger, Wolfgang Borchert, Heinrich B311, Friedrich Darrenmatt, Max Frisch, u.a. "Diese Sprache ist nicht dunkel, schwingend und allseitig; sie ist "10 Sie ist anschaulich, hart, klar, kalt, prgzis und schmal. getreu, und ehrlich in der Beschreibung, selbst im Ungewghn- lichen: 8Klose, H3rspieldichtung, 163. QScholl, Spiel, 358/359. 10Gl'inter Blacker, Die neuen Wirklichkeiten (Linien und Profile der modernen Literatur , Argon Verlag, Berlin; 1961), 1a. 89 Uber stinkenden Graben, Papier voll Blut und Urin, umschwirrt von funkelnden Fliegen, hocke ich in den Knien, den Blick auf bewaldete Ufer, Garten, gestrandetes Boot In den Schlamm der Verwesung klascht der versteinte Kot. Eich hat sich als Schriftsteller einer besonderen Auf- gabe gewidmet: "Ich bin Schriftsteller, das ist nicht nur ein Beruf, sondern die Entscheidung die Welt als Sprache zu sehen."12 Durch diesen Vorsatz ist Eich das geworden, was Alfred nglin in einem Vortrag von 1929 als einen "Sprach- steller"13 anstatt eines Schriftstellers bezeichnet. Wie viele andere so erkannte auch Eich die bedauerliche Tatsache, dass die an sich sehr lobenswerte Buchdruckerkunst die ngsprache leider immer mehr zu einer SchriftsPrache formu- lierte, die duroh diesen Vorgang nach und nach die H3rbarkeit verlor. Ganter Hahn meint dazu: Das ngs iel ist hervorragend dazu geeignet uns Sprache wieder horen zu lassen, uns von der Allmacht des ge- druckten Buchstabens zu befreien. Klose aussert sich in ghnlicher Weise: Keiner hat wie Eich aus der Banalitat des Alltags eine nur horbare Sprache ent ickelt, die segne Stimmenspiele zu Chiffren des Lebensratsels erhebt.l 11Gt'inter Eich, Gedicht "Latrine" in Abgelegene Gehofte, Kurt Schauer Verlag, (Frankfurt/M.; 19H8), nu. Weiterhin bezeichnet als: Eich, Gehofte. 12Eich, Bemerkungen, 31%. 13Alfred nglin, Zitat in Heinz Schwitzke, Form, 818. ll‘Hahn, HBrspiel, 75. 15Klose, H3rspiel im Unterricht, 10H. 90 Im H3rspie1 "Unterm Birnbaum" ist gut ersichtlich, wie Alltagsbanalitgt und Umgangssprache zur Chiffre, zur hgheren Wirklichkeit wird. In die kleine Welt von Heim, Garten und Geschgft, wo Wgrter wie "abgemurkst", "ausgebuddelt" und "geputscht" zu Hause sind, dringen die Erscheinungen einer anderen Welt und machen eine Erbschaftsgeschichte zum Urteilsgerichte. Ganter Eich ist unerbittlicher Gegner der modernen Sprachlenkung, einer bekannten Methode - und nicht nur wahrend der Hitlerzeit. So beantwortet er die rhetorische Frage: Was in der Dichtung aber ist das Nicht-Harmlose, das Unbequeme, das was der Sprachlenkung zuwider ist? Zunachst ihre Existenz selbst, die Existenz in einer Sprache, die sich jeder Lenkung entzieht. Das drflckt er nochmals in anderen Worten aus: Sprache, die uber die gelenkte, die von ihr genehmigte hinausgeht, ist nicht erwunscht.l7 Er weist auf einige Vokabeln hin, die in der "sogenannten Kulturkritik" gebraucht werden: Zersetzend, nihilistisch, negativ, trostlos, intellek- tuell, heillos. Sie haben alle den Charakter eines endgfiltigen Urteils, gegen das es keinen WiderSpruch gibt, den Antwortcharakter. 15Gunter Eich "Darmstadter Rede" (bei der Entgegennahme des Georg Buchner Preises), Akzente, Carl Hanser Ver- lag, (Munchen; 1960), Jg. VII, 39. Diese Ansprache ferner bezeichnet als: Eich, Rede. 17Eich, Rede, an. 91 Aber dennoch zuversichtlich mit RHcksicht auf sein eigenes Schaffen und auf die positiven Werte in der Sprache, meint er: ... die Sprache wird nicht mehr verbogen, zerdrfickt, zerbrochen und pulverisiert, Sprache ist ein Verstan- digungsmittel, jeder spricht, jeder schreibt, jeder lieStoooo 9 Es ist interessant zu bemerken, dass auch andere Sprachen 3ber das Verstgndigungsmittel hinaus ffir Eich be- stehen, wie z.B. Entscheidungen, Vorffihrungen und Uber- setzungen aus der unmittelbaren Natur. "...Spraohen ohne Laut, die nicht erforscht werden, ... Entscheidungen geschehen im Taubenflug."20 ... jede Vorffihrung ist ein Dialog, in einer Sprache geffihrt, die es nicht gibt, ein stummer Dialog, der auch den Beteiligten kaum bewusst ist.21 Aus dieser Sprache, die sich rings um uns befindet, zugleich aber nicht vorhanden ist, gilt es zu uber- setzen. Wir ubersetzen ohne den Urtext zu haben. Die gelungenste Ubersetzung kommt ihm am nachsten und erreicht den hochsten Grad von Wirklichkeit.22 Uber diesen Gebrauch sagt er zusammenfassend: "Als die eigent- liche Sprache erscheint mir die, in der das Wort und das Ding zusammenfallen."23 Gufiter Eich hat es wie kein anderer verstanden, die dichterischen Sprachmgglichkeiten des H3rspiels auf Grund des 19Eich, Rede, H1. 20Eich, Ausgewghlte Gedichte, ("Tauben"), H7. 21Eich, Trauma, 69. 22Eich, Bemerkungen, 31H. 23Eich, Bemerkungen, 31M. 92 Wortes zu erkunden. So bekennt er: Jedes Wort bewahrt einen Abglanz des magischen Zu- standes, wo es mit dem gemeinten Gegenstand eins ist, wo es mit der Schopfung identisch ist. 2” Das Wort, der Logos, als Grundelement oder Teilwesen einer verschlasselten Sprache, ist von verschiedener, aber fast immer von magischer und wesentlicher Bedeutung. Er entzieht den Vokabeln den beschreibenden Sinn, nimmt das landlaufig Begriffliche von ihnen, um sie zu Zeichen informativer Bedeutung zu machen.2 Fortwghrend versucht er das ratselhafte Wort zu Habersetzen": Im Spiel "Allah" ist dieses verschleierte Wort der hundertste Name, "der alles begreift, der Himmel und Erde bewegt -"25 In "Unter Wasser" sagt Elias zur Schlange: "Die wenigen, die das Wort erfinden kgnnten, haben keine Zeit dazu."27 Das Geheimnisvolle des Wortes kann auch im Plural ausgedrfickt werden - Eichs "geflfigelte Worte". So sagt Paul: "Wgrter sind dazu da, um ausgesprochen zu werden."28 Im Traumspiel "Geh nicht nach El Kuwehd" sagt Jezid: "Es gibt immer mehrere Wgrter far das gleiche."29 In "Allah" Hakim zu 2L*Zitrnach Clemens Heselhaus, Deutsche Lgrik der Moderne, August Bagel Verlag, (DusseIdorf; 1961), ##9. 2501iase, Eich, 280-281. 26Eich, Stimmen, 91. 27Gunter Eich, "Unter Wasser" (Marionettenspiel), Akzente, Carl Hanser Verlag, (Munchen; 1960), Jg.X, Heft I, 69. Hier ferner bezeichnet als: Eich, Unter Wasser. 23Eich, Stimmen, 12o. 29Eich, Tr3ume, 30. 93 Fatime: "Es gibt fiberhaupt nur Wgrter und keine Dattel- palmen."3O In "Unter Wasser" wieder, der Tintenfisch zu Elias: "Jeder hat seine wgrter, mit denen er die Welt ordnet. Wenn man sie alle wiisste!"31 Im ersten Traum sagt der Enkel zum uralten Grossvater: "...meinst du, wir werden glficklicher davon, wenn du uns erzghlst, dass es ein— mal schgner war? ... Alles Wgrter, Wgrter, - was sollen wir damit".32 Der erregte Tintenfisch in "Unter Wasser" schreit zum Engel: "Buchstaben, Wgrter! Wovon sprichst du? Ich schreie Schmerzen aus, du Engel."33 Aber nicht nur der Schmerz, das Glfick oder die unbe- stimmte Aussage einer zeichenhaften Bedeutung wohnen dem Wort inne, sondern auch die Flfissigkeit der Einheit, wie der der Persgnlichkeit, des Raums und der Zeit. Das Wort hat eine eigene Macht, es kann uns zwischen den verschiedenen Zeitabschnitten mit der Blitzge— schwindigkeit des Gedankens hin- und hertragen, ja, in mehreren zugleich verweilen lassen.3” Man darfte diesen Angaben nach behaupten: Eich ziehlt O O O n O zr1cht nur darauf h1n e1n Sprachkunstler zu se1n, sondern auch ein Meister des individuellen Wortes. 30Eich, Stimmen, 107. 31Eich, Unter Wasser, 61. 32Eich, Tr3ume, lu9. 33Eich, Unter Wasser, 79. 3“Schwitzke, Form, 819. 9H Oktober tgtet. Oh Blumenblut!" Den Waldsaum rotet der Pfaffenhut.35 GUnter Eich ist ein Meister der Tarnung; hinter kleinen Worten verbirgt sich tiefe Bedeutung; das Geplatscher desnsmall talks tauscht uber Untiefen hinweg; die Bana- litat versteckt das Numinose.36 Der ther warf seine blaue Feder in den Sand. Sie liegt wie eine schlaue Antwort in meiner Hand.37 Durch die Wortfghigkeit erlangt sein H3rspiel volle Wirkung. Sie erweckt im H3rer jene a-visuellen Bilder. Die Spannung des individuellen Spiels wird erhght durch: den dauernden Ortswechsel, duroh das gedrangte Zeitelement, und duroh die akustischen Montagen, die hier viel natfirlicher als im Film wirken. Es ist verstandlich, dass die mandliche Wiedergabe des Wortes bei weitem eindrucksvoller ist als das gelesene H3r- spiel. Diesen Eindruck fachmgnnisch beim H3rer hervorzurufen, beruht vor allem auf der Kunst des Dichters und nicht der der technischen Assistenten. Wenn die Kunst des Dichters versagt, kann auch die beste Technik dem Horspiel nicht auf die Beine helfen, und selbst Sprecher und Regisseur sind mehr als im Theater hier nur Diener des Wortes.... 8 35Eich, Ausgewghlte Gedichte ("Pfaffenhut"), 32. 36Walter Jens, Nachwort zu: Ganter Eich, Die M3dchen aus Viterbo, (Suhrkamp Texte 2), Suhrkamp Verlaga (Frankfurt/Main; 1960), 55. Diese Fassung des Hor- Spiels hier weiterhin bezeichnet als: Eich, Viterbo. 37Eich, Ausgewghlte Gedichte ("Die therfeder"), 32. 33Klose, ngspiel, 95 Oder auch: Der wichtigste Mann des H3rspiels ist aber nicht der Toningeneur, sondern der Autor....39 Nicht der technische Schall des H3rspiels, sondern der "Laut" des Autors findet Widerhall in Sinn und Seele. Die Meisterhaftigkeit Eichs in der Handhabung des Lautes gussert sich in der Wahl des Wortes wie auch in der geschickten Einbauung des stimmenlosen Tons. Tgne, Laute und Gerausche, bisweilen auch Musik, erzielen als erregende akustische Mittel far den H3rer das Raumgefuhl. Ganter Eich ist auch hier Kgnner vom Fach. Blenden, Montagen, Schnitte, Gerausche und die korper- losen Dialoge des StimmensEiels sind dem Lebensgefuhl Eichs adaquate Stilmittel. Die Mittel sind nicht nur Klangillustration des Wortes oder Untermalung des Gesprochenen, sondern sie sind auch oft- xnals die direkte Fortsetzung des Sprechens, die dichterischen Leitmotive fur die allgemeine Angst des Menschen. Bestimmte Gerausche sind leitmotivisch als Symbole der Angst dem Spiel der Stimmen unterlegt.“ll Leitmotive findet man bereits in seinen Gedichten angedeutet. O O I " Wir wollen e1n1ge davon anfuhren: l das Platschern des Regens (Ged."Botschaften d. Regens", u.a.) 2 der Flfigelschlag ("Tauben"; "Die therfeder"; u.a.) 39Klose, H3rspiel im Unterricht, l2. 1+0Klose, H3rspiel im Unterricht, 105. ”lKlose, Kunst, 59. ————.—.—.. .——_. ~— 96 3 die Stimmen der Natur ("Die Orgel der SHmpfe"; u.a.) u das Glockenlguten ("Geisenhausen") 5 das Motorendrghnen ("Angst") 6 das Baumerauschen ("Fragment dem Mond gewidmet"; u.a.) 7 die Stimme des Windes ("Niederschgnhausen"; u.a.) Oder einige hgrbargemachte Leitmotive der Angst: l das Gerausch des Zugs ("1. Traum") 2 die stapfenden Schritte ("3. Traum") u das Nagen der Termiten ("5. Traum") 5 die Wogen des Meeres ("Die Brandung vor Setubal") 6 das Wassertropfen in den Katakomben ("D. M3dchen a. Viterbo") 7 das Hammern, als das pochende Gewissen ("Unterm Birnbaum") In der Eichschen Welt gibt es keine Grenzen far Gerausche oder Tgne. Diese kgnnen in kosmischem Ausmasse vorkommen. Der Einleitungsvers zum fanften "Traum" lautet: Die Griechen glaubten, die Sonne auf ihrer Fahrt fiber den Himmel riebe sich an ihrer Bahn und erzeuge so einen Ton, der unaufhgrlich und ewig gleichbleibend und deshalb ffir unser 0hr nicht vernehmbar sei.“2 Des 8fteren aber vermittelt ein spezielles "Hyper—, bzw. HypohBrvermggen" die nur manchmal hgrbaren TBne des Alls. In einem Spiel stellt eine sehr "menschliche" Schlange fest: "Jahrhunderte, immer mit diesem Ton! Eine Art Spgren- :musik."”3 Im Einleitungsvers zum ersten "Traum" steht: Fuhrest auch du einmal aus den Armen der Liebe auf, weil ein Schrei dein Ohr traf, jener Schrei, “lEich, Tr3ume, 179. "2Eich, Unter Wasser, 69. 97 dfin unaufhorlich die Erde ausschreit und den du fur Gerausch des Regens sonst halten magst oder das Rauschen des Winds. u” Dieser Schrei kehrt auch an anderen Stellen in demselben "Traum" wieder. Catarina sagt: "Aber als ich den Schrei hgrte, wusste ich plgtzlich, dass wir alle sterben mfissen."”5 Der fanfte "Traum" endet mit dem Schrei, den die Tochter ausstgsst und das Gedicht "Kgnigin Hortense" endet lakonisch: ”5 Dazu meint Hohoff, Eich gilt "als der "1+7 "Es schreit". beste H3rspieldichter im deutschen Sendebereich. Auf diesen erfundenen "Laut- oder Tonebenen" des ng- Spiels gibt es keine Demarkationslinie zwischen Realem und Irrealem, Rationalem und Irrationalem. Das Jenseitswelt- liche rflckt ngher. So lasst Eich in "Meine sieben jungen Freunde" Therese die Tgne einer andren Welt in Form von Gebetmflhlen hgren, denn es gibt far ihn mehr Dinge als die, . 0 N " d1e W1r horen oder uns ertraumen. C Das Jenseitsweltliche Diese anderen Dinge, die far Eich starke Wirklichkeit besitzen umfassen u.a. die andre Welt oder das Jenseitswelt- unEich, Trauma, 1H5. ”SBieh, Stimmen, 356. ”5G3nter Eich, Botschaften des Regens (Gedichte), Suhr- kamp Verlag, (Frankfurt/ Main; 196I), 49. Hier ferner bezeichnet als: Eich, Botschaften. ”7Hohoff, Hieroglyphik, 206. 98 liche. "Es ist die andere Seite des Mondes, die wir sonst nie sahen!" so bezeichnet Antonia es im H3rspiel "Die M3dchen aus Viterbo.""‘8 Catarina in "Die Brandung vor Setubal" bezeichnet es mit diesen Worten: "Und da es die Pest gibt, gibt es auch das andere."“9 So konstatiert auch der Tiger Jussuf in demgleichnamigen H8rspiel: "Es gibt hinter Kgfig und Zirkus noch eine andere Welt".50 Demgemgss fahlen sich die Menschen bei Eich oft von dieser andren Welt berfihrt und glauben, bereits einmal gewisse Erfahrungen gehabt zu haben. In "Geh nich nach E1 Kuwehd" sagt Welid im Gesprgch mit Mohallab: "Das Geffihl, man hgtte etwas schon einmal gesehen, einen Augenblick schon einmal erlebt'.‘.§l Doch bleiben die Erlebnisse vielschichtig, ver- schleiert und unklar. Im Zentrum des Spiels "Zinngeschrei" steht in der dritten Szene, genannt "Kurz vor Mitternacht": Hinter verhangenen Scheiben wird das Schaufenster geordnet. Ich glaube nicht, dass wir leben,- es ist der Tag, den wir zuruckwfinschten.52 Durch Botschaften oder Zeichen, die von jener Welt ausgehen, erkennt man das grosse Geheimnis der einfachen Dinge. Welid sagt zu Mohallab: ”BEieh, Stimmen, 218. l‘9Eich, Stimmen, 373. 50Eich, Tr3ume, 70. 51Eich, Tr3ume, 9. 52Eich, Stimmen, 230. 99 Ihr seid einmal hier gewesen, ohne es zu wissen. Als Kind vielleicht. Das kommt wieder mit dem Flfigel einer Lerche, mit einem Ton, mit einem Geruch.53 Auf den Flflgeln dieser Botschaften kommt das Wundersame, das Phantastische, das Geheimnisvolle. Im Gedicht "Die therfeder" sagt Eich von sich: Ich bin, wo der Eichelhgher zwischen den Zweigen streicht, " ...einem Geheimnis naher, das nicht ins Bewusstsein reicht... es liegt mir auf der Zunge, doch gibt es daffir kein Wort.5” In der letzten Strophe des Gedichts "Tauben" sagt er: ...dass neben deinesgleichen heimliche Kgnigreiche bestehen, Sprachen ohne Laut, die nicht erforscht werden, Herrschaften ohne Macht und unangreifbar, dass die Entscheidungen geschehen im Taubenflug. 55 wahrend diese "andere Welt" ihre tonalen Botschaften aus- sendet, kann der Mensch nicht umhin, bisweilen den Hauch des Irrationalen vernehmen zu massen. In der zweiten Strophe des Gedichts "Botschaften des Regens" steht: Bestfirzt vernehme ich die Botschaften der Verzweifelung, die Botschaften der Armut und die Botschaften des Vorwurfs.56 Im Gedicht "Es ist gesorgt" heisst es: "Der Gaterzug spricht, was ihm vorgezeichnet ist. / Wort um Wort fgllt der Wassertrop- fen ein."57 Und im Gedicht "Abendliches Fuhrwerk": "Noch andere 53Eich, Trauma, 15. 5“Eich, Ausgewghlte Gedichte, ("Die therfeder"), 31. 55Eich, Botschaften, ("Tauben"), 53. 56Eich, Botschaften, ("Botschaften des Regens"), 15. s7Eich, Botschaften, ("Es ist gesorgt"), 3H. 100 Schritte gehen / im Klappen des Pferdeschritts".56 Im Manuskript "Beatrice und Juana" erkundigt der Arzt sich bei Carlo - der diese Fragen spgter bejaht: "H3ren Sie manchmal Stimmen? Ich meine: Von jemand, der nicht da ist?"59 Und in "Sabeth" erklgrt der Bauer: "Ich habe was gehSrt, was nicht zu horen war". 60 Im dritten "Traum" ist Elsies Beschreibung so: "Ich weiss nicht was es ist, - aber ich hgre etwas".61 Far Anita liegt dieses Etwas hinter einer verschlossenen Tar: "Jedenfalls sehe und hare ich duroh ein'Schliisselloch".62 Im Gedicht "Nachts" findet sich dieser Vers: Nachts hgren, was nie gehgrt wurde: den hundertsten Namen Allahs, den nicht mehr aufgeschriebenen Paukenton, als Mozart starb, im Mutterleib vernommene Gesprache.63 Offenbar versteht Eich es gut, Gegensgtze gleich zu- schalten. In der Handhabung der Strang- und Knotentechnik, die auf den Prinzipien 'Antithese' und 'Parallelismus' basiert, zeigt sich die Meisterschaft des Horspiel- dichters Eich. 58Eich, Abgelegene Gehgfte, 7. 59Gunter Eich, Beatrice und Juana (unveroffentlichtes Horspiel naoh’MerimeegiIQSH), 7. Weiterhin bezeich- net als: Eich, Beatrice, (Manuskript). 60Eich, Trauma, 110. 6lEich, Tr3ume, 16H. 62Eich, Tr3ume, 98. 63Eich, Botschaften, ("Nachts"), 56. 61*Walter Jens, Nachwort zu: Eich, Viterbo, 58. 101 Jene Botschaften, die aus dem Kosmos kommen, sind Zeichen, die man im Traume sieht, im Schlafe hgrt. Ober- flgchlich gesehen sind sie beilgufig, harmlos und belanglos. Wir finden sie nicht nur im Rollen des Gaterzugs, im Klappen des Pferdeschritts, sondern auch: "Im Ruf eines Vogels und im Blick des Kindes, in einer Wolke, einem Ziegelstein und im Schreiten eines Kamels".65 In einer Traumatmosphgre ist es nicht verwunderlich, dass auch metaphysische Erscheinungen auftreten kgnnen. Menschen aus der Vergangenheit und Tiere, die sehr menschlich und realistisch denken und sprechen. So sind der Rabe Sabeth und der Tiger Jussuf Begegnungen Auserwghlter mit dem Jen- seits. Juana, in "Beatrice und Juana", eine Erscheinung aus zweihundertjghriger Vergangenheit spricht zu Carlo: "Wir sind uns schon einmal begegnet Carlo, - in einem frflheren Leben, -"56 Auch in "Unterm Birnbaum" erscheinen Hradschecks Frau und der ermordete Szulski als Geister.67 Die breite Uffentlichkeit der Radiohgrer sah in ghn- lichen Erscheinungen zuerst weiter nichts als eine Art "Geisterspuk". Sie musste sich aber bald belehren lassen, dass eine neue Wirklichkeit hier dargestellt wurde. Eine Wirklichkeit, die nicht die alltggliche Realitgt bedeutet, sondern sich mit der Sichtbarmachung des Uberwirklichen befasst. 55Eich, Stimmen, 110. 66Eich, Beatrice (Manuskript), 13. 67Eich, Unterm Birnbaum, diese Vorlage, 78, 83 102 Aufgabe des HorSpiels und sogar ziemlich das einzige Thema Gflnter Eichs bedeutendster Stucke ist, den Menschen und die Wirklichkeit unter neuen Bedingungen zu erproben. Diese Aufgabe erffillt er mit meisterhafte Begabung. Im Zen- trum des Spiels "Zinngeschrei" steht dieser Vers "Kurz vor Mitternacht": Hinter verhangenen Scheiben wird das Schaufenster geordnet. Ich glaube nicht, dass wir leben - es ist der Tag, den wir zuruckwunschten.69 D Die Macht Der Gegenstand der Macht ist in den H3rspielen Eichs ein immer wiederkehrendes Thema. Es ist teils die Macht der Autoritgten oder die Macht des Geldes oder auch teils eine unabwendbare, anonyme Macht, wie in den ffinf "Tr3umen." Eichs persgnliche Einstellung der Macht gegenfiber ist charakteristisch. In seiner Darmstgdter Ausprache sagt er: "Ich gestehe, dass ich 3ber die Macht recht unvernanftig denke".70 In derselben Ansprache meint er an einer anderen Stelle: ...mich ergreift kein freudiger Schauer angesichts der Macht, ob sie beansprucht oder erlistet, erkampft, erzwungen oder wohl erworben sei. 68Schwitzke, Form, 820. 69Eich, Stimmen, 230. 70Eich, Rede, no. 71Eich, Rede, 81. 103 Der Drang nach Machtstellungen ist zumindest so alt wie der Homo-sapiens. Moderne Macht aber entfaltet sich totalit3r, weil sie technisiert und organisiert werden kann.(...) Daher ist die technisch perfektionierte Macht ein Zentral- thema des heutigen Schriftstellers.72 Auch Eich stellt das fest: Zwischen Ural, Ruhr und Caracas nehmen die Khnlich- keiten zu: Macht, Machtwfirde, Funktion3re, Schlussel- positionen." Die Herrschaft uber die H3nde und die Herrschaft uber die Seelen, und alles ist dabei, sich Worterbuch und Syntax herzustellen. 73 Er fragt uns alle: Und geht es nicht immer darum, den Menschen zu einem der Macht dienlichen Verhalten zu zwingen, ihn auszu- richten und eindeutig zu machen? Denn: Das Verfahren der Macht, sich mit Werten zu maskieren, spekuliert darauf, dass sie mit diesen Worten identi- fiziert und also selber fur einen Wert gehalten wird. Und dieser Wert ist nicht viel wert far Ganter Eich. Poetisch erk13rt er die Macht so: Was ist Macht?: Das Ach, das sie enth3lt, und die Nacht, auf die sie sich reimt, das ist sie: Der Seufzer und die Finsternis in unserem Leben.76 Diese Macht ist ein spezieller Feind der Sprache. Dass die Macht die Sprache far ihre Zwecke einrichtet, 72Klose, H3rspiel im Unterricht, 98. 73Eich, Rede, us. 7L*Eich, Rede, H3. 75Eich, Rede, HM. 75Eich, Rede, u1. 10a sollten wir wissen, seitdem es ein Reichsministerium fur Volksaufklarung und Propaganda gegeben hat. 77 Und so fordert Eich zur kritisohen Beurteilung auf: Um die Kritik der Macht geht es, darum, ihrem Anspruch das Ja zu verweigern. So fordert er zum Misstrauen gegenfiber der Macht auf: "Seid misstrauisch gegen ihre Macht, die sie vorgeben fur euch / erwerben zu mussen". 79 Und so ist Eichs Horspiel "ein Meisterstfick moderner Dramaturgie".80 Sein bester Ratschlag hinsichtlich der Herrschaft und unsrer persgnlichen Wichtig- keit, ist der: "Vertrau deiner Macht nioht,/ so wirst du auoh nicht verwundert sein,/ wenn du erfahrst, dass du un- wichtig bist".81 Das gesamte Horspiel "Zinngeschrei" ist im wesentlichen ein Spiel, das sich um die Gier nach Geld und Macht im Rollentausch des Sozialismus mit dem Kapitalismus dreht. Der Sohn eines reichen bolivianischen Zinnmagnaten erfahrt, wie sein Vater den Familienreichtum mit dem Leben von 57000 Indios erkaufte. Der leichtfertige Sohn, vom Gewissen ge- peinigt, verlasst das Haus, wird arm und ein guter Mensch. Durch den revolutiongren Journalist Valera zeigt Eich, dass 77Eich, Rede, ul. 78Eich, Rede, H0. 79Eich, Traume, 190. 80Joachim Kaiser, Worte zu: Eich, Viterbo, RECkum- schlagseite. 31Eich, Ausgewghlte Gedichte ("Tauben"), H6. 105 der Sozialismus die Gier nach finanzieller Macht mit dem Kapitalismus gemeinsam hat, nur mit dem Unterschied, dass die Funktiongre sie erstreben, die Plutokraten sie bereits haben. Khnlich dieser Handlung wurde eine Leidenschaft nach Geld und Macht in "Unterm Birnbaum" dargestellt. Aber dem Ehepaar Hradscheck war es nicht verggnnt, das "Slack" lange zu besitzen, es zerbrach und zerschellte wie Glas. E Das Glaok Eich glaubt nicht an das Slack. Alles Glflck ist far ihn nur Scheinglfick. In seinen "Tr3umen" und in "Unterm Birnbaum" erweist sich die Problematik des menschlichen "Glficks" als ein Leitthema, das er stets befehdet. Das hausliche Glfick, die Geborgenheit, die Lebensversicherungen, unsere moderne, zweckstrebige und unkanstlerische Lebensform, alles dies stellt er in Frage. Er farchtet sich vor diesem irdischen "Slack". Er spricht das in seinem Gedicht "Der Mann in der blauen Jacke" aus, worin der einfache Mann im Kreise seiner Familie den patriarchischen Abend geniesst: "...ich neide ihnen ihr Glfick, das ich nicht teilen muss".82 Im Horspiel "Blick auf Venedig" unterstreioht Emilio diese Einstellung: "Ein Slack, das die meisten haben, ohne dass sie 8ZEich, Ausgewghlte Gedichte ("Der Mann in der blauen Jacke"), R3. 106 glficklich sind".83 Eich fragt wiederholt, was denn das Glfick eigentlich ist, und Sohirin sagt zum unglficklichen Mohallab in "Geh nicht nach £1 Kuwehd": "Das Glfick hat viele Gestalten. Aber du kennst nur eine. Du bist blind".81+ Dann taucht die Frage auf, wo ist dieses Glfick auf Erden zu finden? In den Abgrflnden, im Tod? Das Gedicht "Augen- blick im Juni" schliesst: "...und in den Abgrfinden wohnt verborgen das Glfick".85 Und der Chor der frfihzeitig Gestorbenen im Horspiel "Radium" singt: "Wir kgnnen das Glfick, das grosse, kaum fassen: 2233.92.22§.EEEE sterben lassen! Denn es ist kalt auf Erden".86 Doch die meisten Menschen verfallen immer wieder dem irdischen Slack. "Wir richten uns immer wieder auf das Glfick ein,/ aber es sitzt nicht gern auf unseren Sesseln".87 Die allgemeine Suche und Hast nach dem Glfick und die Schwierigkeit, es zu erlangen, wird in den folgenden Partien zum Ausdruck gebracht: Chabanais im Horspiel "Radium": "Wir werden das Glfick noch einmal einholen, Elisa, so schnell es 83Gi'mter Eich, "Blick auf Venedig" (H3rspiel), Merkur (15“). Deutsche Verlagsanstalt, (Stuttgart; I950}, Jg.XIV, Heft 12, 1167. Fernerhin bezeichnet als: Eich, Venedig. 81“Eich, Traume, 39. 85Eich, Ausgewghlte Gedichte ("Augenblick im Juni"), nu. 86Eich, Radium (unveroffentlichtes Horspiel nach R. BrunngraEer; o.J.),37. Weiterhin bezeichnet als: Eich, Radium (Manuskript). 87Eich, Botschaften, ("Betrachtet die Fingerspitzen"), 1"”. 107 88 Die Bauerin in "Sabeth": auch fortrollt auf seiner Kugel". "Ich war nahe einem grossen Glfick, so nahe wie noch nie, aber nun auch gewiss, dass es unerreichbar war".89 Richards in "Das Jahr Lazertis": "Aussgtzig zu werden, das ist fast so schwer wie glucklich zu werden". 90 Und Paul in demselben Horspiel erwidert: "Die Ferne ist die Voraussetzung des Glucks". 91 Emilio sagt in "Blick auf Venedig": "Fehlte uns der KOpf, ware das Glack vollkommen".92 Auf einer Expedition glaubt Peter das Slack im Schlafen gefunden zu haben, und als die afrikanischen Trommeln beginnen, sagt er: "Ja das ist es. Jetzt fehlt mir nichts mehr zum Gli'lck".93 Dazu aber meint Eich persgnlich, in der Einleitung zu seinen ffinf "Tr3umen": "Ich zweifele an der Gate des Schlafes, in dem wir uns alle wiegen. / Es gibEt] kein reines Glack mehr ( - gab es das jemals? -)"9” Im Gedicht "Im Sonnenlicht" sagt er: Ich furchte das Slack, - ich habe es nicht verlangt. (...) das unverlangte Geschenk, - eines besturzenden Tageg5 wird es zuruckverlangt.5 88Eich, Radium (Manuskript), 19. 89Eich, Traume, 11a. 90Eich, Stimmen, 117. 91Eich, Stimmen, 117. 92Eich, Venedig, 1161. 93Eich, Tr3ume, 178. guEich, Traume, 1u5. 95Eich, Botschaften ("Im Sonnenlicht"), #2. 108 In einem anderen Gedicht "Gegenwart" kommt das Scheinglfick zur vollen Gestalt: Und immer Gespinste, die uns einspinnen, Aufhebung der Gegenwart, ungultige Liebe, der Beweis, dass wir zufgllig sind, ...95 Man durfte somit wiederum behaupten, dass Eich ein Meister in der Darstellung des fragwfirdigen Glficks ist. Das Glflck ist zweifelhaft, und obgleich die Fragen des mensch- lichen Glficks in allen Versicherungen beantwortet werden und das "Glack" durch Geld und Unterschrift zu haben ist, betrfigen wir uns, denn Die Jagd nach Sicherheit, nach dem risikolosen Gluck macht uns unruhiger und abhangiger als je zuvor. Wir schaffen immer neue Institutionen und zahlen viel Geld fur unser "Gluck", doch wir bezahlen zuletzt mit Freiheit.97 , War das nicht auch letzten Endes das Problem in "Unterm Birnbaum"? Hradscheck und seine Frau bezahlten mit ihrer Freiheit far das "Glfick" durch ihren gegenseitigen Tod und verloren somit alle ihre so geschgtzten Besitztamer. F Die Zeit Zum Thema Zeit hat Ganter Eich auch einen Beitrag gegeben, und zwar nimmt es allem Anschein nach wesentliche Bedeutung an. Wie Klose schon bemerkt: 96Eich, Botschaften ("Gegenwart"), 10. 97Klose, HSrSpieldichtung, 166. 109 Seine Frage auf Leben ist letzlich die Frage nach der Zeit, die Grundfrage der modernen Literatur, und im Horspiel besonders dringend und vielschichtig gestellt. 98 Die grosse Problematik der Zeit kOmmt passend in Pauls Mono- log in "Das Jahr Lazertis" zum Ausdruck: Wo aber bleibt vor allem die Zeit, die viele Zeit, die vergangen ist? Ich furchte, dass sie zu einem Leben zusammengestuckelt wird, das unnutz ist. Der Teufel Belial in "Festianus, Martyrer" behauptet kichernd: "Die Zeit ist ein Irrtum. Und somit alles, was du hier siehst eine Tauschung".100 Gabriele, l7, entrfistet sich 3ber die Zeit in "Die M3dchen aus Viterbo" so: "Dass das Jahr 365 Tage hatte, gehgrt zu dem Unsinn, den ihr mir erzghlt, du und Frau Winter".101 Eine weibliche Stimme sagt im fanften "Traum" im Gesprgch mit der Tochter: "Wo genaue Zeit ist, ist Ordnung. Wo Ordnung ist, gibt es keine Geheimnisse".102 Obwohl es Eich so ausdruckt, teilt er diese Meinung nicht. Far ihn 5123.35 Geheimnisse, viele, und das grosse temporale Geheimnis ist die Natur selbst: "Zeit, das ist die Farbe einer wilden Rose geworden und das Schillern einer Schlangen- haut".103 Oder auch im Gedicht "Geisenhausen": 93Klose, H3rspiel im Unterricht, 103. 99Eich, Stimmen, 127. 100Eich, Stimmen, 301. 101Eich, Viterbo, 8. 102Eich, Traume, 185. 103Eich, Stimmen, 115. 110 So werden Glocken und Vogel mein Raum und meine Zeit. Das Ochsengespann in der Tiefe zieht Holz in die Ewigkeit.10” Die Ewigkeit kennt naturlich weder Jahr noch Tag: Werde der Tage ich inne, wie ich sie alle verlor, raunt die prophetischiogpinne Ewigkeit mir ins 0hr. Wir und die Blgtter ahnen die Ewigkeit im Winde.105 ...Wie nahe bist du Unsterblichkeit, im Fledermausflugel, im Scheinwerfer-Augenpaar, das den Hugel herab sich naht.107 Erst jenseits von Uhr und Kalender beginnt die "eigent- liche" Zeit, dort wo "...die Zeit in TrOpfen rinnt, /ver- sickernd in die Stelle, / wo aller Tag beginnt".108 Das, was wir Tag mit 20 Stunden nennen, ist: Nur das Nichts, das mit unlgsbaren Krallen sich ins Gedachtnis hangt und jeden neuen Tag mit allen alten Tagen vermengt. Besonders gekennzeichnet ist Eichs Auffassung der Zeit in einer Beurteilung des Gedichts "Der Bogenpfeil" von Georg von der Vring. Hier zeigt sich in Eichs Worten der Kern louEich, Gehofte ("Geisenhausen"), 5n. 105Eich, Gehofte ("Die Spinnenkammer"), 57. 106Eich, Gehofte ("Niederschgnhausen"), 11. 107Eich, Botschaften ("Ende August"), 55. 108Eich, Gethte ("Wald vor dem Tage"), 85. 109Eich, Gehgfte ("Gegen vier Uhr nachmittags"), 86. 111 seiner Poetik. Er sagt: Eine Dimension Zeit ist entdeckt, in der Vergangenheit nicht gilt; Zeit die sich nicht stetig in Nichts auf- lost; ... Mich ermutigt die Beobachtung, dass 'Zeit' seit einigen Jahrzehnten ein Generalthema der Dichtung ist, offen und verborgen, ablesbar an ... unverstand- lichen Gedichten - unverstandlich letzten Endes, weil nicht die Zeit der Uhren, sondern der alles enthaltende 'Augenblick' gilt.110 ...ein Autor wie Gunter Eich, der das Horspiel seit mehr als drei Jahrzehnten in seinem Lebenswerk erprobt hat, verbindet realistische Diktion, lyrische Stimmen- spiel, dramatische Groteske und gefankliche Parabel manchmal zu einem einzigen Spiel. Dieses Stimmenspiel, das den Zeitablauf darstellt, ist ein Spiel mit den Wirklichkeiten, in denen die Zeit das Verhgngnis der Wirklichkeit allgemein ist. "Nach meiner Ver- mutung liegt das Unbehagen an der Wirklichkeit, in dem, was man Zeit nennt".112 Eine neue Realitgt macht sich bemerkbar, von der Schwitzke sagt: Die Wirklichkeit wird heute von der Komponente der Zeit her neu gesehen. Zeit gilt uns nicht mehr als ein Kontinuum, realer und stabiler als Materie, sondern wir wissen, dass sie wie eine Eisenschiene bei Frost und Hitze, dehnbar und schrumpfbar ist.113 Da die vielen technischen Errungenschaften und Arbeits- erleichterungen der heutigen Welt mit einer Verminderung des 110Gunter Eich, "Zit. nach Klose, Horspiel im Unterricht, 10%. Vollstandiger Text angeb11ch zu finden in: Die Zeit, Hamburger Wochenzeitung; 25. Dez. 1959. _ 111Klose, Horspiel im Unterricht, 120. 112Eich, Bemerkungen, 31”. ll3Heinz Schwitzke, "Bericht uber eine junge Kunstform" in Sprich, damit ich dich sehe (Hrsg. Heinz Schwitzke), Paul List Verlag, (Munchen; 1961), 26. Ferner hier bezeichnet als: Schwitzke, Bericht. 112 Wirklichkeitsgefahls bezahlt werden, existiert far Eich eine hghere Realitgt, eine Multidimensionalitgt, in der das Wirk- liche unwirklich und das Unwirkliche wirklich ist. Ffir ihn ist also das Rein-Visuelle unserer Wirklichkeit seltsam und in der Tat nicht sehr wirklich. So sagte er in den Bemerkungen: Alle hier vorgebrachten Ansichten setzen voraus, dass wir wissen, was Wirklichkeit ist. Ich muss von mir sa en, dass ich es nicht weiss. ...dieser Saal, dieses grune Tischtuch, dies alles erscheint mir sehr seltsam und wenig wirklich.1l” Kurz danach drfickte er in derselben Ansprache von Vezelay abermals seine Schwierigkeiten mit dem Begriff der Wirklich- keit aus: Ich bin nicht fahig, die Wirklichkeit so, wie sie sich uns prasentiert als Wirklichkeit hinzunehmen. (...) Ich bin bereit mich in diesem Raum einzurichten. Aber ich habe etwa die Schwierigkeiten wie ein taubstummer Blinder.115 Im "Zinngeschrei" Spricht Frau Rubio ahnliche Geffihle aus: "Es ist alles, wie es immer war. Nur bemerke ich, dass es nie so war, wie ich meinte".116 Und Carlos in "Beatrice und Juana" in einer raumlosen Szene: "Ich ffihle mich gesund und bin ganz wach. Umso schwerer fallt es mir, meinen Augen zu trauen".117 Die Wirklichkeitverzerrungen sind nicht das Werk des o N 0 fl . . Autors, sondern d1e der ubertr1ebenen Zustande, d1e uns 1m lluEich, Bemerkungen, 313. 115Eich, Bemerkungen, 313. llBEich, Stimmen, 252. 117Eich, Beatrice (Manuskript), 13. 113 20. Jahrhundert umgeben. Eich will mit dieser Darstellung Erfahrungen schaffen, nicht mitteilen. Sein Ziel ist die hohere Wirklichkeit erzeugt durch Zeichen, Symbol und Traum. Er ist im Grunde ein metaphysischer Schreiber, der Gedicht und Horspiel nur als Attrappe far etwas Tieferes gebraucht. Man lese diese Zeilen, in denen er von der prophetischen Stimme sagt: "Im Schatten der Fensterachsen / webt sie mir nah dem Gesicht / und in der Finsternis wachsen kostbar mir Stimme und Licht".118 Man ist gewiss, dass es einer besonderen Einsicht bedarf, die Wahrheit durch das verschleierte Spinnengewebe zu erkennen. "Als ich das Kfichen- spind Bffnete, / fand ich die Wahrheit /zugedeckt / in den beschrifteten Bachsen".119 Und wieso das? Weil heutzutage "...die Wahrheiten platt und die Plattheiten wahr sind"120 Das Wahre ist nicht mit dem Auge zu erfassen. Ein Blinder sieht oft mehr. "Mach die Augen zu, / was du dann siehst / gehgrt dir".121 Eich behauptet, es sei vor allem andren seine Arbeit, die ihn das wahre Erschauen der Gegenstande vermittelt: "Erst durch das Schreiben erlangen far mich die Dinge Wirk- lichkeit".122 Und hier ist ein Teil dieser Wirklichkeit: 118Eich, Gehgfte ("Die Spinnenkammer"), 57. 119Eich, Botschaften ("Einsicht"), H7. 120Eich, Rede, 35. 121Eich, Ausgewghlte Gedichte ("Die Herkunft der Wahr- heit"), 59. 122Eich, Bemerkungen, 31%. 11H Wirklicher sind nur Tage, in denen niemand war. (...) Nichts bleibt als das Unsichtbare Gedanken decken mich zu. Dich, Ferne, zu beschwgren, ist ohne Sinn. Ich kann dich sehn und horen erst wenn ich ohne dich bin.123 Es erscheint fast wie ein Paradox des H3rspiels, die Wirklichkeit im fluchtigen Gewebe der Stimmen auffangen zu wollen; aber gerade das gelingt dem H3rspielk3nstler Eich ausgezeichnet. Die Wirklichkeit des individuellen Spiels wird nicht vom Wort begleitet, sondern in erster Linie durch Klang geschaffen, mit der Endabsicht die Scheinwelt zu zer- stBren: Die Dynamik in fast allen Horspielen Eichs kommt aus dem Bestreben, das Spinnennetz der verfalschten Gegen- wart zu zerreissen und den unverstellten Moment unter den Scheinwelten hervorzuholen.12” So auch in "Unterm Birnbaum". Man ersieht als Kern- problem die Entwicklung eines Gegenwartsgeschehen aus einer Scheinvergangenheit. Es geht mehr um die Deutung eines verbrecherischen Menschen, als um die Aufdeckung einer mgr- deriBChen Tat. Das Vergangene wird durch vallige Durchwebung eines Wirklichkeitsgehalts zum Gegenwartigen umgeformt. Auf Grund dieser Betrachtungen dfirfte man behaupten, dass Eich ein Meister der Darstellung neuer Wirklichkeits- ebenen ist. Man konnte heute fast alle erfolgreichen Horspiele fur die Simultanitat verschiedener Wirklichkeitsebenen als 123Eich, Gehofte, 78. 12”Walter Hallerer, Nachwort zu: Eich, Ausgewghlte Gedichte, 57. 115 Beispiel anfuhren: - vor allem aber alle H3rspiele Eichs. Eichs Gedicht "Tauben"126 besitzt starksten Wirklichkeitssinn durch seine Sichtbarmachung des Uberwirklichen. Durch die Tiere und die Natur, wie z.B. das plgtzliche Auftauchen des Habichts werden uns die Wirklichkeit und der Tod versinn- bildlicht. T] G Der Tod Die Todesangst f3r.einen denkenden Menschen ist selten nur ein Augenblick lang. Die Besorgnis um die Todesfrage wahrt far ihn weit langer. "Manche meinen, der Tod sei ein Augenblick. Dabei dauert er manchmal ein ganzes Leben lang",127 erklgrt Mohallab in "Geh nicht nach El Kuwehd". Eich dis- kutiert die Frage des Todes hgufig in seinen Werken, wie z.B. auch in seinen Gedichten. In "Weg duroh die Dfinen" sagt er: Ich fahle eine fremde Nghe und eine Last von vieler Zeit, als ob ich sie mit Augensahg8 die tgdliche Unendlichkeit. Oder in "Wie grau es auch regnet": Die treuen Gefghrten, so lange begraben - 125Schwitzke, Form, 826. 125Eich, Botschaften ("Tauben"), 53. 127Eich, Traume, 88. 128Eich, Gehgfte ("Weg durch die Danen"), 93. 116 der herbstliche Regen, wann wird er mich haben?129 Mit besonderer Anspielung auf die mehrfache Gestalt des Todes versucht Eich den Tod zu deuten, zu erklgren und schliesslich zu Hberwinden: "Sieh, was es gibt: Gefgngnis und Folterung, / Blindheit und Lghmung, Tod in vieler Gestalt".130 In "Das Jahr Lazertis" deutet Richards den Tod: "Der Tod, das ist der Augenblick, wo die Welt wie am ersten Tag ist".131 Paulette in "Zinngeschrei“ erklgrt den Tod etwas hauslicher: "Leben und Sterben, - alles der gleiche Topf".132 Es ist oft die Gleichzeitigkeit ges Lebensablaufs mit der Todessekunde, um die es im Horspiel, vor allem wiederum bei Eich , geht.l Im dritten Traum der "Traume" markiert er den Tod als die "Stunde X". In "Unterm Birnbaum" lasst er Ursula Hradscheck lesen: ... und ein Buch ward aufgeschlagen, das Buch des Lebens. Die Toten wurden gerichtet, wie es in den BHchern aufgeschrieben stand, entsprechend ihren Werken.13” Da der Tod far uns alle unausweichbar ist, ist Eichs stete Frage, wie kann der Mensch ihn bestehen? Das wahre Todes- bewusstsein ist Todesbereitschaft: 12QEich, Gehgfte ("Wie grau es auch regnet"), 33. 130Eich, Traume, 1M5. 131Eich, Stimmen, 1H3. 132Eich, Stimmen, 256. l33Schwitzke, Bericht, 27. 13“Eich, Unterm Birnbaum (Manuskript), in dieser Vorlage, SeiteEB. 117 Dich kfissen, oh Staub, nah sein dem Gras, - Verganglichkeit, das ist, was ich glaub.135 Zur gewissen Zeit ersehnt er fast den Tod: "Ich neig mich der wartenden Schar entgegen, / die mich begrgbt und beweint".136 Todesbereitschaft fahrt zur Todesfiberwindung. IAntonia: "Ich glaube, man kann erst beten, wenn man nichts mehr von Gott will".137 Ebenfalls sagt Eich im Gedicht "Betrachtet die FingerSpitzen": "Wer mit dem Entsetzlichen gut Freund ist, kann seinen Besuch in Ruhe erwarten".138 Und zusammen- fassend schlggt Omar uns allen noch diesen Rat vor: Gewghne deine Hande, zu geben Spend um Spende, so gibst du leicht am Ende dein Leben selber auf.139 Damuden Tod zu 3berwinden ist bei weitem angebrachter, als Furcht und Angst zu hegen. H Die Angst Die Angst, die Eich als ein weiteres Grundthema behan- delt, ist eine affentliche Anklage gegen die "Vermassung" 135Eich, Gehofte ("Sinziger Nacht"), H1. 135Eich, Gethte ("Gedichte im Marz oder Oktober"), 82. 137Eich, Stimmen, 219. 138Eich, Botschaften ("Betrachtet die Fingerspitzen"), nu. 139Eich, Tr3ume, 23. 118 des modernen Menschen. Die Wissenschaft und Technik haben ihm die Mittel gegeben, Zukunftstrgume wie auch Angst- trgume zu verwirklichen. Klose sagt in Bezug auf Eichs Angstauffassung: Vom Tode her deutet Eich das Leben als ein Gewebe aus Angst, Ungewissheit Traum und wirrem Rollenspiel im Vergangllchen, Vorlauflgen und Unges1cherten. 0 Je mehr der Mensch seiner selbst Herr wird, desto mehr Furcht und Angst scheint er zu entwickeln, und sobald sich seine Sphgre des Einflusses 3ber die gesamte Menschheit er- weitert, steigert sich auch das menschliche, in Isolierung und Alleinigkeit stehende Grauen in einer Bevglkerungs- explosion. In seinem Gedicht "Angst" sagt Eich: In den leeren Himmel starrend we1ss 1ch 1hn doch voll, regungslos des Grauens harrend, das ich lesen $011.1“l In allen Horspielen sind Gerausche vorhanden, die als Symbole die allgemeine menschliche Angst und Unsicherheit wirkungsvoll bezeugen. Hier ist es das Rollen eines Eisen- bahnwaggons, da die Schreie eines Kindes; hier das Knabbern der Termiten, dort der dumpfe Ton der Urwaldtrommeln. Meist fahrt der Autor von einer unmittelbaren momen- tanen Angst, einem Erschrecken, zur grossen Angst schlechthin, zur "Angst, die das Leben meint".142 Deshalb sind seine lueKlose, Horspiel im Unterricht, 101. 1“1G3nter Eich, "Angst" (Gedicht) in: Hans Ritscher, "Lyrik der Gegenwart auf der Oberstufe" (Benn und Eich) in Der Deutschunterricht. Ernst Klett Verlag, (Stuttgart; 1960), Jg.XII, Heft 3, 2H. Fernerhin bezeichnet als Ritscher, Oberstufe. lu2Eich, Traume, 1M5. «vr‘wi ‘fi! 119 Figuren sehr hgufig mit Furcht, Unsicherheit und der Angst vor der Endlichkeit des Lebens erffillt. In "Geh nicht nach El Kuwehd" fragt Mohallab: "Kennst du das, wenn die Erde nicht mehr sicher ist, auf der du stehst?"1”3 Eich selbst gibt sich diesen Ratschlag: "Ich rate mir selbst, mich vor den Tauben zu furchten. / Du bist nicht ihr Herr, sage ..aluu ich, wenn du Futter streust, / Im Horspiel "Die M3dchen aus Viterbo" sagt die in den Katakomben von der Angst ergriffene Luzia: "Mich angstigen meine Gedanken".l”5 Auch Gabriele konstatiert: "Kein freundlicher Wald, keine freundlichen Baume, ein Kinderwald voll Angst, und Rguber im Gestrguch".l”’6 In "Geh nicht nach El Kuwehd" sagt die lebenserfahrene Magd fiber die Menschen: "Wenn es nicht Wollust ist, ist es die Angst".l”7 So erzghlt Manuela in "Das Jahr Lazertis" in der Beschreibung ihrer Bleibe: "Das alles war so weit entfernt, dass ich oft Angst bekam, man wurde uns vergessen in unserm grossen kfihlen weissen Haus".l”8 Mohallab, als er das Hammern in der Schmiede hart, zu Welid: "Gleich wird etwas geschehen, wovor ich 1u3Eich, Traume, 19. ll”Eich, Botschaften, 53. lusEich, Stimmen, 187. lusEich, Stimmen, u2. 1”7Bich, Traume, 17. lusEich, Stimmen, 123. 120 Angst habe, Welid".1‘*g An anderer Stelle in "Geh nicht nach E1 Kuwehd" mgchte Mohallab in die bekannte Vergangen- heit zurflck, denn er hat Angst vor der Zukunft. Er sagt zu Saad, dem Farst der Parsen: "Ich furchte nicht Euch, Herr, sondern die Zukunft".150 Omar teilt das Angstgeffihl, indem er sagt: "Nicht wahr, ein ehrlicher Rguber ist beruhigender als eine ungewisse Zukunft".151 Am schlimmsten aber hat es Frau Rubio in "Zinngeschrei": "Aus Angst bestehe ich noch. Angst fortzugehen, Angst anzukommen. Angst vor Paris, Angst vor London".152 Im dritten "Traum" sagt der Vater zur Mutter bezflglich seiner Mitmenschen - und es passt auch hier sehr gut: "Sie haben alle Angst. Man darf es ihnen nicht 3belnehmen".153 Diese etwas trgstlichen Worte zeigen Eichs Versuch, die Angst zu aberwinden. Er spricht es auch in Rositas Worten in "Die Brandung vor Setubal" aus: "...ich habe keine Angst mehr vor der Pest, seitdem ich weiss, dass es sie gibt".15u Rgdel hebt Eichs ungewghnliche Begabung hervor, psycho- logische Faktoren aller Art hier die der Angst auszu- beuten: lugEich, Traume, ll. 150Eich, Traume, 36. 151Eich, Traume, 22. 152Eich, Stimmen, 255. 153Eich, Traume, 17o. 15”'Eich, Stimmen, 370. 121 Das von der Furcht getriebene"Sich-frei-sprechen- Wollen der Agnes verrat im Stuck am deutlichsten die betrachtliche Begabung Eichs.155 Die Furcht und das wachsende Grauen sind nur schwer zu fiberwinden. Wenn der Lgrm des Tages verstummt, wenn in den Abendstunden ein Horspiel am Radio erklingt, dann hangt der Schauder sich mit "unlgsbaren Krallen ins Ge- dgchtnis", und es kommen die Zweifel. Wie, wenn es noch weiter dauert, da die Stille wachst, mich mit Krghenflug umlauert und mit Flugelschrift behext?156 Die fiberwindung der Angst gelingt nicht vollkommen. Eich verbleibt in_tenebris, im Zweifel eines Gelehrten. J Der Zweifel Der mgssige Zweifel als Teil der Suche nach dem Sinn des Lebens, ergffnet alles Wirkliche zu Fragen fiber die Unendlichkeit. Eich ist der ewig Suchende, der ewig Fragende. Er behauptet das selbst: "Ich optiere far die Frage, ffir die Kritik, fur den kritischen Dichter Georg Bachner, fur einen Typus von Schriftsteller, der Fragen t".157 und in Frage stell Und wieder in der Rede: "Unsere O O " O O Slnne 51nd fragwurd1g; und 1ch muss annehmen, dass auch 155R3del, Zwei H3rspiele (I), 766. 156Gt'inter Eich, "Angst" (Gedicht) in Ritscher, Ober- stufe, 24. 157Eich, Rede, no. 122 158 das Gehirn fragwfirdig ist". An einer anderen Stelle in der Reds meint er: "Wir m3chten gern das Fenster 3ffnen oder wenigstens fragen".159 Der Zweifel und die-Fragwfirdigkeit unsrer Existenz sind Sinn und Tendenz der Eichschen Werke. Es gibt endlose Fragen. Die Frage nach dem Sinn des Lebens wird mit der Darstellung der alten Leute in "Meine sieben jungen Freunde"160 hervorragend charakterisiert. Der erste "Traum" endet mit der Frage 3ber die menschliche Hilflosigkeit, der dritte mit der Frage 3ber das Wohin. Im vierten fragen sich Peter und Michael: "Was tun wir eigentlich hier? ... Wohin wollen wir eigentlich? Und wozu sind wir hier?"161 In den H3rspielen "Sabeth" und "Jussuf" werden die fragwfirdigen Figuren sich nicht 3ber ihre existenzielle Frage klar, und finden keine Antwort, wer sie sind. Dazu sagt Eich: "Figuren k3nnen Fragen stellen oder Fragen darstellen".162 '"Das Jahr Lazertis", von Anfang bis Ende, ist die Suche und unbeantwortete Frage nach einem verloren- gegangenen Wort, das allein die Rettung des Menschen 158Eich, Bemerkungen, 313. 159Bich, Rede, H2. 160Gunter Eich, "Meine sieben jungen Freunde" (H3r- spiel; fruhere Fassung: "Die Gaste des Herrn Birowski") in Neue deutsche Hefte 76, Sigbert Mohn Verlag, (Gutersloh;1960), 7097733. 16lEich, Tr3ume, 174. 152Eich, Rede, 39. 123 bedeutet. Fur Eich ist es gusserst bedauerlich, dass man nicht mehr induktiv denkt - es gibt heute mehr Antworten als Fragen. So beteuert er als Schriftsteller: "...es gibt keine Fragen mehr... Nichts steht in Frage, es ist alles beantwortet, von der Schwangerschaft bis zur Hinrichtung. Es gibt nur noch Antworten".163 Und am selben Abend meinte er in seiner Darmstgdter Rede: "Wir starren gebannt auf die Inhalte, die man uns prasentiert, und fragen nicht "16“ Se befassen sich auch die folgenden vier Stimmen mehr. verschiedener H3r5piele mit diesem Thema: Valera in "Zinn- geschrei": "Lauter Fragen ... Zuviel Konjunktiv".165 In "Festianus, Martyrer" aussert sich Belial in der Halle: "Wir haben kein Interesse daran, uns in Frage stellen zu lassen ... Darin stimmen wir auch mit der Theologie uber- ein".166 Catarina, in "Die M3dchen aus Viterbo", fiber die Kurzsichtigkeit des Menschen: "In welcher Blindheit lebt man! Einfach weil man nie fragt".167 Und schliesslich Paul zu Laparte in "Das Jahr Lazertis": "Far jede Frage eine Antwort. Aber nicht mehr".168 16331311, 5313, u2. leugich, REES, us. 165Eich, Stimmen, 263. ‘155Eich, Stimmen, 298. 157Eich, Stimmen, 337. 168Eich, Stimmen, 138. 12” Das Leben gibt keine Aussage. Die metaphysische Frage bleibt. "Antwort auf keine Frage, / Satz fremd und ungewiss".169 Oder: "Antworten sind billig ... Aber stell mir eine gute Frage, - daffir gabe ich was".170 Oder nochmals: "Man kann fiberhaupt vieles fragen".171 Eichs Herz spricht in "Benedetto": "Und mgglicherweise ergeben sich aus jeder Frage wieder einige Unterfragen. Das macht das Leben kostbar".172 Wie wohl schgtzt Eich die kritische Frage, wie sehr misstraut er der fertigen Antwort! Mein Misstrauen ist gross, und ich vermute, das die Wissenschaft eines Tages" wie es heisst realistisch denkt und zu den Tatbestanden auch das rechnet was sein soll: Was wir zu denken haben, zu glauben, zu hassen und zu lieben.173 Das Misstrauen ist der Verdacht. Mit der Frage kommt der Verdacht. So spricht Festianus aus: "...ich habe den Verdacht, dass es keine Lgsungen gibt".l7u Manchmal ist er positiv ausgedrackt: Emilio sagt in Diskussion 3ber die schwarze Parbe zu Anselmo in "Blick auf Venedig": "Es gibt Schattierungen, die keinen Zweifel mehr lassen. Der Regenbogen, die sieben Farben machen alles schwierig, da 169Eich, Gehgfte ("Photographie"), 79. 170Eich, Unter Wasser, 6h. 171Eich, Stimmen, 132. l”Eich, Venedig, 1159. 173Eich, Rede, ”60 171‘Bich, Stimmen, 31H. 125 175 Manchmal beginnt der Verdacht, es kgnnte sich lohnen". ist er negativ ausgedrgckt. Gabriele: "Ich habe den Verdacht, dass schon die Pfennige falsch sind, von den Talern ganz zu schweigen".176 Auch in "Unterm Birnbaum" meint Kunicke: "Bewiesen ist am Ende nichts... Schliess- lich ist alles bloss Verdacht".177 175Eich, Venedig, 1177. l75£ich, Stimmen, 17s. 177Bich, Unterm Birnbaum (Manuskript), in dieser Vorlage, Seite 85. Z U S A M M E N F A S S U N G R3ckblickend fiber diese Arbeit sei das Folgende zusammenfassend wiederholt. Die neuste Literaturgattung, das dichterische Harspiel, entstand in den Nachkriegsjahren des zweiten Weltkriegs. Das Interesse der threrschaft, die teilweise Beschgftigung damit im Deutschunterricht und das Brscheinen von gedruckten H3rspielsamme1b3nden, fgrderten dieses neue Medium derartig, dass es sich bereits heute literarischer Betrachtungen unterziehen muss. Die dramatisch dichterische Rundfunksendung eines solchen Stimmenspiels muss, wenn es effektiv sein soll ein Wortkunstwerk darstellen. Es ist ein modernes "Bilderbuch" mit akustischer Zeichensprache, die einen natflrlichen Klangkgrper hat und sich stark der VolkSSprache anpasst. Die Einfachheit kuppelt sich mit kosmischen Aspekten. In der Verfremdung der gewohnten Welt findet das ngspiel weder festen Punkt noch Einheit. Alle Linien laufen in ein Geheimnis hinein. Gfinter Eich, der fahrende H3rspieldichter und Meister dieses Genres, sprengt die alten Grenzen in einer Gedanken- falle des Wesentlichen, wo das Ich und seine Umwelt im standigen Tausch stehen. 126 127 Seine Hauptthemen sind: Die Vermittlung bisher noch nicht verstandener Sprachen, die traumhaften Botschaften des Jenseitsweltlichen, das Misstrauen 3ber die Macht, die Problematik des menschlichen Glficks, das Generalthema Zeit und Wirklichkeit, die fiberwindung des Todes, die Angst und das ewige Suchen des Menschen, sowie die Kritik der In-Frage- Stellung. Die Grundmotive sind die Lebenswahrheit, das Wachsam- bleiben und die Verantwortlichkeit des Binzelnen far jedes irdische Unrecht, das geschieht. Die gesamte Menschheit ruft er an mit den Worten: Tut das Unnatze, singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet! Seid unbequem, seid Sand, nicht das 61 im Getriebe der We1t2178 Eich ist nicht ein krankhafter Mensch. Er ist viel- leicht ein "krankhaftes" Genie. Seine Krankhaftigkeit ist die Krankhaftigkeit unsrer Zeit: die Vermassung des Gedan- kens in einem vollen, reichen, leeren Leben. Als Dichter schliesst er sich persgnlich denen an, ...die sich nicht einordnen lassen, die Einzelggnger, die Aussenseiter, die Ketzer in Politik und Religion, die Unzufriedenen, die Unweisen, die Kampfer auf veg- lorenem Posten, die Narren, die .Untughtigen, die gluck- losen Traumer, die Schwarmer, die Stgrenfiede, alle die das Blend der Welt nicht vergessen konnen, wenn sie glucklich sind.179 l78Eich, Traume, 199. 179Eich, Rede, u7. 128 Die Unbequemlichkeit oder der ewige Zweifel lasst manche seiner Aufzeichnungen mit einem symbolhaften Fragezeichen enden, wie im ersten "Traum", im dritten, im "Jahr Lazer- tis", im Tiger "Jussuf" und im "Sabeth". Mit diesem Zweifel endete auch das H3rspie1 "Unterm Birnbaum". Kunicke drfickte sein Misstrauen hinsichtlich der Grabstelle Hradschecks folgendermassen aus: "Man weiss nicht, wie es mit den Unter- schieden mal wird. Ob wir mit unsern Levkojen und Astern viel besser dran sind als er mit den Nesseln".180 Und so ware es vielleicht auch hier gut angebracht, wenn diese Arbeit fiber Ganter Eich und sein Horspiel in Ungewissheit ausklingen konnte, denn Eich zweifelt nicht nur an der Welt, sondern auch an seiner eigenen, schriftstelle- rischen Arbeit. So meint er abschliessend: Ja, die Kglte kriecht mir ins Herz, der eisige Zweifel, ob es das Gottliche war, wofur ich schrieb. 180Eich, Unterm Birnbaum (Manuskript), diese Vorlage, Seite 85. lBlEich, Radium (Manuskript), 32. ANHANG 129 3eorg Kurt Schauer Verlagsbuchhandlung Frankfurt/Main, Germany San:- gaanrta Bax-ran In atlas varavaitaltar Laga vuda 10h nich anon an 81a Ind Ill-a Ihn- aahr dankbar. khntan 81a n1:- Anita Ratachllga (bar an pant W art Ian. U11- haban bara1ta varachladana Uarka diaaaa Schrittatallara and aaina flaupsblnda "l‘rluna' and 'Stinnan'. U11- 1ntaraaa1aran nna abet anon m:- dla roundan Harka von 1hn: ;“/;\ ”VJ” it"s. r5 1' ' ‘lthlrinn (1934) 11.41» at 1,. 1mg, v M'V‘T‘f’” ”£111.. 1-. Harrptalan Dar nacnar nnd aatna Fran (1956? Uttwg gum“ H‘ln . .. ,; Dan Rar1tltankab1natt (1936?) tic-fwd“- tr‘ia... ...1 1.; PW» n1. Vanuatu. (1956) '2: ’gflfidwmuéj zimw'én Dar Tod an dan Hlndan 0?”) m” ~11. u: Obarth- (1951 1 c - Dar latata Tag van Liaaabon 21956; mums-“h“ ‘ “ it. . x' 1‘ -. -" ’Dia Shanda daa Hutlatticha 1958 M7 ' ' “ ._ danit 1ch d1“ aaha Vim: (1960; Lint-moha- Ed. 16‘) “‘“V‘” "‘ " Dia _Gdata daa 8am Btrovaki (1953 0901' “'01') Qa\... up» . h 'fiJa p)\ .1 1 '- “4‘ \ ‘32,“..‘5‘2 ‘3"réfk‘L'” "U c. Irish—4 Jz. .. 1. 1...... UL: aux-don nna baht tranan khntan 81a una an; /.... “.11., 'W 91”“ 'c .L '11. ganana “amt: caban, '0 than Vat-ta crnutuah and oda'.z~,1K-.L KMJ...., mt aain khntan, I at ma Hernnagabar and Verlagar (Jahrgang)..1a,§.i.4‘ JA-L' an“ aalbat Iann va titan. Hit baatan Dank {It Ihra Ba-ihunsan. /I« H H MANL he I’m :‘m fatal'mg - b ff) Lkbl' 0‘ ’ pLh.zI."Jl> F 9“ roar-it"s, 57/7/Lc' 5“; Ad..- v'nrfwaM4a/J‘ spun—$4.“?- I644 kttlta ‘Qd 'C (W? lug... . I .s‘ . '3‘. . Ll. “.IL} I‘-'ld‘ Y 21. Januar. 1963 Senlss beigelegter Photokopie, sind die handschriftlichen handbenerkungen auf den von mir an die Schauer Verlags— buchhandlung, Frankfurt/Main, adressierten Brief \4. Januar, 1965) von Ihnen? ‘7CL H6nnten,die mir bitte weitere Angaben fiber folgende Schritten machen ? ( Jahr, V-rleger, Herausgeber, Sypus adrepiel, Komddie, etc.) .edicnte,1u5(‘r (ulna. NMHMM/ m. dun ’°‘ Ad“? .49 £1dcksritter, 19?}, Iustspiel, Kidd s'dh"’l“c"“”"""( Jas festlicbe Jahr, 1956, E kszenenyqitino‘h-‘M«V‘Lt, ' 1ustiges Lunpenpack lukfizg: tJ.QJn.J.V J.£u r-L Fuhrten in der Prflrie'. '.qrfl\ .Angh‘Hfl'“~ nadiUl .u - ‘ Koé-uu‘vf/Lu art"! Ck‘;fl;u~uvaLI/“(" 1A0 Verweile a' d hwn‘k‘ "’ , "- "fl“"U Unterm birggalelgef‘a‘l .411fl,vl-"" , _ r....lo..l'u.‘Pf-L ,adta§ul\L‘/1.Ma$’ Be’ILPice Ulld Juana LC‘I‘ fit, I .,,'.. PL; ftflba I‘L’n. A\'.’l Die uekaufte ErflfungI-RLI'(("'~.A4.’dv“w " ““AL Der Foucetbfinstler «#07 '“"“" “""$“'5'4*"“'V‘. - , " 3,1,1. “.1an deS Elalifen .943,‘“’? ..I ‘f._.(-\ .,.:v' F... a“ w-n. t ‘fiin. «LAM/w Blick aut‘ Venedigfiu ,,......:: .""“"’"",“‘llIW,/.06q Werten auf ;odot (T? «(~5. «3 - '«WNJRvM-‘on RAomIL¢ “SJ -l I’, F. ‘ “I. "(AI-l Alta! I. '.' ‘ lo. lxlta .. . n ,- . A» t ‘Jer rischer uni se1ne rrau ~.5r5plel?7 ,“£.‘ Has haritétenkabinett (Hdrspie1\qug«rl.l gHCA‘{,CCx(}u‘,.r.,/c,q& . .\ . "(.t .h- .,'(/L{‘l~£n.. afirden kie mbglicherueise die hrlaubnis erteilen und dle iflte heben, die ungedruckten Werke von Ihnen auf meine hosten fflr mich auf §$§£g£ilg zu setzen. Und worauf wdrde sich vivlleicht so etwas an R sten heluufeni , 1...“--- N: w . 4.. 1 ...-«Mi, adrden die mir eventuell Ihr binverstAndnis geben, spéter euf Jrund meiner Analyse dber einige Sedankengénue Ihre ) Reaktionen zu gehen? /,{...“"f“~- fl} ... :14 04H "--/ l 0 ~ / . y k. “,4 . l\~‘. ' \K-‘ /‘}.“ “ ‘ a ‘ ,‘b\"‘“ 3 3 . n ‘ r M '. ’L“s~¢ “u- o a . o, ’Af #1:)”. "\ 3". 'le?15 {- htt" ,l“\ ~\t\' &( 7,1112 .'-q(r.~u‘.r ’ r V P! 9 ‘ 131. 91,; 63 AWM47L4/ZDAI/ ‘ ”1464» [wow [2‘ fi/QM‘M’l—Qfl‘de/m ’1 P O /mmmL£/A_~Aafl 11%.E,W:\S”Wfi . I - ‘1' /W 4.“.4‘.” a, [7 L iv Kn! L I T E R A T U R V E R Z B I C H N I S Die beste Fachbibliothek zum Thema ngspiel befindet sich beim Hans Bredow Institut fur Rundfunk und Fernsehen an der Universitat Hamburg, 2000 Hamburg 13 Heimhuderstrasse 21 (Tel. an 71 78 /79) Anfragen sind an Dipl.—Bibliothekarin Marliess Hesse zu richten. Dieses Institut gibt fernerhin die Vierteljahres- zeitschrift "Rundfunk und Fernsehen" heraus, die manches uber das Horspiel zu berichten hat. Die Reihe "Horspielbuch, Band I bis XIV (1950- 6%) wird in der Europaischen Verlagsanstalt zu Stuttgart verlegt. Einen allgemeinen fiberblick verschafft dem H3rspielsachbe- arbeiter angeblich Film/Rundfunk/Fernsehen (Hrsg. Lotte H. Eisner und Heinz Friedrich) in Pischer-Lexikon, (Prankfurt/ Main; 1958), Band 9. Zahlreiche Hinweise in"Zeitschriften wie: "Rundfunk und Fernsehen", "Rufer und Horer". Vollstgndige Bibli graphie aller deutschsprachigen Hor- spielausgaben und Ebersetzungen von den Anfangen" bis Mitte 1961 durch Jutta Leskien, Dreizehn europaische Horspiele, Carl Hanser Verlag, (Munchen; ‘1961). 139 135 A Primgre Quellen Eich, Gunter. Abgelegene Gehgfte. Frankfurt/Main; 19u8. (73 Gedichte) Ausgewghlte Gedichte, (Auswahl und Nachwort von Walter Hollerer). Frankfurt/Main; 1961. (SH Gedichte) Beatrice und Juana, (Unvergffentlichtes H3rspiel; nach Merimee; 195M). Manuskript im Besitz des Referenten. "Blick auf Venedig" (Horspiel. Hrsg. Joachim Moras und Hans Paeschke) in Merkur 15H. (Stuttgart; 1960), XIV, Heft 12, 1147—1179. Botschaften des Regens. Frankfurt/Main; 1961. (H8 Gedichte) "Darmstadter Rede bei der Entgegennahme des Georg Buchner Preises", (Hrsg. Walter Hallerer und Hans Bender), in Akzente. (M3nchen;_1960), Jg.VII, 35—u7. "Die Herkunft der Wahrheit", (Hrsg. Walter Hgllerer und Hans Bender), in Akzente. (Mfinchen; 1957), Jg.IV, nos. Eich, Gfinter. 136 "Die Stunde des Huflattichs", (Horspiel) in Beitrgge zur deutschen Jahresring 59/60 Literatur und Kunst der Gegenwart. (Stutt- gart; 1959), 233-268. "Eigentlich Griechenmflller", (Gedicht) in Akzente. (Munchen; 1963), Jg.X, 271. "Einige Bemerkungen zum Thema 'Literatur und Wirklichkeit'" in Akzente. (Mfinchen; 1956), Jg.III, 313—315. (Pseudonym: Erich Gunterz) "Gedichte", (hrsg. Willi R. Fehse und Klaus Mann) in Anthologie jungster Byrik. (Hamburg, 1927), 30-37. (10 Gedichte; im Besitz des Referenten) "Gedichte", (Hrsg. Martin Raschke) in Neue lyrische Anthologie, (Dresden; 1932), 21-26. (6 Gedichte; im Besitz des Referenten) Gedichte von Gunter Eich. (Dresden; 1930), 7-23. (15 Gedichte; im Besitz des Referenten) I O O Q " O "heine Sleben jungen Freunde", (Horsp1e1; N a " fruhere Fassuno: "D1e Gaste des Herrn C3 Birowski") in Neue deutsche Hefte Z§_(Hrsg. Joachim Gunther und Rudolf Hatung). (Guters— loh; 1960), 709-733. Eich, Gunter. Eich, Gunter. 137 "Novemberstrand" (Gedicht) in Die neue Rund- schau (Hrsg. Gottfried B. Fischer). (Frank- furt, 1950), Jg.LXI, Heft 3, 926. Omar und Omar. (Unvergffentlichtes Horspiel; fruhere Fassung: "Der Ring des Kalifen"; 1958) Manuskript im Besitz des Referenten. Radium (Horspiel nach Motiven des Romans von Rudolf Brunngraber; unvergffentlicht). Manuskript im Besitz des Referenten. Stimmen (Sieben Horspiele). (Frankfurt/Main; 1958); 347 Seiten. Traume (Vier Horspiele). (Berlin und Frank- furt/Main; 1960); 190 Seiten. Unterm Birnbaum (Unvergffentlichtes Horspiel nach der Erzghlung von Theodor Fontane). Manuskript im Besitz des Referenten. "Unter Wasser" (Marionettenspiel) in Akzente. (Munchen; 1960), Jg.X, Heft 1, 50-81. Weniger bekannte Werke Eichs Das festliohe Jahr (Punkszenen; mit Martin Raschke). Verlag Stallung, (Oldenburg; 1936). wJ L Eich, Gunter. 138 Das Perlenhalsband (H3rspiel; nach Maupas- sant), nicht gedruckt (?) Das Raritgtenkabinett (Zwischentexte far einige Schallplatten). 1936 (?) Nicht gedruckt, Manuskripte nicht mehr vorhanden. .1 .51 Der Fischer und seine Frau (Kinderhgrspiel; nach dem Grimmschen Marchen). 1936 (?) I, u Nicht gedruckt, Manuskripte nicht mehr E1 vorhanden. Der letzte Tag von Lissabon (Horspiel); 1956. Nicht gedruckt; nicht erhaltlich. Nicht gedruckt; nicht erhaltlich. Der Toupetkunstler (Horspiel; nach Lesskow); 195”. Nicht gedruckt, nicht mehr im Besitz des Verfassers. Die gekaufte Prfifun (Horspiel) ______Ji Nicht gedruckt, nicht mehr im Besitz des Autors. Die Glucksritter (Lustspiel; 1933) Nicht gedruckt; nicht mehr im Besitz des Urhebers. Eich, Gunter. 139 Die Weizenkantate (Horspiel; 1936) Nicht gedruckt; nicht mehr vorhanden. Ein Traum am Edsin-gol (Horspiel; 1932) Nicht gedruckt. Fahrten in der Prgrie (Horspiel) Nicht gedruckt; nicht mehr im Besitz des Verfassers. "Fis mit Obertgnen" (Horspiel; ernsthafte Komgdie) in H3rspielbuch £1, (Hrsg. Sad- deutscher Rundfunk), Europgische Verlags- anstalt, (Hamburg, 1951). Katharina (Novelle) Paul List Verlag, (Leipzig; 1939; jetzt Manchen). Das Buch ist vergriffen. Lustiges Lumpenpack (H3rspiel) Nicht gedruckt, nicht mehr im Besitz des Autors. Reparaturwerkstatt Muck (Horspiel; 1951) Keine weiteren Angaben mir mgglich. Untergrundbahn (Gedichtband) Heinrich Ellermann Verlag, (Hamburg; 1999). Vergriffen. ‘l , j Eich, Gunter. 190 Verweile Wanderer (H3r5piel) Nicht gedruckt, nicht mehr im Besitz des Verfassers. Weizen (H3rspiel; nach Frank Norries), 1950. Keine weiteren Angaben mir mgglich. "Zflge im Nebel" (Kurzgeschichte) in Moderne Erzghler. Manchen (?) -"I 1 ga' I'JXOI’A- __-- - B Sekundgre Quellen Aichinger, Ilse. (33‘31.) "Knopfe" in H3rspiele. Grank- furt/M. u. Hamburg; 1961.) Baumgart, Reinhart. "Geisterreich der Stimmen" in Neue deutsche Hefte (Beitrgge zur europgischen Gegen- wart). (Gutersloh; 1959), Heft 57, 70-71. Becher, Johannes R. Verteidigung der Poesie. 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